Mehr Vielfalt gegen die Flaute - Musikriesen lockern die CD-Preise

Das digitale Zeitalter mit Internet-Downloads und portablen Playern werde den Umsatz- und Margenmix der Tonträgerindustrie nachhaltig verändern, meint der Deutschland-Chef bei Sony BMG.

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Von
  • Sascha Meyer
  • dpa

Silbern schimmernde Unterseiten haben sie fast alle -- doch bei CDs in den Regalen der deutschen Plattenläden beginnt gerade die Zeit einer neuen Vielfalt. Die Großen der Musikindustrie lockern die Preise für besondere Formate und wollen damit den Absatz nach langer Flaute ankurbeln -- mit Billigversionen für 9,99 Euro und auch doppelt so teuren Luxusausgaben. Branchenriese Universal startet an diesem Montag ein Konzept mit günstigeren "Entdeckerpreisen" zu 12,99 Euro. Rivale Sony BMG kontert eine Woche später mit seiner ersten "DualDisc" in Deutschland, einer Kombination aus CD und DVD für bis zu 19 Euro.

Von Billigangeboten auf breiter Front wollen die Musikkonzerne trotz aller Einbußen in den vergangenen Jahren nichts wissen. "Wir arbeiten bewusst nicht mit pauschalen Preissenkungen", sagt Frank Briegmann, Deutschland-Chef von Universal Music in Berlin. Die Strategie lautet vielmehr: eine stärker differenzierte Palette für unterschiedliche Wünsche der Kunden -- vom Liebhaber, der schon einmal mehr Geld für ein besonders dickes Beiheft und andere Extras ausgibt, bis zum Sparsamen, der CDs sonst auch am Computer kopieren würde.

Stärker ins Visier nimmt Universal mit zwei neuen Formaten vor allem Käufer, die weniger ausgeben wollen als 15 Euro, die im Schnitt für Neuveröffentlichungen zu zahlen sind. Zum "Entdeckerpreis" von 12,99 kommen künftig CDs ausgewählter Newcomer in die Geschäfte. Den Anfang machen jetzt die Britpop-Band "Kaiser Chiefs" und das US-Trio "Flipsyde". Geplant ist daneben ein neues Billigformat für 9,99 Euro: Ähnlich wie bei Taschenbüchern sollen erfolgreiche Titel einige Zeit nach dem Erscheinen in schlichterer Version zu haben sein. Damit die Käufer die neuen Modelle auch erkennen, sind Aufkleber vorbereitet.

Aufmerksam verfolgen dürfte das Echo nicht zuletzt Konkurrent Sony BMG, der bereits im vergangenen Jahr Bewegung ins Preisgefüge brachte. Ein mit fünf heimischen Künstlern getestetes Drei-Klassen-Modell beflügelte den Absatz der CDs um über 30 Prozent, bilanzierten die Manager in München. Das Konzept mit dem Motto "Jetzt wählst Du selbst, wie viel Du willst" soll daher auf internationale Stars wie Anastacia erweitert werden. Im Regal liegen dabei nebeneinander eine Billig-CD ohne Cover für 9,99 Euro, eine Normal-Version zu 12,99 Euro und eine Premium-Ausgabe mit Extras für 16,99 Euro.

Überhaupt betonen die Macher gern, dass es ein beträchtliches Kundenpotenzial für höherwertige Musikprodukte gebe -- dem Boom beim Herunterladen von Liedern aus dem Internet zum Trotz. "Das digitale Zeitalter wird den Umsatz- und Margenmix der Tonträgerindustrie nachhaltig verändern", erwartet Maarten Steinkamp, Deutschland-Chef bei Sony BMG. Am oberen Ende der Preisskala schickt er am 29. August mit Künstlern von Laith Al Deen bis Bruce Springsteen das neue Format "DualDisc" an den Start. Es bietet auf der einen CD-Seite das normale Audioalbum, auf der anderen eine DVD in besonderem Sound plus Videos oder Fotos. Abspielbar soll die Neuerung auf fast allen Geräten sein.

Ob die größere Auswahl von "günstig" bis "luxuriös" einschlägt, muss sich erst erweisen. Denn gewisse Abstufungen bei CDs gibt es schon bisher. Besondere Versionen, die einen Mehrwert bieten, sehen auch kleinere Plattenfirmen gern. Billigprodukte drohten aber den Wert von Musik in den Köpfen vieler Kunden zu schmälern, warnt der Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen. Einen Impuls kann die Branche in jedem Fall gut gebrauchen. Der Gesamtabsatz ging im ersten Halbjahr nochmals um 9,9 Prozent auf 68,7 Millionen Stück zurück. Besonders Singles und Kassetten verloren stark. Dass CD-Alben im Handel zum ersten Mal wieder zulegten, sei aber ein Lichtblick, heißt es bei den Phonoverbänden. Bis Jahresende zeichne sich generell eine Stabilisierung ab, sagt der Vorsitzende Gerd Gebhardt: "Ich glaube, dass wir den Bodensatz erreicht haben." (Sascha Meyer, dpa) / (jk)