Französischer Senat streicht DRM-Interoperabilitätsklausel zusammen

Mit 173 gegen 61 Stimmen haben die Senatoren einer Passage im Entwurf für die französische Urheberrechtsreform Zügel angelegt, die das legale Knacken von Kopierschutz vergleichsweise einfach gemacht hätte.

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Mit 173 gegen 61 Stimmen hat der französische Senat einer Passage im Entwurf für die heftig umkämpfte Urheberrechtsreform Zügel angelegt, die das legale Knacken von Kopierschutz vergleichsweise einfach gemacht hätte. Die Entscheidung fiel am späten Dienstagabend nach einer turbulenten Debatte. Die überwiegende Mehrheit der Senatoren folgte einem Änderungsantrag des rechtskonservativen Berichterstatters Michel Thiollière, welcher die vom Parlament beschlossene weit gehende Interoperabilitätsklausel im Interesse der Industrie zurechtstutzt. Für die Korrektur hatten insbesondere Vertreter der konservativen Regierungspartei UMP gestimmt, letztlich aber auch die oppositionellen Sozialisten.

Nach dem Willen der Abgeordneten der Nationalversammlung sollten die Hersteller von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) im Bedarfsfall alle technischen Informationen herausgeben müssen, die für das nahtlose Zusammenspiel verschiedener Systeme und Abspielgeräte erforderlich sind. Die Parlamentarier sahen vor, dass Gerichte entsprechende Anordnungen erteilen. Gemäß dem angenommenen Änderungsantrag müssten sich Interessierte nun an eine neu einzurichtende, mit Vertretern zahlreicher Interessensgruppen besetzte Regulierungsbehörde wenden.

Zudem ist in der übrig gebliebenen Klausel nur noch von der Herausgabe technischer Dokumentationen und Programmierschnittstellen die Rede, die erforderlich sind, um eine "geschützte Kopie" eines urheberrechtlich geschützten Werkes zu erhalten. Zuvor ging es um eine "Kopie in einem offenen Standard". Allerdings müssten sich DRM-Anwender zunächst bei der französischen Datenschutzbehörde CNIL (Commission Nationale de l'Informatique et des Libertés) eine Genehmigung für den Einsatz der Kopierblockaden besorgen. Diese soll unter anderem darauf achten, dass durch die technischen Schutzmaßnahmen nicht der Zugang zu eigentlich frei verfügbaren Werken behindert wird. Thiollière hatte zuvor erklärt, dass die Interoperabilität nicht "auf Kosten" des Urheberrechts erreicht werden dürfe.

Die Reaktionen auf die Zusammenstreichung der Passage, die in ihrem ursprünglichen Zustand von Apple als "staatlich geförderte Piraterie" kritisiert worden war, fallen erwartungsgemäß sehr unterschiedlich aus. Der französische Kultusminister Renaud Donnedieu de Vabres, der zunächst die Klausel ohne Abstriche vehement verteidigt hatte, äußerte sich trotzdem zufrieden über "die bemerkenswerte Arbeit" der Senatoren. Damit würden die von den Abgeordneten angenommenen Bestimmungen "klarer gestaltet". Der sozialistische Senator Michel Charasse, freute sich zugleich, dass "die Lesbarkeit eines abscheulich schlecht geschriebenen Textes verbessert" worden sei. Er bedauerte aber, dass der Interoperabilitätsartikel nicht gänzlich abgeschafft wurde. Auch die verbliebene Bestimmung würde Frankreich gemäß dem Willen der "fundamentalistischen" Verfechter freier Software "vom Weltmarkt der Informationstechnologien isolieren".

Der kommunistische Senator Jack Ralite beklagte dagegen, dass die großen bürgerlichen Parteien den Entwurf "auf den Kopf gestellt haben". DRM diene allein der Monopolbildung im Kultursektor. Senatoren der bürgerlich-liberalen UDF fürchten die Gefahr einer "Verallgemeinerung" technischer Schutzmaßnahmen. Ihrer Ansicht nach ist ein starker und gerichtlich durchzusetzender Interoperabiltätsanspruch die unersetzliche "Gegenleistung" für die rechtliche Sanktionierung von DRM. Auch die Grünen hatten gegen den Änderungsantrag gestimmt, da sie die Aushebelung des "Rechts" auf Privatkopien kommen sehen. Verbraucherschutzorganisationen protestierten ferner gegen die "Denaturierung" der Vorarbeiten des Parlaments.

Unklar ist noch, ob es bei der Urheberrechtsnovelle zu einem Vermittlungsverfahren zwischen dem Senat und der Nationalversammlung kommt. Der Kultusminister hatte dies kürzlich trotz der eigentlich angesetzten Dringlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens in Erwägung gezogen. Eine endgültige Entscheidung steht aber noch aus. Bis zum Freitag sollen die Verhandlungen über den Parlamentsentwurf im Senat erst noch andauern.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)