Kofi Annan benennt neue Beratergruppe für Internet Governance Forum

Das IGF war nach heftigem Streit zwischen den USA, Europa und Entwicklungsländern um die Kontrolle über die Internet-Verwaltung ausgehandelt worden. Es soll ohne Kontrollbefugnis Fragen der Politik im Netz und der Steuerung für das Internet diskutieren.

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Von
  • Monika Ermert

UN-Generalsekretär Kofi Annan hat 46 Mitglieder der neuen Beratergruppe für das im Herbst startende Internet Governance Forum (IGF) ernannt. Das IGF war nach heftigem Streit zwischen den USA, Europa und einigen Entwicklungsländern um die künftige Kontrolle über die Internet-Verwaltung auf dem Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) zwischen den Regierungen ausgehandelt worden; das Forum soll Fragen der Politik im Netz und der Steuerung für das Internet diskutieren, ohne gleich eine zusätzliche, internationalisierte Verwaltungsinstanz zusätzlich zur ICANN darzustellen.

Wie schon die von Annan vor dem WSIS eingerichtete Working Group on Internet Governance (WGIG) wird auch die neue Beratergruppe von Annans Sonderbeauftragtem für den Gipfel, Nitin Desai, geleitet. Mit der Berliner Sozialwissenschaftlerin Jeanette Hofmann und dem Siemens-Vertreter Peter Hellmonds haben es deutsche Zivilgesellschaft und Wirtschaft mit prominenten Vertretern in die Beratergruppe geschafft. Die neue Beratergruppe soll die Arbeit des IGF vorbereiten und beispielsweise die Themen und Arbeitsweisen für dessen erstes Treffen in Athen festlegen. An erster Stelle der Themenliste werden dabei bislang Spam, Datenschutz und digitale Identität, genannt. Das eigentliche Streitthema, die Netzverwaltung und deren Internationalisierung, möchte allen voran die USA, aber auch die Europäer nicht (oder noch nicht) beim IGF angehen.

Knapp die Hälfte der Mitglieder der IGF-Beratergruppe kommt aus IT- oder Telekommunikationsministerien. Hochrangige Mitglieder sind etwa der ungarische Minister für Informatik und Kommunikation Kalman Kovacs, Pankaj Agrawala vom indischen IT-Ministerium, Christian Singer vom österreichischen Verkehrsministerium (derzeit noch für die EU-Ratspräsidentschaft aktiv), sein russischer Kollege Vitaliy Slizen oder Valerie D'Costa von der Info-Communication Development Agency in Singapur.

Die USA schicken einmal mehr keinen direkten Regierungsvertreter, allerdings ein politisches Schwergewicht: Michael Gallagher, den ehemaligen Chef der National Telecommunicatons and Information Agency (NTIA). Gallagher, der inzwischen zur Anwaltskanzlei Perkins Coie gewechselt hat, hat für die US-Regierungen den Kompromiss zur Netzverwaltung beim Weltgipfel ausgehandelt. Als NTIA-Chef hatte er auch die Aufsicht über die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN).

ICANN selbst dürfte ebenfalls recht zufrieden sein mit Annans neuer Beratergruppe, ist doch neben mehreren gegenwärtigen und ehemaligen ICANN-Direktoren auch ICANNs hauptamtliche Vizepräsidentin Theresa Swinehart mit von der Partie. Swinehart vertrat ICANN bei vielen Verhandlungen zur Internetverwaltung in Genf. ICANN stand zeitweise im Zentrum der Kritik am aktuellen, einseitig von den USA dominierten System der Netzverwaltung. Swineharts Berufung sorgte so allerdings auch mancherorts für Verwunderung.

Sehr gut vertreten im Gremium sind die IP- und Länderdomain-Registrierstellen, sowohl LacNic als auch Afrinic haben einen Sitz. Für die Länderdomains ist der australische Chef von ICANNs ccTLD-Gremium mit im Boot. Und auch die Internet Engineering Task Force (IETF) hat ihren Vertreter im Gremium in Gestalt des schwedischen Cisco-Ingenieurs Patrik Fältström, einem langjährigen Mitglied der IETF und des Internet Architecture Board sowie Autor zahlreicher Standards, etwa in der ENUM-Suite.

Die starke Berücksichtigung zivilgesellschaftlicher und technischer Communities dürfte wohl auch eine Folge der guten Netzwerkarbeit des Internet-Governance-Büros der UN unter Leitung des Schweizer Diplomaten Markus Kummer sein. Auch fürs neue Beratergremium wurde zudem gleich festgehalten, dass man sich natürlich intensiv aller möglichen elektronischen Arbeitsmöglichkeiten sowie der Online-Konsultation bedienen werde. Schon die WGIG-Arbeit bekam allerseits gute Zeugnisse für ihr offenes Verfahren und ihr ausgewogenes Ergebnis ausgestellt. (Monika Ermert) / (jk)