Zuzug ausländischer Fachkräfte soll erleichtert werden

Angesichts der Klagen von Wirtschaftsverbänden und auch Gewerkschaften über Fachkräftemangel wollen Wirtschafts- und Forschungsministerium unter anderem Einkommensgrenzen senken.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 451 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) will den Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Deutschland deutlich erleichtern, erklärte sie gegenüber dem Spiegel. Der heutige Mindestverdienst für einwanderungswillige Spezialisten von 85.500 Euro sei viel zu hoch: "Die Grenze muss auf einen Betrag zwischen 40.000 und 60.000 Euro sinken; dann entspricht sie dem Einstiegsgehalt junger Ärzte oder Informatiker."

Schavan will zudem die Einführung eines Punktesystems prüfen. Damit soll das Profil der benötigten Zuwanderer erfasst werden. In dieser Frage müsse auch die Union umdenken: "Bislang lautete die Frage stets: Wie begrenzen wir die Zuwanderung, um unsere Sozialsysteme zu schützen?", sagte sie. "Heute stellt sich aber eine ganz andere Aufgabe: Deutschland muss deutlich machen, dass es an ausländischen Talenten hoch interessiert ist."

Auch das Bundeswirtschaftsministerium von Michael Glos (CSU) möchte das bislang gültige Mindesteinkommen von 85.500 Euro für ausländische Spezialisten halbieren. Damit könnten nicht nur Menschen mit Hochschulstudium bei Bedarf zum Arbeiten nach Deutschland kommen, die hiesige Wirtschaft würde auch interessant für ausländische Facharbeiter und Techniker.

Seit einiger Zeit klagen besonders Wirtschaftsverbände, mittlerweile aber teilweise auch die Gewerkschaften, dass es einen zunehmenden Fachkräftemangel in allen Bereichen der Wirtschaft gebe, der sogar den weiteren Aufschwung zu verhindern drohe. Zuletzt hatte Microsoft und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) eine Studie vorgelegt, nach der Fachkräftemangel die Gründung von mehr Hightech-Startups verhindere. Der Fachkräftemangel blockiere zunehmend das Entstehen neuer Jobs in Deutschland, meinten zudem Anfang des Monats unisono DGB, DIHK und BDA: Der Mangel an Facharbeitern drohe gar den Aufschwung zu bremsen. Und der Bitkom ist bei den Klagen über Fachkräftemangel vorneweg: Es gebe nach wie vor 20.000 offene Stellen in der IT-Branche; 54 Prozent der IT-Unternehmen erklärten, dass der Fachkräftemangel ihre Geschäftstätigkeit beeinträchtige, meinte der IT-Branchenverband bereits im April.

Die Zahlen über den Fachkräftemangel sind aber nicht unumstritten, da sie nur schwer zu belegen sind und es immer noch eine hohe Arbeitslosigkeit auch teilweise unter gut ausgebildeten Menschen in Deutschland gibt. Allerdings ist die Zeit, die es dauert, bis offene Stellen besetzt werden können, in den letzten Monaten gestiegen – nach Ansicht von Arbeitsmarktexperten ein Hinweis auf Fachkräftemangel. Gleichzeitig aber taucht auch die Kritik auf, die Wirtschaft wolle mit dem erleichterten Zuzug ausländischer Fachkräfte ein selbst geschaffenes Problem lösen. Denn es sei von den Firmen zu wenig in die Ausbildung eigener Fachkräfte investiert worden. Zudem hätten sie viele Fachkräfte selbst in die Arbeitslosigkeit geschickt – teilweise, weil sie angeblich zu alt seien – und erwarteten nun möglichst junge ausländische Fachkräfte, die zu niedrigen Löhnen arbeiteten. (jk)