Wie weiter mit der Enquete-Kommission?

Nach der letzten Sitzung vor der Sommerpause scheint klar, es ist reines Wunschdenken, dass die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft quasi bundespräsidial Vorschläge für die Zukunft macht.

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Von
  • Falk Lüke

Die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft hat sich mit einer turbulenten Sitzung in die Sommerpause verabschiedet. Mit immer wieder neuen Verschiebungen zeigt sie klar: Dass die Kommission fernab der Tagespolitik quasi bundespräsidial Vorschläge für die Zukunft macht, ist reines Wunschdenken. Während die Opposition ein ums andere Mal versucht, der parlamentarischen Mehrheit ein Schnippchen zu schlagen, kämpfen die Regierungsvertreter erst recht auf verlorenem Posten. Wenn ein Grundsatzthema wie die Informationsfreiheit natürlich auch Netzsperren thematisiert, würden sie diese am liebsten aus der Debatte in der Kommission heraushalten.

Die Kommission hat eine unglaubliche Menge Text produziert. Teils Zustandsbeschreibungen, teils Beschreibungen der künftigen Herausforderungen und dann der Teil, der umstritten ist, nämlich die daraus resultierenden Empfehlungen an den Deutschen Bundestag. Wenn der Vorsitzende Axel E. Fischer durch den Zettelwald hetzt und Antrag um Antrag abstimmen lässt, kommt nicht nur der Journalist, sondern kommen auch die Abgeordneten und Sachverständigen ins Schwitzen. Mehr als einmal sieht man irritierte Blicke zu den jeweiligen Fachleuten, wie man denn jetzt abzustimmen habe.

Die Enquete-Kommission mit 34 Mitgliedern ist hälftig mit Abgeordneten und externen, aber von den Fraktionen benannten Sachverständigen besetzt. Aufgrund der Besetzung nach Bundestagsfraktionsgrößenschlüssel hat die Regierung theoretisch zwei Stimmen Mehrheit, wenn "ihre" Sachverständigen mit ihr stimmen. Kommt es zu Kampfabstimmungen, weil kein Konsens gefunden werden konnte – was bei manchen Themen absehbar scheint –, kommt es darauf an, dass die Sachverständigen entweder im Boot der Fraktionen bleiben, die sie benannt haben, oder andere Sachverständige oder Abgeordnete von der anderen Seite mitstimmen.

Bei den bislang verabschiedeten beiden Teilen Urheberrecht und Medienkompetenz wurde überdeutlich, was das heißt. Weil ein Sachverständiger in Reihen der Union erkrankt war – anders als Abgeordnete gibt es für diese keine Stellvertreter – hingen alle Mehrheitsentscheidungen an dünnen Fäden. Und die rissen mehr als einmal, denn nicht alle Sachverständigen stimmten so ab, wie es offenbar erwartet wurde. Insbesondere die von der FDP benannten Sachverständigen fungierten oft als Zünglein an der Waage – und diese Rolle ist ihnen offensichtlich nicht sonderlich recht. Der Druck aus Koalitionsreihen auf die Sachverständigen scheint groß zu sein, doch wenigstens bei den wichtigen Punkten "linientreu" zu sein. Der gewählte Notausgang hieß Vertagung, weil man sich in dem Chaos nicht mehr zurechtfände.

Die Enquete-Kommission muss sich nun, nachdem sie am Montag mehrheitlich feststellte, dass sie Chaos produziere und ihre Mitglieder selbst die Orientierung verloren hätte, fragen lassen, wie es weitergehen soll. Eine Verlängerung war bereits im Februar im Gespräch, alle Termine hat sie konsequent gerissen. Statt eines Zwischenberichtes, wie er im Bundestagseinsetzungsbeschluss gefordert wurde, lieferte sie einen "Tätigkeitsbericht" ab. Der Zwischenbericht sollte dann nun vor der Sommerpause verabschiedet werden. Doch nun, unmittelbar vor der sitzungsfreien Zeit, ist auch dieser nur halb erledigt, es quietscht und hängt und kracht an allen Ecken und Enden. Es wäre wünschenswert, dass die Kommissionsmitglieder in den kommenden Wochen in sich gehen und sich fragen, was diese Kommission eigentlich leisten soll. In der derzeitigen Form ist sie höchstens eine Alphaversion und damit eigentlich nicht für die freie Wildnis tauglich. (anw)