EU-Abgeordnete fürchten um Onlinehandel

Im EU-Parlament trifft ein im Binnenausschuss diskutierter Vorschlag zur Verschärfung der Zollrichtlinie auf Widerstand. Erweiterte Befugnisse des Zolls gegen Piraterie könne den Online-Handel beeinträchtigen.

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Von
  • Monika Ermert

Jürgen Creutzmann (FDP)

Vertreter fast aller Fraktionen im Europäischen Parlament fürchten, dass im Binnenmarktausschuss diskutierte Verschärfungen von Zollmaßnahmen im Kampf gegen Piraterie sich negativ auf den Online-Handel auswirken könnten. Einem von dem deutschen Abgeordneten Jürgen Creutzmann (FDP) vorgelegten Änderungsvorschlag (PDF-Datei) für eine geplante EU-Verordnung zufolge sollen etwa verdächtige Güter in bestimmten Fällen ohne Verfahren vernichtet werden können. Darüber hinaus sollen Unternehmen bei der Beschlagnahmung ihrer Güter nicht mehr angehört werden. Auch eine von der Kommission vorgesehene Ausnahmeregel für Reisegepäck will Creutzmann gestrichen haben, diese sei schon in anderen Richtlinien verankert.

Bei Kleinstsendungen sollen die Absender der Zerstörung verdächtiger Güter weiterhin widersprechen können. Doch das hilft den davon möglicherweise betroffenen Verbrauchern eher wenig, fürchten Kritiker. Man könne kaum erwarten, dass die Post oder Frachtunternehmen sich für die Empfänger ins Zeug legten, warnte der schwedische Abgeordnete Christian Engstroem von der Piratenpartei bei der Aussprache im Ausschuss. Engstroem nannte die verschärften Regelungen "unglaublich verbraucherfeindlich" und einen "Schlag gegen den Online-Handel" in der Gemeinschaft. Creutzmann argumentiert dagegen mit dem "Bürokratieabbau bei den Zollbehörden".

Fahndung auch nach Parallel-Importen und Patentverletzungen

Creutzmann erinnerte an gesundheitliche Schäden, die EU-Bürger durch gefälschte Produkte erlitten haben. Er sagte, auch darum müsste die Zollrichtlinie künftig wesentlich weiter gefasst werden. Auch Parallelimporte und andere Schutzrechte (neben Urheberrechts- und Markenrechtsverletzungen auch Patente) sollten künfitg von den Zollbehörden ins Visier genommen werden.

Viele Abgeordnete lehnen eine solche Erweiterung ab. Die Arbeit der Zollbehörden werde kaum einfacher, wenn sie auch noch Patentverletzungen zu überprüfen hätten. Smartphones oder Computer verletzten oft hunderte von Patenten, warnte Engstroem. Das gehöre praktisch zum Geschäft. Der konservative Abgeordnete Malcolm Harbour mahnte mit Blick auf die Parallel-Importe, es sei der öffentlichen Hand in Zeiten knapper Kassen kaum zuzumuten, auch noch den Import "echter" Produkte zu überprüfen. Parallel-Importe nutzen regionale Preisunterschiede für Originalprodukte aus. Sie sind vielen Rechteinhabern, die unterschiedliche Märkte zu unterschiedlichen Preisen bedienen wollen, ein Dorn im Auge, in vielen Ländern allerdings legal. (jh)