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Was war. Was wird.

Im Star-Wars-Jubiläumsjahr erscheinen die Tagebücher eines alten Sternenkriegers und ein pharmagestählter Sportstern sorgt bei Beckmann für Tonprobleme. Als Hal Faber einen Blick hinter den Zaun von Heiligendamm werfen will, piepst sein Handy.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** (Klingelton, sponsored by wild und unersättlich)
"Sind Sie Herr Faber? Hal Faber?"
"Ja, das bin ich. Worum geht's?"
"Ich bin von der Polizei. Sie wollen auch in Heiligendamm demonstrieren?"
"Da wissen Sie mehr als ich. Wollen Sie mich dazu auffordern?"
"Ich will ihnen nur mitteilen, dass die Polizei einschreiten wird, wenn es zu Gewalttaten kommt und wenn Sie dabei zu Gewalttaten aufrufen."
"Das ist aber nett von Ihnen. Wie kommen Sie darauf, dass ich das will?"
"Sie haben in Ihrer (raschel) Wochenschau geschrieben, dass, ich zitiere, wir alle in Zone II leben."
"Oh, ein Leser. das freut mich aber. Leben wir denn nicht in Zone II?"
"Ich bin kein Leser. Ich bin von der Polizei und bearbeite nur den ausgedruckten Teil des Internet in der norddeutschen Tiefebene. Das ist eine Gefährderansprache."
"Ich bin baff. Ist das nicht vom Gericht verboten worden?"
"Davon weiß ich nichts. Ich arbeite nur eine Liste ab. Ich teile Ihnen hiermit mit, dass wir nicht in Zone II leben."
"Nein?"
"Nein. Wir leben nicht in einem Schnüffelstaat und auch unsere Arbeit in Postämtern ist ganz normale Polizeiarbeit. Die Zone II ist ein genau 200 Meter breiter Streifen um Nawaka, sonst nichts."
"Nawaka?"
"NATO Wagenburg Kavala. Mollis und Meer verletzte Namensrechte des Tourismusverbandes."
"Ich verstehe."
"Sehr gut. Wie gesagt. Proteste sind beim friedlichen Sommermärchen ausdrücklich erwünscht. Wenn Sie bei der Operation Detlef jedoch zur Gewalt aufrufen, kennen wir Sie."
"Schnüffelspuren?"
"Das Internet. (raschel) Im Internet geht nichts verloren. Nicht einmal unser Geburtstagskind."
"Ähem. Danke. Mein Geburtstag liegt aber vier Wochen zurück."
"Ich meinte das Grundgesetz, das jetzt auch für das Internet gilt."
"Oh. Haben Sie schon das Internet angerufen?"
"Noch nicht. Steht aber auf der Liste der Gefährder.
"Das Internet steht also noch nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung?"
"Wir haben (raschel) freie Wälle und Schutzzäune, wie bei der Wagenburg."
"Firewalls?"
"Stopp. Keine Gewalt gegen Firewalls! Wir haben Sie gewarnt. 200 Meter Abstand!"
"Wer konfiguriert die?"
"Konfidingsbums ist ab sofort verboten. Keine Aufrufe zur Gewalt! Hatte ich es denn nicht deutlich genug gesagt?"

*** Was hinter dem Zaun von Heiligendamm passieren wird, interessiert die wenigsten, weil nichts passieren wird. Selbst im Ausland hat man gemerkt, dass die Frau von der Ostsee beim wichtigsten Tagesordnungspunkt eine deftige Abfuhr kassieren wird. Zeit genug, an eine andere Frau zu erinnern. Heute vor 100 Jahren wurde Rachel Carson geboren. Ihr "Stummer Frühling" war das Buch, das bei der Entstehung der Ökobewegung eine wichtige Rolle spielte. Dank glitzernder Artikel im amerikanischen Vanity Fair - ich rede nicht vom deutschen Boxenluder - ist Öko Chic und Sache der Superreichen wie der Abenteuerökologie eines David de Rothschilds. Begeistert sind auch die Leute im Silicon Valley, die mit der IT ihr Vermögen gemacht haben. Überschwenglich hymnisch wird Sun-Mitgründer Vinod Koshla als Guru der Öko-Szene besungen, natürlich nur gegen Kohle. Vergesst Rachel Carson.

*** Ein weiteres Jubiläum ist natürlich längst im gesamten Interreich auf diesen Röhren herumgetrommelt worden: Vor 30 Jahren Jahren kam Star Wars in die Kinos. Seitdem ist die Macht mit uns allen, selbst dann, wenn wir für sie nur ins Bett steigen, um lange, lange von Prinzessin Leia zu träumen. In einer lustigen Konjektion kommen gerade die Tagebücher von Ronald Reagan auf den Markt. Erstmals wird sichtbar, wie sehr Reagan bei seinem persönlichen Sternenkrieg vom Krieg der Sterne beeinflusst war, der in den Kinos tobte. Dass er damit die Sowjetunion in einen Wettlauf zwang, der sie zum Kollabieren brachte, ist sein Verdienst in der Geschichte. Geschichte? Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit? Aber nicht doch. Wer diesen Bericht zum Raketen-Test liest, wird sicherlich merken, dass wir heute dem Wahnsinn näher denn je sind.

*** Wer Zensur ausübt, sollte etwas Ahnung von der eingesetzten Technik haben. Das ist bei der TV-Show von Reinhold Beckmann gründlich misslungen, als die Sendung mal kurz einen auf Frank Zander machen wollte. Ein Blog-Leser hat den einfachen Pieps mit einem Equalizer umgangen und damit auf den eigentlichen Skandal im Spritzensport hingewiesen: die konstante Verquickung der Medien mit quoten- wie klumträchtigen Themen. Dass Radler im Fernsehen von Typen wie Jürgen Emig oder Hagen Boßdorf kommentiert wurden, macht den Skandal erst rund. Die sechsstelligen Sonderprämien, die ein Jan Ullrich von der ARD kassierte, hatten einen Preis: die völlige Aufgabe des kritischen Sportjournalismus. Derweil wird man sich bei der Telekom fragen, ob man diese Radsportler nicht auch in eine Service-Gesellschaft auslagern kann. Nur Hähnchenschlächter sind da gründlicher und handeln schnell, wenn das globale Huhn in die Diskussion gerät, weil beim Team Wiesenhof die üblichen Abstreiter das Sagen haben.

Was wird.

Muss man Beckmann und den Freunden der Spritztechnik so viel Aufmerksamkeit schenken? Ja, denn gegenwärtig wirtschaftet sich das, was einstmals öffentlich-rechtliches System genannt wurde, schneller in den Abgrund, als Epo-gedopte Lemminge springen können. Die Verblödung reicht bis in die Bereiche, in denen dieses System seine Internet-Kompetenz feiert. Bei dem auf öffentlich-rechtliche Inhalte fixierten Grimme Online Award ist das gut zu erkennen. Da hüpft mal eben ein Mitglied der Jury in den Wettbewerb, weil sein Rammler unversehens ein richtiger Brummer geworden ist. Natürlich betonen die lieben Kollegen, dass solch eine unverhoffte Nachnominierung auch Konsequenzen hat: Der aufrechte Gang ist immer eine Frage der Orthopädie.

Die Roten sind übrigens schwer im Kommen, als männlicher Gockel wie als heißes Huhn. Das fängt schon beim Pumuckl an, für den Kinder vorerst eine Pumuckeline zeichnen dürfen, ohne gleich mit einem Bein im Knast zu stehen. Noch besser hat es die Einserschülerin Barbara getrofen, die Germany's Next Topklum geworden ist. Jede Wette, dass die Rothaarige von Novell unter Vertrag genommen wird, ganz so wie ihre Vorgängerin Lena Gercke, die nun für Microsoft strahlt. Nie war Microsoft live aufregender als mit der URL get.live.com. Hier muss die rote Novell Boden gut machen, zumal der überall angekündigte Bericht über die Details des Patentabkommens mit Microsoft sich ***** liest, als ob ein *****-Papageno den Amateuren bei Beckmann zeigen will, was eine ***** ist.

(Klingelton revisted.)
"Sind Sie Herr Faber? Hal Faber?"
"Ja, das bin ich. Worum geht's?"
"Ich bin ihr eKontaktbereichsbeamter. Sie haben da etwas über den Realitätsverlust des BKA geschrieben. Ich möchte Sie einladen, bei den Anonymous Reality Loosers vorbeizukommen. Sie tagen regelmäßig in Second Life." (Hal Faber) / (vbr)