Red Hat Enterprise Virtualization 3 vorgestellt

Die Management-Software in Red Hats umfassend aktualisierter Produktfamilie für Desktop- und Server-Virtualisierung löst sich aus der Windows-Abhängigkeit – ein Stück weit.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Red Hat hat die Version 3 seiner Red Hat Enterprise Virtualization (RHEV) genannten Familie von Virtualisierungssoftware vorgestellt. Hauptprodukt der im Herbst 2009 eingeführten und im Sommer 2010 aktualisierten Produktreihe ist RHEV für Server. Er besteht aus dem Hypervisor RHEV-H und einer Management-Software (RHEV-M), die auch Systeme verwaltet, bei denen statt RHEV Red Hat Enterprise Linux (RHEL) als Host verwendet wird. RHEV für Desktops ist ein "Add-on" für den RHEV-Server, mit dem sich eine Virtual Desktop Infrastructure (VDI) aufsetzen lässt –hier läuft das Desktop-Betriebssystem als Gast auf einem Server und die Nutzer schalten sich von (Thin-)Clients auf diese entfernt laufenden Systeme.

Wie bisher nutzt der nur einige hundert Megabyte große RHEV-Hypervisor zur Virtualisierung KVM (Kernel-based Virtual Machine) und setzt viele Kernkomponenten von RHEL ein, die im neuen RHEV 3 aus der aktuellen RHEL-Version 6.2 stammen und nicht mehr wie beim Vorgänger von RHEL 5. Dadurch bringt der neue RHEV-H viele Verbesserungen, die RHEL 6 schon länger bietet: Gastsysteme können nun bis zu 64 virtuelle CPU-Kerne und bis zu 2 TByte Arbeitsspeicher nutzen. Techniken wie vhost-net, Transparent huge pages (THP), x2apic und KSM (Kernel Shared Memory) sollen die Performance verbessern und die Effizienz steigern.

Die Management-Server-Software soll um über tausend neue Funktionen erweitert worden sein. RHEV-M wurde von C# auf Java portiert; damit läuft die Software jetzt auf RHEL 6 mit JBoss Enterprise Application Platform, statt wie in der Vorversion einen Micosoft Windows Server zu benötigen. Ganz los ist Red Hat die mit dem Kauf von Qumranet ins Haus geholte Abhängigkeit von Windows allerdings noch nicht: Die "Administrator Console", das Webfrontend von RHEV-M, lässt sich nur von einem Windows-Rechner mit Internet Explorer 7 und .NET Framework 4 bedienen. Dieses Manko will Red Hat mit der nächsten RHEV-Version beseitigen. [Update, 20110120-1045] Der Internet-Explorer darf auch neuer als die Version 7 sein. Das Plattform-unabhängige Web-Interface, das die Administrator Console in Zukunft ersetzen soll, liegt als Technology Preview bei, bietet aber noch keinen vergleichbaren Funktionsumfang. [/Update]

Zur Kommunikation zwischen Client und virtualisiertem Desktop-Betriebssystem setzt RHEV wie bisher auf das von Qumranet entwickelte Spice. Das will Red Hat an einigen Stellen verbessert haben; so sollen Anwender nun nahezu beliebige USB-1.1/2.0-Geräte an den Clients betreiben können, die Spice an das entfernt virtualisiert laufende Desktop-Betriebssystem weitergibt. Auch Ressourcen-hungrige Anwendungen sollen sich jetzt virtualisiert betreiben lassen.

Die verschiedenen RHEV-Produkte basieren laut Red Hat auf Open-Source-Software. Die mit Qumranet eingekaufte Management-Software und eine Reihe andere RHEV-spezifischer Bausteine hat Red Hat vergangenen Herbst dem oVirt-Projekt übergeben, wo das Unternehmen sie seitdem mit Firmen wie Canonical, Cisco, IBM, Intel, NetApp und Suse weiterentwickelt. Einige Hintergründe zu den Komponenten von oVirt finden sich über einen Blog-Eintrag des Projekts.

Genau wie RHEL vertreibt Red Hat RHEV in einem Abonnentenmodell. Der jährliche Preis richtet sich beim Server-Produkt nach der Zahl der Prozessor-Sockel in den Wirtssystemen und dem Support-Modell. Laut Red Hat soll das einfacher und günstiger sei als die Lizenzierung vergleichbarer Produkte. Dabei schießt Red Hat vor allem in die Richtung von Virtualiserungs-Spezialist und -Schwergewicht VMware.

Datenblätter und PDF-Dokumente mit Informationen zu Funktionsumfang und Preisen sammelt Red Hat auf einer eigenen Website. Auf der eigenen Dokumentations-Homepage hält Red Hat einen Quick Start Guide, einen Evalualation Guide, einen Technical Reference Guide und eine Handvoll weiterer Dokumente mit eher technischen gehaltenen Informationen zu RHEV bereit. Interessierte können eine 60-Tage-Testversion von RHEV über die RHEV-Webseiten anfordern. Zur Vorstellung von RHEV 3.0 hat Red Hat eine virtuelle Konferenz abgehalten; einige der fast zwei Dutzend Vorträge sind nach einer Registrierung auch jetzt noch abrufbar.

Parallel zur Verstellung von RHEV 3.0 hat Red Hat den "Red Hat Market Place" gestartet. Software-Hersteller stellen auf diesem Marktplatz Informationen und Testversionen ihrer auf RHEV abgestimmten Produkte vor. Dort findet sich etwa die "Acronis Backup & Recovery Virtual Edition", der "Stratusphere Server FIT with Host Designer for RHEV" oder die "VKernel vOperations Suite". Das Siegel "Red Hat Enterprise Virtualization-certified" kennzeichnet Anwendungen, die einen Zertifizierungsprozess durchlaufen haben und sich über spezielle Programmierschnittstellen bei RHEV einklinken. Red Hat kündigte zudem an, mit Wyse zusammenzuarbeiten, um Spice-Client-Software in Linux- und Windows-basierte Produkte des Thin-Client-Spezialisten zu integrieren. (thl)