Foursquare dreht auf

Vom ortsbasierten sozialen Netzwerk zum punktgenauen Werbedienstleister: Das viel gehypte US-Start-up entfaltet sein Geschäftsmodell.

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Von
  • Carine Carmy

Vom ortsbasierten sozialen Netzwerk zum punktgenauen Werbedienstleister: Das viel gehypte US-Start-up entfaltet sein Geschäftsmodell.

Als Foursquare 2009 mit seinem Angebot anfing, war es für viele Außenstehende zunächst schwer zu verstehen, worum es eigentlich ging. Der Internet-Dienst bat seine Mitglieder, "einzuchecken", wenn sie bestimmte Orte wie Geschäfte, Bars oder Restaurants betraten. So konnten sie um virtuelle "Preise" kämpfen, sogenannte Badges, die sie dann beispielsweise zum "Bürgermeister" machten, wenn sie einen Ort nur öfter als andere ihrer Freunde besuchten.

Mittlerweile hat Foursquare mehr als neun Millionen Nutzer. Die Grundidee, Freunden (und dem Rest der Welt) mitzuteilen, wo man sich gerade befindet, hat sich nicht verändert. Allerdings weiß das Start-up mittlerweile, wie es Geld verdienen will: als Werbedienstleister, mit dem Unternehmen punktgenau "tracken" können, ob ihre Angebote wirklich bei der Zielgruppe ankommen.

In den USA machen da bereits große Konzerne mit. Die Elektronikkette Radioshack versucht, im Preiskampf mit Fachmärkten mitzuhalten, indem sie möglichst viele Kunden in ihre Läden lockt. Letzten August begann man deshalb eine Partnerschaft mit Foursquare, bei der eingecheckte Nutzer Rabatte bis zu 10 Prozent erhielten, "Bürgermeister" sogar 20 Prozent. Radioshack analysierte die Daten sogleich. Dabei kam heraus, dass Foursquare-Nutzer bis zu dreieinhalb Mal länger im Laden verbrachten als Nichtuser. Außerdem kauften sie häufig Produkte, die mit mobiler Technik zu tun hatten, was Mehrfachkäufe versprach.

Nach der anfänglichen Discountkampagne und einer nachfolgenden Weihnachtspromotion begann Radioshack dann mit einem "Newbie-Special", das neue Foursquare-Nutzer anspricht. Wer nie in einem Laden der Kette eingecheckt hat, bekommt seither für einige Produkte sofort 20 Prozent Rabatt. Das System funktioniert dabei quasi automatisch: Wenn man die Foursquare-App öffnet, sieht man bereits "Specials" in seiner Umgebung. Adrian Parker, Social-Media-Leiter bei Radioshack, glaubt, 50 bis 60 Prozent der Einkäufe von Foursquare-Nutzern seien so ausgelöst worden. Die Kosten für eine solche Kampagne hielten sich dabei in Grenzen, die Ergebnisse blieben leicht messbar. "Wir haben hier einen ordentlichen Return on Investment", meint Parker.

Foursquare bietet eine eigene Merchant-Plattform für mittlerweile 300.000 Firmen an, die ihre Kundschaft durch einen neuen Analysedienst im Auge behalten können. So lässt sich beispielsweise ablesen, wie viele Check-ins es am Tag gab, wer die häufigsten Besucher waren und wie sich diese verteilen – vom Geschlecht bis zur Uhrzeit. Unternehmen mit mehreren Filialen können die Daten auch aggregieren. "Die Plattform ist die gleiche, ob Sie nun Starbucks sind oder ein lokaler Coffeeshop", sagt Eric Friedman, Geschäftsentwicklungsdirektor bei Foursquare. Allerdings verwendeten die Unternehmen die Werkzeuge unterschiedlich, je nach ihrem Ziel. "Einige Leute nutzen die Plattform sogar, um ihre besten und schlechtesten Filialen zu ermitteln." Andere Firmen komme es dagegen eher auf geografische Informationen an.

Mittlerweile erlaubt Foursquare verschiedene Arten von "Specials" und stellt anschließend eine aggregierte Statistik dar. Während Radioshack vor allem Neukunden wollte, verkauft die Restaurantkette Applebee's beispielsweise lieber an Gruppen: Wer beim "Swarm Offer" mit mindestens fünf Freunden nach 21 Uhr vorbeischaut, erhält kostenlose Mozzarella-Sticks.

Noch sind die neuen Werbeformen recht experimentell. Für Firmen dürfte Foursquare noch deutlich spannender werden, wenn die dort verfügbaren Daten für breitere Marketinganwendungen bereitstehen – und für das Customer Relationship Management. Foursquare scheint in diese Richtung gehen zu wollen. Radioshack-Mann Parker glaubt allerdings, dass es dann sinnvoller ist, mehrere der Ortsdienste zusammenzufassen, also auch Facebook Places, Google Places oder Twitter einzubeziehen.

Firmen, die keine festen Läden haben – Inhaltsanbieter oder Lebensmittelhersteller, beispielsweise – können Foursquare derzeit nur schwer messen. Das Start-up bietet allerdings sogenannte Markenseiten an, bei denen Usern Tipps gegeben werden, was sie in verschiedenen Städten tun könnten. Eine Zeitung könnte dann beispielsweise auf bestimmte Restaurants hinweisen, die gute Kritiken bekamen. Ähnlich wie bei Facebook mit seinen "Likes"-Knöpfen können Unternehmen dann sehen, wie viele Nutzer einem bestimmten Angebot nachkamen. "Wir kratzen erst an der Oberfläche. Wir denken intensiv darüber nach, wie wir diese Daten anbieten könnten", meint Foursquare-Geschäftsentwickler Friedman. (bsc)