Aktien-Ärger auch für Apple-Chef noch nicht ausgestanden

Steve Jobs muss trotz freiwilliger Aufklärungsbemühungen Apples weiter Fragen der US-Börsenaufsicht und des Justizministeriums zu dem Aktienoptionsprogramm des Unternehmens beantworten.

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Es ist ein ungewohntes Rollenfach für Steve Jobs. Der Apple-Chef darf diesmal nicht seinen Lieblings-Part geben: Auf der Center Stage der Macworld Expo vor zahllosen ergebenen Jüngern Apples neue Gadgets zeigen, die unser Leben verändern werden. Jobs muss die glamouröse Rolle des Technik-Messias eintauschen gegen die eines Firmenchefs, der fragwürdige Transaktionen seines Unternehmens zu verantworten hat – und der von US-Ermittlungsbehörden genau unter die Lupe genommen wird.

Es geht um rückdatierte Aktienoptionen, einer in der Branche weit verbreiteten Praxis, mit der in Optionen ausgezahlte Boni für Angestellte "wertoptimiert" wurden. So eine Option gibt dem Besitzer das Recht, Aktien zum Tageskurs des Ausgabedatums der Option zu beziehen. Bei Einlösung der Bezugsberechtigungen soll das Ausgabedatum in Nachhinein so festgesetzt worden sein, dass ein im Verhältnis zum aktuellen Papierwert besonders günstiger Preis für die Aktie entstand. Im Klartext: Die Optionen wurden umdatiert, um das Maximum rauszuholen. Das ist nicht illegal, führt aber zu Problemen bei der Bilanzierung und zu Ärger mit der Börsenaufsicht.

Als sich der Optionsskandal im vergangenen Jahr durch die gesamte Branche zu fressen begann, hatte der imagebewusste Konzern – bemüht um Schadensbegrenzung und womöglich auch darum, Jobs aus der Schusslinie zu halten – eine freiwillige Untersuchung angestoßen. Jobs, dessen Festgehalt angeblich nur einen US-Dollar beträgt, soll im Dezember 2001 ein Paket mit 7,5 Millionen Optionen erhalten haben, das auf ein Datum mit einem niedrigeren Kurs im Oktober zurückdatiert worden sein soll. Die Option soll ohne den erforderlichen Aufsichtsratsbeschluss gewährt worden sein. Später seien Aufzeichnungen gefälscht worden, um die korrekte Zustimmung des Gremiums vorzutäuschen.

Apple kam in dem im Dezember vorgelegten Untersuchungsbericht zu dem Schluss, Jobs habe zwar von Umdatierungen gewusst, aber nicht davon profitiert. Der Apple-Chef sei sich über die bilanziellen Folgen nicht im Klaren gewesen und habe die Optionen zurückgegeben. Das ist aber offenbar nur die halbe Wahrheit. Jobs hat nach US-Berichten die Optionen 2003 gegen 5 Millionen Aktien eingetauscht, die etwa den gleichen Wert hatten: 75 Millionen US-Dollar, wie die Washington Post vorrechnet. Apple bleibt trotzdem dabei, dass der Boss nicht profitiert habe, die Aktien seien für drei Jahre gesperrt gewesen. Die Post berichtet weiter, nach Ablauf der Sperre im März 2006 sei das Paket rund 650 Millionen US-Dollar wert gewesen und Jobs habe Aktien für 297 Millionen verkauft.

Auch die Ermittler der US-Aktienaufsicht SEC können sich Apples Argumenten offenbar nicht anschließen. Der Bericht sei unzureichend, hat die Londoner Times aus SEC-Kreisen erfahren. Die Ermittler bemängeln, dass der Bericht keine ausreichende Beschreibung des Optionsprogramms für Apple-Manager liefere. Deshalb musste Jobs in der vergangenen Woche mitsamt Anwälten zum Rapport antreten. Auf der anderen Seite des Tisches saßen SEC-Ermittler und ein Strafverfolger des US-Justizministeriums. Das sei "eine sehr ernste Sache", sagte eine SEC-Quelle der Times. Apple habe noch eine Menge zu erklären, bis die Ermittler auch nur ansatzweise zufrieden seien.

Unterdessen machen auch die Aktionäre Druck. Zahlreiche Anleger wollen unter Führung eines großen Pensionsfonds eine Sammelklage gegen Apple führen. Der Rentenfonds der städtischen Angestellten New Yorks hält etwa eine Million Apple-Aktien und verwaltet die Renten von mehr als 200.000 Angestellten. Zusammen mit anderen Aktionären klagt der institutionelle Anleger auf Ersatz für den Schaden, den die Anteilseigner durch die ihrer Meinung nach illegale Optionspraxis erlitten hätten. Apple hatte die Bilanzen der betroffenen Jahre 1997 bis 2002 wegen der Optionsgeschäfte um insgesamt 84 Millionen US-Dollar korrigieren müssen. (vbr)