Vorstandsumbau bei der Deutschen Telekom [Update]

Beispielsweise legt der T-Com-Chef Walter Raizner, der unter anderem den Deal mit den Internet-Live-Rechten für die Bundesligaspiele eingefädelt hatte, sein Amt nieder.

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Von
  • Jürgen Kuri

Drei Wochen nach seinem Amtsantritt hat Telekom-Chef René Obermann den Vorstand wie erwartet gründlich umgebaut. Festnetz-Chef Walter Raizner, der unter anderem den Deal mit den Live-Rechten für die Bundesligaspiele eingefädelt hatte, legt sein Amt nieder, berichtet die Telekom. Walter Raizner war erst im September 2004 von seinem Posten als Vorsitzender der Geschäftsführung bei IBM Deutschland zur Telekom gewechselt, war aber in letzter Zeit wegen des schwächelnden Geschäfts der T-Com in die Kritik geraten.

Ebenfalls von seinem Posten zurückgetreten ist Personalvorstand Heinz Klinkhammer. Da zunächst kein neuer Nachfolger für Klinkhammer gefunden wurde, wird Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick das Ressort kommissarisch übernehmen, teilte die Deutsche Telekom am Dienstag nach einer Aufsichtsratssitzung in Bonn mit. Die Gewerkschaft ver.di ist demnach mit ihrer Kandidatin für den Posten des Personalvorstands, der T- Systems-Managerin Regine Büttner, gescheitert, berichtet dpa. Neu in das Gremium rücken ein Timotheus Höttges als Chef der Festnetzsparte T-Com und Hamid Akhavan als Vorstand für den Mobilfunkbereich T-Mobile.

Update: Höttges wird neben dem Festnetzbereich den Service- und Vertriebsbereich von T-Mobile in Deutschland verantworten. Akhavan wird neben T-Mobile für das Geschäft in Osteuropa sowie die Entwicklung neuer Produkte zuständig sein. Im Vorstand bleiben T-Systems-Chef Lothar Pauly und Finanzvorstand Eick. Der Aufsichtsrat verlängerte den Vertrag von Eick um weitere fünf Jahre. Der langjährige Finanzvorstand gilt als wichtiger Garant für die Stabilität im Vorstand von Europas größtem Telekomkonzern. Alle Vorstände erhielten damit mehr spartenübergreifende Funktionen, sagte Obermann der dpa.

Dem Aufsichtsrat präsentierte Obermann am Dienstag neben dem Vorstandsumbau nur Eckpunkte seiner Strategie. Bis zum Frühjahr will der Manager die "langfristige Strategie der Deutschen Telekom weiterentwickeln". Mit der Verzahnung von T-Com und T-Mobile reagiert er auf den harten Wettbewerb in Deutschland, der zu einem massiven Kundeneinbruch bei T-Com führte und die Margen im Mobilfunkgeschäft unter Druck setzt. Eine Verschmelzung von T-Com und T-Mobile soll es nach Angaben aus Konzernkreisen aber nicht geben. Eine Fusion der beiden Bereiche würde die Handlungsfähigkeit blockieren, was bei dem harten Wettbewerbsumfeld in Deutschland fatale Folgen haben könnte, hieß es in Unternehmenskreisen.

Mit Personalvorstand Heinz Klinkhammer geht ein Urgestein im Telekom-Führungsgremium. Der 60-Jährige Manager saß seit Februar 1996 im Vorstand. In der Zeitspanne baute der Konzern 100.000 Stellen ab – und das ohne betriebsbedingte Kündigungen. Bei den Gewerkschaftlern genießt Klinkhammer daher großen Respekt. Der promovierte Jurist begann seine berufliche Laufbahn am Institut für Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht in Berlin, anschließend war er Richter an den Arbeitsgerichten in Krefeld und Oberhausen. Nach leitenden Tätigkeiten im nordrhein-westfälischen Arbeitsministerium wechselte Klinkhammer 1991 in die Wirtschaft als Arbeitsdirektor der Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH. Klinkhammer legt seinen Posten im Telekom-Vorstand freiwillig zum Jahreswechsel nieder.

Der scheidende T-Com-Chef Raizner stand seit seiner Berufung als Vorstand für das Fetznetzgeschäft vor zwei Jahren unter Druck. Jedes Quartal wechselten mehrere hunderttausend Kunden der T-Com zur Konkurrenz. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler konnte dem Exodus nichts entgegen setzen und muss nun seinen Hut nehmen. Neben dem Kundenschwund werden Raizner Verzögerungen bei der Einführung der Bündelangebote aus Telefonie, Internet und Medieninhalten angelastet. Enge Kollegen beschrieben den früheren IBM-Manager als "harten Arbeiter", der sich akribisch mit den Problemen der Sparte auseinandersetzte. Allerdings sorgte er mit öffentlichen Äußerungen immer wieder für Unruhe. In einem Interview rückte er die Festnetzsparte der Telekom in die Nähe eines "Sanierungsfalls", was von den Arbeitnehmern scharf kritisiert wurde.

Auf Raizners Nachfolger Timotheus Höttges wartet also eine schwere Aufgabe. Als neuer T-Com-Vorstand hat er nun die Aufgabe, den Kundeneinbruch im Festnetzgeschäft zu stoppen und seinen Mitarbeitern neuen Mut einzuhauchen. Der 44-Jährige durchlief nach drei Jahren bei einer Unternehmensberatung verschiedene kaufmännische Positionen beim Versorger Viag, bevor er im September 2000 als Finanzchef zu T-Mobile wechselte. Rückblickend auf seine Anfangszeit bei dem Netzbetreiber beschreibt er sich noch als "blassen Finanzmann". Doch schon bald stieg er zum Geschäftsführer von T-Mobile Deutschland auf. Seit Anfang 2003 verantwortet er das Vertriebs- und Service-Ressort des Telekom-Mobilfunkarms.

Der neue T-Mobile-Chef Hamid Akhavan ist auch bei Konzernkennern ein unbeschriebenes Blatt. Der im Iran geborene Manager mit amerikanischen Pass ist seit dem Jahr 2001 bei der Deutschen Telekom. Mit seinem Aufrücken in die Konzernführung wertet Vorstandschef René Obermann den Technikbereich auf. In den Vorstandsbereich von Akhavan gehört die Weiterentwicklung der Konzern-Technik. Das nötige Rüstzeug dazu erwarb Akhavan an der amerikanischen Eliteschmiede Massachusetts Institute of Technology (MIT), wo er einen Master in Elektrotechnik und Computerwissenschaften machte. Vor seinem Wechsel zur Telekom war Akhavan Vorstand bei Teligent, einem internationalen Unternehmen für drahtlose Breitbandzugänge. (jk)