Bundesrat rügt Regierung bei der Urheberrechtsnovelle scharf

Die Länderchefs fordern in ihrer Stellungnahme zur Urheberrechtsreform Strategien für einen offeneren Zugang zum Wissen und sprechen sich gegen eine Kappung der Vergütungspauschale aus.

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Die Länderchefs haben den umstrittenen Plänen der Bundesregierung zur zweiten Reformstufe des Urheberrechts einen deutlichen Rüffel erteilt. Auf der Plenarsitzung des Bundesrats am heutigen Freitag beschlossen sie eine umfangreiche Stellungnahme, die kaum ein gutes Haar an dem Reformvorhaben lässt und sich insbesondere für ein "bildungs- und wissenschaftsfreundlicheres Urheberrecht" einsetzt. Die Novelle müsse "den Erfordernissen der durch das Grundgesetz besonders geschützten und nicht kommerziell ausgerichteten Einrichtungen in Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie dem Grundrecht auf Informationsfreiheit der Bürger weit stärker als bisher Rechnung" tragen, fordert die Länderkammer unmissverständlich. Der Bundesrat bittet zudem, die vorgeschlagene Begrenzung der Urheberrechtsabgabe fürs private Kopieren auf fünf Prozent des Gerätepreises zu überprüfen.

Wie groß die Unzufriedenheit der Länder mit dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung ist, zeigt vor allem, dass die Vollversammlung des Bundesrats den Empfehlungen der Fachausschüsse fast vollständig folgte. Wichtigste Abweichung: In Gänze wollten die Länderchefs den Neuregelungen in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur letztlich doch nicht ihre Zustimmung verweigern. Die allgemeine Kritik bleibt dennoch scharf. So stellt die Position klar: "Regelungen, die rasch zu einer Verknappung und Verteuerung des Zugangs zu Wissen führen und damit Innovationen als Grundlage wirtschaftlichen Wachstums behindern, müssen vermieden werden".

Konkret drängt der Bundesrat erstmals auf eine Prüfung, wie bei der Ausgestaltung des Urheberrechts "den Besonderheiten von 'Open Access'- und 'Open Source'-Verwertungsmodellen Rechnung getragen werden kann". Das dabei entstehende "neue Interessen- und Schutzgefüge zwischen Urhebern, Verwertern und Endnutzern" müsse berücksichtigt werden. Autoren sollen daher etwa das Recht erhalten, den Inhalt eines Fachwerks im nicht-kommerziellen Umfeld und in einer gesonderten Formatierung nach Ablauf einer Mindestfrist von sechs Monaten seit Erstveröffentlichung "anderweitig öffentlich zugänglich zu machen".

Die Fachinformationsversorgung durch Bibliotheken will die Länderkammer zeitgemäßer ermöglichen. So sollen Lieferdienste wie subito Zeitschriftenartikel und Auszüge aus Büchern auch dann als grafische Datei elektronisch verschicken dürfen, wenn Verlage ein eigenes Online-Angebot bereithalten. Die Erlaubnis, elektronische Leseplätze einzurichten, will der Bundesrat auf alle nichtgewerblichen Bildungseinrichtungen ausgeweitet wissen. Eine Klarstellung, dass zur gleichen Zeit nur die Anzahl der im Bestand einer Einrichtung vorgehaltenen Werksexemplare zugänglich gemacht werden dürfen, hält er aber für erforderlich. Ferner besteht er auf einer Verlängerung der Intranet-Klausel für die Bereithaltung geschützter Werke für Unterrichtszwecke bis 2009.

Im Streit um die Urheberabgabe legen die Länder nahe, die Vergütungspflicht auf alle Geräte und Speichermedien zu beziehen, die für Privatkopien benutzt werden. Verwertungsgesellschaften müssten eine "nennenswerte Nutzung" von CD-Brennern, Druckern, PCs oder Multifunktionsgeräten demnach nicht mehr erst einzeln nachweisen. Eine Begrenzung der Pauschale auf fünf Prozent des Gerätepreises sei abzulehnen, da diese verfassungsrechtlich problematisch sein könnte. Den Interessen der Gerätehersteller sei bereits ausreichend Genüge getan, da die Vergütung die produzierenden Unternehmer "in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts stehen muss". Die Stellungnahme enthält aber auch eine Klausel, wonach "keine Pauschalabgaben für Kopien aus dem Internet abgeführt werden müssen". Demnach würden Kreative, die ihre Werke ohne den Einsatz von Systemen zum digitalen Rechtekontroll-Management (DRM) ins Netz stellen, nicht von der Urheberrechtsabgabe profitieren. Verlage müssten ihre gesamten Online-Angebote mit Kopierschutztechniken aufrüsten, falls sie ihre Autoren für Privatkopien entschädigt wissen wollen.

Bei Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die für die Novelle federführend verantwortlich zeichnet, ist die Schelte aus dem Bundesrat auf taube Ohren gestoßen. "Die Bundesregierung garantiert den Schutz der Urheber und gestaltet einen fairen Rahmen für Nutzer und Verwerter im digitalen Zeitalter", wiederholt die SPD-Politikerin ihre Ansicht. Der Entwurf sehe gerade bei der Reform des pauschalen Vergütungssystems für die Urheber Verbesserungen vor. Auch die Belange von Bildung und Wissenschaft seien eingehend erwogen worden. Der Entwurf komme hier den Interessen von Forschung und Lehre "so weit wie möglich entgegen", respektiere aber auch die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen der Urheber und Verlage. (Stefan Krempl) / (pmz)