Scharfe Kritik am geplanten neuen Fluggastdaten-Transfer in die USA

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und EU-Abgeordnete hegen schwere Bedenken gegen das von der EU-Kommission mit Washington ausgehandelte neue Abkommen zur Weitergabe von Passenger Name Records.

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Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und EU-Abgeordnete äußern schwere Bedenken gegen den von der EU-Kommission mit Washington ausgehandelten neuen Vertrag zur Weitergabe von Flugpassagierdaten: "Besonders kritisch sehe ich, dass auch nach dem neuen Abkommensentwurf die US-Behörden die Möglichkeit haben sollen, in bestimmten Situationen auf die in den Reservierungssystemen der Fluggesellschaften gespeicherten Passagierdaten direkt zuzugreifen", sagte der oberste Datenschützer der Nation der Berliner Zeitung. Die Fahnder hätten damit Zugang zu dem kompletten Datensatz über die einzelnen Passagiere, der auch sensible personenbezogene Informationen enthalte.

Schaar monierte weiter, dass die Passenger Name Records (PNR) "ohne jeden Anfangsverdacht und ohne handfesten Erforderlichkeitsnachweis" in den USA über Jahre hinweg vorgehalten werden dürften. Zuvor hatte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström von einer "großen Verbesserung" beim Schutz der Privatsphäre der EU-Bürger" gesprochen. Nach sechs Monaten solle der Personenbezug der Daten, die auch Informationen wie Kreditkarten- und Telefonnummern, IP-Adressen oder besondere Speisewünsche umfassen, für Standardabfragen verschleiert werden. Der Zugang zu den vollständigen Informationen bleibe in Sonderfällen aber erhalten.

Der Innenexperte der Grünen im EU-Parlament, Jan Philipp Albrecht, sprach von einer "Mogelpackung". Malmström versuche, die anlasslose Massenspeicherung und Auswertung durch die US-Behörden schönzureden. Dabei habe sich an der Substanz der Vereinbarung im Vergleich zur heftig umstrittenen Vorversion nichts geändert. Sämtliche Fluggastdaten würden 15 Jahre lang aufbewahrt. Lediglich der Zugriff werde nach zehn Jahren auf Terrorismusfälle reduziert. Zudem sollten die Informationen nach einem halben Jahr "maskiert" werden, was aber nichts daran ändere, dass sie vorgehalten und verarbeitet würden. Der vorliegende Entwurf sei daher "aus datenschutzrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gründen" abzulehnen.

Ins gleiche Horn stieß der innenpolitische Sprecher der FDP in der Bürgervertretung, Alexander Alvaro. Das Verhandlungsergebnis sei ungenügend, monierte der Liberale, da der Inhalt des Übereinkommens weitgehend dem alten Text entspreche. Alvaro appellierte an die Kommission, die Gespräche über das Vorhaben neu aufzunehmen, wenn es die Zustimmung der Parlamentarier erhalten solle. Maßstab bei der Speicherdauer, Zugriffsrechten und dem Rechtsanspruch europäischer Bürger müsse das jüngst abgesegnete PNR-Abkommen mit Australien sein.

Der unabhängige österreichische EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser warf der Kommission vor, mittels eines "Datenwäsche-Tricks" Bürgerrechte zu umgehen. Es könne zudem nicht angehen, dass die Volksvertreter das Verhandlungsergebnis bislang nur in einem geheimen Leseraum unter Aufsicht begutachten hätten dürfen, während Malmström schon "ihre verwirrende Interpretation des Textes selbst an die Presse" gespielt habe. Die Bürgerrechtsorganisation NoPNR beklagte, dass der neue Text entgegen der Ansage der Kommission nicht mehr Rechtssicherheit für die Passagiere schaffe. Eine Klage europäischer Bürger in den USA wäre von Beginn an zum Scheitern verurteilt. (ea)