Google und Intel gründen Initiative für energieeffiziente Computer

Mit einer kontinuierlichen Verschärfung von Effizienzvorgaben wollen (zunächst) rund 40 Industriepartner PCs und Server sparsamer machen.

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Die Climate Savers Computing Initiative verlangt nichts technisch Unmögliches, sondern setzt – ähnlich wie das bei der Ökosteuer einst gedacht war – auf die planmäßige Verschärfung von Grenzwerten, um die Energieeffizienz von PCs und Servern kontinuierlich zu steigern. Die Initiative haben Google und Intel ins Leben gerufen, aber neben Umweltschutzorganisationen wie dem World Wildlife Fund und dem Energy Star der US-Umweltbehörde EPA sowie einigen Energieversorgern machen vor allem Computerhersteller mit; auch Intel-Konkurrent AMD sowie Microsoft, eBay und einige Linux-Distributoren haben sich mit ins Boot gesetzt.

Die Strategie der Climate Savers Computing Initiative ist simpel: Ausgehend von der Feststellung, dass heutige Desktop-PC-Netzteile typischerweise lediglich 70 Prozent der aus dem Stromnetz entnommenen Leistung an die Niederspannungsseite weiterreichen und dort bei weiteren Wandlungsschritten noch einmal fast 30 Prozent Energie nutzlos als Wärme verloren gehen (bei Servern sieht es meistens etwas besser aus), fordert die Initiative effizientere Wandlertechnik. Im ersten Schritt, nämlich ab Juli 2007, lautet die Vorgabe für Desktop-Rechner: Energy Star 4.0 und 80-Plus-Netzteile. Ab Juli 2008 (die Verschärfungen erfolgen jeweils zur Jahresmitte) sollen dann Netzteile mit mindestens 82 Prozent Effizienz und 85 Prozent bei 50 Prozent Last kommen. 2009 lautet die Vorgabe 85 Prozent in den ungünstigeren Belastungsfällen 20 Prozent und Volllast sowie 88 Prozent bei halber Last, 2010 sollen dann 90/87 Prozent erreicht werden. Bei den Servern sind die Effizienzvorgaben jeweils um 2 bis 5 Prozentpunkte höher angesetzt.

Programme wie Energy Star 4.0 entfalten ihre Wirkung vor allem dadurch, dass große Firmen und öffentliche Institutionen die Grenzwerte in ihre Ausschreibungstexte übernehmen; noch immer stellen gewerblich genutzte Computer den größeren Stückzahlanteil am weltweiten PC-Markt (wobei der Heimrechnermarkt allerdings schneller wächst). Vor allem die großen PC-Hersteller sehen sich deshalb gezwungen, die ab 20. Juli deutlich verschärften Energy-Star-4.0-Vorgaben einzuhalten; Dell und HP sowie Fujitsu Siemens haben bereits konforme Geräte im Lieferprogramm. AMD hat bereits vor einem Jahr eine Baureihe besonders sparsamer Prozessoren gestartet, Intel zog mit der Core-Mikroarchitektur nach. Auch bei grafikfähigen Mainboard-Chipsätzen für Bürocomputer und Grafikkarten der unteren Performance-Klasse ist vergleichsweise sparsamer Betrieb mittlerweile ein breiter diskutiertes Argument. Nicht zu unterschätzen ist auch die werksseitige Vorkonfiguration der Energieverwaltung des Betriebssystems auf möglichst sparsamen Betrieb, weil damit viele Laien überfordert sind und komplizierte Spezifikationen wie ACPI sowie zahlreiche Bugs und Inkompatibilitäten die Nutzung an sich vorhandener Stromsparfunktionen noch häufig verhindern.

Ob freiwillige Aktionen wie die Climate Savers Computing Initiative oder der von AMD ins Leben gerufene "Green Grid" weitreichende Wirkung entfalten, muss sich noch zeigen. Viele Käufer entscheiden schlicht nach dem Gerätepreis, wobei Google und Intel in den ersten Jahren mit rund 20 bis 30 US-Dollar Mehrkosten für einen "Klimarettungs"-Computer rechnen – dieser Betrag soll sich zwar alleine schon über eingesparte Stromkosten amortisieren, aber gerade beim Wettbieten auf große Ausschreibungen zählt bei den PC-Herstellern buchstäblich noch der letzte Cent.

Wohl auch deshalb scheut auch die Climate Savers Computing Initiative vor klaren absoluten Grenzwerten für die Volllast-Leistungsaufnahme bestimmter Geräteklassen zurück – immerhin beweisen Notebooks, dass man auch zu vertretbaren Preisen Bürocomputer bauen könnte, die mit deutlich weniger als 20 Watt im Leerlauf und kaum mehr als 30 Watt unter Volllast auskommen – sogar inklusive Display. Energy Star 4.0 lässt bei Desktop-Rechnern 50 Watt im Leerlauf zu und begrenzt die maximale Leistungsaufnahme nicht.

Erik Teetzel, der Technical Program Manager von Google, bezog auch Stellung zum Konzept einer "Single-Rail"-Versorgung der PC-Technik mit beispielsweise 12 Volt. Man habe tatsächlich darüber nachgedacht und die Effizienzvorteile im Vergleich zu den typischen PC-Netzteilen mit mehreren Spannungsschienen analysiert; in einigen Servern kämen heute bereits Single-Rail-Konzepte zum Einsatz. Vor allem bei der Betrachtung der Wandlertechnik für Desktop-Rechner habe sich indes gezeigt, dass wegen der zahlreichen zusätzlichen Wandler auf dem Mainboard und in den einzelnen Komponenten der Umstieg auf eine eingleisige 12-Volt-Versorgung im Allgemeinen keine wesentlichen Vorteile bringen würde. Das schließe spezielle, besonders effiziente Lösungen ja nicht aus – die Climate Savers Computing Initiative ziele aber darauf ab, die Masse der Rechner auf möglichst kostengünstige Weise effizienter zu machen, um den heute noch nötigen Preisaufschlag für sparsame Wandler über die Jahre zu tilgen.

Der Vorstoß der neuen Initiative ist löblich, doch eines der Ziele ist auch, die Mitglieder in ein positives Licht zu rücken. Intel etwa hat sich erst nach anhaltendem Druck zum Trend-Thema Umweltschutz (nicht zufällig macht auch die Kaffee-Kette Starbucks mit) bekehrt: Gerade erst hat der Marktführer mit dem Celeron D ein Musterbeispiel an Effizienzmangel zu Grabe getragen – immerhin scheute sich Intel nicht, die vor allem im Leerlauf verschwenderischen Pentium-4- und Xeon-Prozessoren mit NetBurst-Innenleben hundertmillionenfach zu verkaufen. Außerdem hilft auch der effizienteste Wandler nichts, wenn CPU, Chipsatz und 3D-Grafikkarte weiterhin (zu) viel Energie versimmern – vor 10 Jahren etwa war ein 10-Watt-Prozessor noch kein bejubelter Stromsparer, sondern lag in der Mittel- bis Oberklasse der Leistungsaufnahme. So gesehen muss Intel nun noch viele Jahre lang kräftig beim Sparen helfen, um die Sünden der Vergangenheit zu kompensieren. (ciw)