EU-Kommission hat Gebühren für SMS und Daten-Roaming im Blick

Nach der Regulierung ist vor der Regulierung: Kaum ist die EU-Verordnung über Obergrenzen für Handygespräche im Ausland fast in trockenen Tüchern, wendet sich Kommissarin Viviane Reding den Datengebühren zu.

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Als EU-Kommissarin Viviane Reding und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) heute in Luxemburg den endgültigen Beschluss der Roaming-Regulierung feierten, nahm die streitbare Kommissarin gleich die nächste Aufgabe ins Visier: Auch die Gebühren, die Mobilfunkanbieter ihren Kunden für SMS und Datenverkehr im Ausland berechnen, sind nach Ansicht der EU-Kommission zu hoch. Bei den Datentarifen könne die Industrie jetzt beweisen, so Reding, dass sie das selbst regeln könne. Andernfalls werde die Kommission auch hier aktiv.

Nachdem am Donnerstagvormittag der EU-Ministerrat unter Führung des deutschen Wirtschaftsministers die zuvor schon vom Europäischen Parlament beschlossene EU-Verordnung endgültig abgesegnet hatte, sparten Reding und Glos nicht mit gegenseitigen Komplimenten. "Das ist ein großer Tag für Verbraucher und Unternehmen", sagte Reding und dankte dem Minister für sein Engagement. Glos hatte sich dafür eingesetzt, die Regulierungsverordnung noch während der deutschen Ratspräsidentschaft in Kraft treten zu lassen.

Nach dem abschließenden Votum des Ministerrats tritt die Verordnung mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Verordnung muss vorher noch von den Brüsseler Sprachjuristen in die Mangel genommen und korrekt ausformuliert und übersetzt werden. Danach muss erneut der Ministerrat zustimmen, das gilt aber als reine Formsache. Glos will die Veröffentlichung nun "so schnell wie möglich" über die Runden bringen. Damit wird Ende Juni gerechnet.

Damit tritt nach langem Streit die erste europaweite Regulierung eines Endkundentarifs im Mobilfunk in Kraft. Die Anbieter haben dann einen Monat Zeit, ihre Kunden ein entsprechendes Angebot zu machen. Reding hofft, dass der Wettbewerb dabei auch für Tarife sorgen wird, die unter den von der EU beschlossenen Obergrenzen liegt. Kunden, die ein solches Angebot annehmen, müssen dann innerhalb eines Monats auf den neuen Tarif umgestellt werden. Im Idealfall können schnell entschlossene Handybesitzer so schon Anfang August zu den neuen Konditionen telefonieren. Wer sich nicht auf das Angebot meldet, muss spätestens nach drei Monaten auf den EU-Tarif umgestellt werden.

Die Gebühren sinken auf zunächst höchstens 49 Cent je Minute für abgehende und 24 Cent für angenommene Gespräche. Nach einem weiteren Jahr sollen die Obergrenzen auf 46 Cent, im dritten Jahr auf 43 Cent sinken. Die Deckelung für angenommene Anrufe soll bei 22 und dann 19 Cent liegen. Zu den Preisen kommt jeweils noch die Mehrwertsteuer. Auf Wunsch des Parlaments hin erfahren Kunden per SMS beim Grenzübertritt die aktuellen Roaming-Gebühren.

Besonders die EU-Kommission dringt seit langem auf eine Senkung der Tarife, die in Europa teilweise bis zu 3 Euro pro Minute betragen. "Das war ein langer Kampf der europäischen Institutionen gegen hohe Handy-Gebühren", sagte Medienkommissarin Reding. "Der Markt hat das Problem nicht gelöst, darum musste die Kommission einschreiten." Auch Glos ist mit dem Ergebnis zufrieden. "Wir haben unser Ziel in Rekordzeit erreicht", sagte der Bundeswirtschaftsminister. Nach "schwierigen Verhandlungen" sei nun ein "solider und tragfähiger Kompromiss" gefunden worden.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat die Einigung der Europäischen Union auf niedrigere Gebühren für Handygespräche im Ausland kritisch aufgenommen. "Die Preisschwelle ist immer noch zu hoch", sagte der Leiter für Wirtschaftsfragen, Patrick von Braunmühl, am Donnerstag der dpa in Berlin. Es sei aber ein Erfolg, dass die Roaming-Gebühren trotz Widerständen gesenkt würden. Das Bundesverbraucherministerium begrüßte den Kompromiss. "Die Einführung des Eurotarifs ist ein großer Erfolg für den Verbraucherschutz in Europa", sagte der Parlamentarische Staatssekretär Peter Paziorek (CDU). (vbr)