Schleswig-Holstein: Keine Informationsfreiheit für fiskalische Handlungen

Nach einer Änderung soll das Informationsfreiheitsgesetz ausdrücklich nur für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit gelten. Sämtliches Handeln der Behörden in privatrechtlicher Form wird damit nicht erfasst.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die schleswig-holsteinische Landesregierung will trotz anhaltender Proteste mit einer Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes ihr finanzielles Handeln der öffentlichen Kontrolle entziehen. So sieht der Änderungsentwurf vor, das fiskalische Handeln von Behörden, also jegliche Form zivilrechtlicher Tätigkeit der Verwaltung, aus dem Geltungsbereich des Gesetzes auszunehmen. Das Gesetz soll ausdrücklich nur für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit gelten. Sämtliches Handeln der Behörden in privatrechtlicher Form wird damit nicht erfasst. In Schleswig-Holstein sind das alle Landes- und Kommunalbehörden, die im privatrechtlichen Bereich tätig werden, also etwa Beschaffungsmaßnahmen durchführen. Anlass für die Gesetzesänderung ist die europäische Umweltinformationsrichtlinie, die auf Länderebene umgesetzt werden muss. Das Bundesumweltinformationsgesetz wurde bereits geändert, aber die Länder müssen eine eigene Umsetzung vornehmen.

Die Informationsfreiheitsgesetze auf Bundes- und Länderebene in Deutschland sollen eigentlich den Bürgern den Zugang zu amtlichen Informationen erleichtern und zu mehr Behörden-Transparenz im Sinne des "gläsernen Rathauses" führen soll. Das schleswig-holsteinische Innenministerium argumentiert nun, die gesamten wirtschaftlichen Erledigungen der Behörden müssten wie eine Privatperson oder eine nicht-öffentliche Firma behandelt werden. Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, kritisierte das Vorhaben und stellte fest: "Die Begründung, es bestehe kein Anlass, die öffentliche Hand anders als die Rechtssubjekte des Privatrechts zu behandeln, ist nicht stichhaltig, da diese weiterhin aus guten Gründen starken öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegen und öffentliche Mittel einsetzen." Der Bundesgerichtshof hatte zu der Problematik ausgeführt: "Der Verwaltung selbst stehen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgabe nur die privatrechtlichen Rechtsformen, nicht aber die Freiheiten und Möglichkeiten der Privatautonomie zu."

Die geplante Änderung widerspreche dem Grundanliegen eines Informationsfreiheitsgesetzes, die Transparenz und Akzeptanz der Verwaltung zu fördern, betonte Weichert. Behörden verlagerten ihre Aufgaben aus Kosten- und Verschlankungsgründen vermehrt in den privatrechtlichen Bereich. Im Zuge des "Outsourcings" bekommen die privatrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten eine immer größere Bedeutung. Eine Eingrenzung des Anwendungsbereiches würde daher einen erheblichen Teil der Verwaltung ausgrenzen. Gleichwohl sei das Informationsfreiheitsgesetz auch ein Mittel zur Korruptionsbekämpfung. "Soll diese Kontrolle und die damit im Zusammenhang stehende Korruptionsbekämpfung aufrichtig verbessert werden, muss privatrechtliches Handeln und die Aufgabenerfüllung durch private Dritte dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen", erklärte Weichert.

Auch die schleswig-holsteinische grüne Bundestagsabgeordnete Grietje Bettin kritisiert: "Dies bedeutet nichts anderes, als dass jegliche demokratische Transparenzgebote zur Verwendung öffentlicher Gelder zu Grabe getragen und Kontrollmöglichkeiten der Bürger im Bezug auf die öffentlichen Ausgaben verhindert würden." Weichert warnt nun davor, dass die geplante Änderung Schleswig-Holstein im Bereich der Informationsfreiheit vom Vorbild zum Schlusslicht befördern würde. Bettin fordert deshalb Nachbesserung, denn: "Ich finde den Gesetzesentwurf in seiner derzeitigen Form nicht akzeptabel und dem Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen unzuträglich." Im Landtag steht die Entscheidung in den nächsten Wochen an.

Zur Informationsfreiheit in Deutschland siehe auch:

(Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)