ENUM vor dem Start

Das DeNIC will im Dezember die Registrierung von Domains fürs Telefonnummern-Mapping als regulären Service anbieten -- grünes Licht haben Bundesnetzagentur und Bundeswirtschaftsministerium indes noch nicht gegeben.

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Von
  • Monika Ermert

"Ab jetzt können Sie mit ENUM rechnen." Mit diesen Worten kündigte heute DeNIC-Vorstand Andreas Bäß beim fünften ENUM-Tag der DeNIC eG in Frankfurt den Start des Wirkbetriebs für die Telefon-Domains unter der Adresse 9.4.e164.arpa an. Das so genannte Telefonnummern-Mapping bietet einen Standard für Domains, mit denen sich das Zusammenwachsen von Telefonie- und IP-Welt bewerkstelligen lassen soll. Über den Eintrag ihrer Festnetznummern als Domains sollen Nutzer weltweit übers Netz auffindbar und entsprechend der von ihnen in der Registry eingetragenen Kontaktadressen erreichbar sein.

Wenn ENUM abheben soll, dann müsse man jetzt etwas tun, meinte Bäß. Noch im Dezember wolle man die Registrierung von ENUM-Domains als regulären Service anbieten, spätestens aber ab dem 1. Januar. Die bislang im Feldversuch registrierten 3600 ENUM-Domains würden automatisch in den Wirkbetrieb übernommen. Die aktuelle Registrierung per Mailsystem werde ebenfalls im Dezember auf ein echtes Registry-Interface umgestellt. Bäß und die ENUM-Mannschaft beim DeNIC stellten heute zugleich den Abschlussbericht des Versuchs (PDF-Datei) und das vom DeNIC entworfene Betriebsmodell (PDF-Datei) vor.

Sehr überrascht von der Ankündigung zeigte sich allerdings Mirko Paschke, bei der Bundesnetzagentur zuständig für Fragen der Nummerierung und Dauergast auf den ENUM-Tagen. DeNIC und Bundesnetzagentur haben einen Vertrag über den Feldversuch zu ENUM. "Wie wir in den Wirkbetrieb kommen, ist im Moment noch völlig unklar", sagte Paschke. Das DeNIC könne nicht einseitig den Start erklären. Auch wenn Paschke die Aufbruchstimmung grundsätzlich begrüßte ("ein Wirkbetrieb zum 1. 1. wäre erfreulich") -- ohne Zustimmung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWA) geht es auf keinen Fall. Dieses bleibe für die Benennung der zentralen deutschen ENUM-Registry zuständig. Grundlage dieser Konstruktion sind von der International Telecommunication Union (ITU) vorläufig in Kraft gesetzte Regeln für die Delegation der ENUM-Länderzonen. Demnach obliegt die Zustimmung zur Delegation den jeweiligen nationalen Behörden.

Paschke versicherte, die Bundesnetzagentur werde auf der Grundlage der vom DeNIC heute vorgelegten Berichte so schnell wie möglich einen eigenen Abschlussbericht verfassen und dem BMWA weiterleiten. Es sei allerdings nicht sehr wahrscheinlich, dass das BMWA gänzlich ohne weitere Prüfung dem Wirkbetrieb einfach grünes Licht für den 1. 1. gebe. "Bislang gab es keine Art von Ausschreibung", betonte Paschke. Irgendeine Art von Vergabeverfahren müsse daher erst noch stattfinden. "Es kann sein, dass man zu dem Ergebnis kommt, dass alles so weiterlaufen kann, vielleicht will man das Ganze aber auch in einem formellen Vertrag aufdröseln." Sollte man sich tatsächlich für ein reguläres Ausschreibungsverfahren entscheiden, müsste dieses eventuell sogar europaweit ausgeschrieben werden. An einen raschen Start wäre dann allerdings nicht mehr zu denken.

Die DeNIC-Spitze gab sich demgegenüber optimistisch und drängt auf den raschen Start, auch aus Gründen der wachsenden Konkurrenz durch verschiedene andere ENUM-ähnliche Plattformen wie e164.info oder e164.org sowie durch private VoIP-Peering-Abkommen. Bäß und seine Vorstandskollegin Sabine Dolderer zeigten sich am Rande der Veranstaltung davon überzeugt, dass sie mit dem Abschluss des Versuchs und den Regeln für das Betriebsmodell alle notwendigen Vorbereitungen getroffen haben. "Es gibt zudem keine Rechtsgrundlage dafür, wie eine Vergabe geregelt werden soll", sagte Dolderer. Das Geschäft mit den Domains falle nicht unter das Telekommunikationsgesetz, ebenso wie der Betrieb der ENUM-Registry kein Telekommunikationsdienst sei. So etwas wie Verbindungsdaten fielen ebenfalls nicht an, es handele sich lediglich um einen Verzeichnisdienst, baut man beim DeNIC eventuellen Speicher- und Zugriffsforderungen der Strafverfolger vor.

Man sei durchaus unterschiedlicher Ansicht, wie weit sich Bundesnetzagentur beziehungsweise BMWA einmischen dürfen, sagte Paschke. Ein Streitpunkt könnte etwa die vom DeNIC für das Betriebsmodell gewählte Lösung der Validierung werden. Die Validierung soll sicherstellen, dass nur der Inhaber der Rufnummer auch tatsächlich die entsprechende ENUM-Domain beantragt. Diese Aufgabe hat das DeNIC komplett an seine Mitglieder abgegeben, von denen derzeit rund ein Viertel bereits ENUM-Registrierungen vornehmen. Mit der Registrierung einer ENUM-Domain durch ein DeNIC-Mitglied -- nur DeNIC-Mitglieder sind ganz wie bei der .de-Registrierung dazu berechtigt -- versichert das Mitglied, dass man eine sichere Validierung vorgenommen hat. "Es gibt ohnehin kein einheitliches Modell, da eine zentrale Datenbank für die vergebenen Nummern fehlt", erklärte Dolderer. Im Zweifel reiche daher auch eine Telefonrechnung. Allerdings müssen die Mitglieder bei einem von Dritten eingeleiteten ENUM-Complaint innerhalb von zwei bis vier Tagen den Nachweis für die Validierung vorlegen. Den Datenschutzbedenken zu ENUM ist das DeNIC durch die Möglichkeit pseudonymisierter Einträge in der offenen Whois-Datenbank entgegengekommen. Ob bei alledem das BMWA noch ein Wörtchen mitreden will, bleibt nun abzuwarten. (Monika Ermert ) / (pmz)