Französischer Senat hält an Verschärfung des Urheberrechts fest

Die französischen Senatoren haben den Entwurf für die Urheberrechtsreform verabschiedet, der einige heftig umstrittene Passagen verschärft und die Möglichkeiten zur Privatkopie deutlich einschränkt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 133 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Mit 164 zu 128 Stimmen haben die französischen Senatoren ihren Entwurf für die Urheberrechtsreform besiegelt, der einige heftig umstrittene Passagen aus der Vorlage der Nationalversammlung verschärft und die Möglichkeiten zur Privatkopie deutlich einschränkt. Die Vertreter der konservativen Regierungspartei UMP votierten für Änderungen am Parlamentsentwurf entlang der Korrekturvorschläge des rechtskonservativen Berichterstatters Michel Thiollière. Sozialisten, Grüne und Kommunisten stimmten dagegen. Der angenommene Text "beugt sich dem Druck des Copyright und verstümmelt die Privatkopie", beklagte der kommunistische Senator Jack Ralite. Marie-Christine Blandin von den Grünen wollte die drohenden Kollateralschäden des Gesetzes gar nicht einzeln aufzählen und beschränkte ihre Kritik darauf, dass gerade "die Kreativen die ersten Opfer" sein dürften. Die verschlimmbesserte Fassung diene weder den Urhebern noch den Internet-Nutzern, konstatierte die sozialistische Senatorin Catherine Tasca.

Konkret stutzt die Endfassung die vom Parlament befürwortete Interoperabilitätsklausel beim digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM). Sie sollte die Herausgabe von technischen Informationen regeln, die für das nahtlose Zusammenspiel verschiedener Systeme und Abspielgeräte erforderlich sind. Nach dem Entwurf des Senats müssen sich Interessierte dafür an eine neu einzurichtende, mit Vertretern der Regierung und mehreren Interessensgruppen besetzte Kommission wenden. Francisco Mingorance, Lobbyist bei der Business Software Alliance in Brüssel, gibt trotz der Kappung der Klausel zu bedenken, dass sich alle legitim operierenden Anbieter von Content-Plattformen und DRM-Hersteller genau überlegen müssten, ob es ihnen weiter wert sei, in Frankreich ihren Geschäften nachzugehen.

Darüber hinaus haben die Senatoren einen besonders umstrittenen Artikel wieder in die ursprüngliche Fassung aus dem Regierungsentwurf zurückversetzt, den die Nationalversammlung geändert hatte. Demnach soll mit bis zu drei Jahren Haft und Geldstrafe von bis zu 300.000 Euro belegt werden, wer "wissentlich" und öffentlich Software verbreitet, die "offensichtlich darauf ausgerichtet ist", den unautorisierten Zugang zu geschützten Werken oder anderen Objekten zu gestatten. Open-Source-Anbieter fürchten, dass Basisprogramme aus der freien Softwarewelt unter dieses Verbot fallen.

Die Abgeordneten der Nationalversammlung hatten sich dafür stark gemacht, dass die Klausel etwa nicht für den wissenschaftlichen Bereich gelten sollte. Der Senat hat die Einschränkungen aber zurückgenommen. Die Passage war Hauptanlass für eine Demonstration zivilgesellschaftlicher Organisationen am letzten Sonntag in Paris gegen das gesamte Gesetzesvorhaben. Auch die französischen Internet-Provider sehen sich direkt durch die Bestimmungen in ihrer Existenz bedroht. Der Staat schickt sich ihrer Ansicht nach an, Werkzeuge, Protokolle und Software zu verbieten, die für das Funktionieren des Internet unentbehrlich sind.

Prinzipiell soll mit der Novelle die Umgehung von DRM-Systemen auch in Frankreich strafbar werden. Die Möglichkeiten zur Erstellung von Privatkopien oder andere Einschränkungen des Verwertungsrechts etwa zugunsten von Behinderten müssen bei digitalen Medien künftig hinter den technischen Schutzmaßnahmen zurückstehen. In welchen Fällen Nutzer trotzdem ihre so genannten Schrankenrechte wie häufig ausüben können, soll die auch über die Interoperabilität wachende Urheberrechtskommission entscheiden. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Regulierungsbehörde die Zahl möglicher Privatkopien auf Null setzen kann. Ausgenommen sind Vervielfältigungen von TV-Sendungen, die für den nicht-kommerziellen Gebrauch weiter gestattet werden.

Dazu kommt ein abgestufter Strafkatalog gegen Filesharing geschützter Werke. Er sieht für Tauschbörsennutzer, die Musik nur zum Eigenbedarf herunterladen, ein anfängliches Bußgeld von 38 Euro vor. Die Strafen erhöhen sich beim stärkeren Konsum geschützter Werke immer weiter. Wer Nutzer in großem Stil zum illegalen Treiben in P2P-Netzen anleitet oder Raubkopien gewerblich unters Volk bringt, muss mit einer Strafe in Höhe von bis zu 300.000 Euro und zwei Jahren Gefängnis rechnen. Der Senatsentwurf geht aufgrund der von der Regierung angesetzten Dringlichkeit des Verfahrens nun nicht mehr für eine abschließende Lesung noch einmal an die Abgeordneten zurück, sondern direkt in einen Vermittlungsausschuss zwischen den beiden Gesetzgebungsgremien. Dieser soll vermutlich Ende Mai tagen.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (ad)