AMD: Was plant der neue Chef?

Rund fünf Monate nach seinem Amtsantritt will Rory Read heute verkünden, wie er AMD wieder auf die Erfolgsspur bringen will.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 98 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Eine Fülle von Fragen haben sich bei Partnern, Kunden und Investoren der Firma AMD aufgetürmt. Seit dem Amtsantritt des ehemaligen Lenovo-Managers Rory Read Ende August 2011 hat es dermaßen viele Veränderungen gegeben, dass die Zukunft mehrerer Produktlinien völlig offen scheint. Der neue Chef hat rund 1400 Mitarbeiter entlassen, darunter Entscheidungsträger und Ansprechpartner für Journalisten in mehreren Ländern. Der Informationsfluss stockt, während Read die Führungsriege neu aufgestellt und sein Unternehmen neu gegliedert hat.

Am Donnerstagabend gegen 18.00 Uhr hiesiger Zeit will Rory Read auf dem Financial Analyst Day die neue Marschrichtung verkünden. Die Branche wartet auf konkrete Roadmaps: Nach Andeutungen des Interims-CEO Thomas Seiffert war eigentlich eine 17-Watt-Version des Trinity-Prozessors schon zu Anfang des laufenden Jahres erwartet worden, um gegen Intels Ultrabook-Pläne zu punkten. Rory Read wiederum hat die von TSMC gefertigten Bobcat-Prozessoren, also C-50/60 (Ontario) und E-350/450 (Zacate) für die Brazos-Plattform als die erfolgreichste AMD-Plattform aller Zeiten gelobt; gleichzeitig wurde jedoch über Schwierigkeiten bei deren bereits Ende 2010 für 2012 versprochenen 28-nm-Nachfolgern Krishna und Wichita spekuliert. Auch von Brazos 2.0 mit USB 3.0 war die Rede und es ist fraglich, ob AMD nach wie vor mit Desna und Hondo auf Tablets zielt.

Schließlich ist völlig offen, wie es mit der Fassung AM3+ weitergeht. Die technisch wenig überzeugenden FX-Prozessoren mit Bulldozer-Kernen der ersten Orochi-Generation verkaufen sich wohl besser als zunächst erwartet, doch über ihre Nachfolger mit verbesserter Piledriver-Technik weiß man nichts. Die einst angekündigten Komodo-Chips, die wohl nicht auf die aktuellen AM3+-Boards passen sollten, scheinen gestrichen worden zu sein. AMD muss sich entscheiden, ob AM3+ weiterlebt oder ob, wie es Intel mit LGA1155 vollzogen hat, die schwächeren Serie-A-Prozessoren und die High-End-Multicores auf einheitliche Mainboards mit einer neuen Fassung passen werden – was anscheinend noch Ende 2010 so geplant war.

Wichtiger als die Desktop-PC-Pläne sind für AMD aber Erfolge bei Notebooks, die mit der Serie A wohl durchaus eingetreten sind. Doch Rory Read hat anlässlich der Vorstellung wenig eindrucksvoller Quartalszahlen kürzlich abermals den Zulieferer Globalfoundries kritisiert – also die ehemalige Fertigungssparte von AMD. Mehrfach bestätigte er, dass die Ausbeute der am Standort Dresden gefertigten Llano-Prozessoren weiterhin verbesserungswürdig sei. Außerdem hat er im vergangenen Quartal den Wert der verbliebenen AMD-Anteile an Globalfoundries nach unten korrigiert.

Im vorletzten Quartal hatte AMD beklagt, weniger verdient zu haben, als möglich gewesen wäre, weil Globalfoundries die Llano-Fertigung nicht im Griff hat. Für Außenstehende ist das schwer zu verstehen, weil die FX-Prozessoren (Zambezi) aus derselben 32-nm-Fertigung stammen wie die Llanos. Deshalb ist unklar, ob die Fertigungsschwierigkeiten nur mit der Produktionstechnik zu tun haben oder auch mit dem Design der Schaltung – schließlich besitzt der Llano eine GPU, die dem FX fehlt. Die Llano-GPU ist einer von wenigen Grafikprozessoren oder sogar der einzige, der auf Silicon-on-Insulator-(SOI-)Wafern produziert wird.

Es gibt bereits Gerüchte, wonach sich AMD komplett von Globalfoundries lösen möchte, zumal TSMC anscheinend auch bei der 28-nm-Fertigung weniger Scherereien macht. Das wäre möglicherweise ein Problem für den Globalfoundries-Standort Dresden, denn andere Kunden für dessen 32-nm-Fertigungstechnik auf SOI-Wafern sind zumindest nicht öffentlich bekannt. Zu allem Überfluss hakt es auch bei der Fertigung von 45-nm-Chips in Dresden, von denen AMD noch sehr viele verkauft – vielleicht gerade wegen der parallel laufenden 32-nm-Produktion.

Immer wieder fragen Analysten und Journalisten zudem, ob AMD nicht doch vielleicht (auch) Prozessoren mit ARM- statt x86-Kernen plant; bisher gab es darauf keine klare Antwort. Es wird also spannend, was der neue AMD-CEO heute abend verrät. Während der Vorstellung der letzten Quartalszahlen betonte Rory Read jedenfalls, man wolle das Vertrauen der AMD-Kunden durch zuverlässige und pünktliche Produktlieferungen (Execution) stärken. (ciw)