Wirtschaftverbände schlagen geräteunabhängige Fernsehgebühr vor [Update]

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und der Zentralverband des Deutschen Handwerks fordern angesichts der geplanten GEZ-Abgaben für Internet-PCs einen Systemwechsel bei den Radio- und Fernsehgebühren.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nachdem sich dieser Tage diverse regionale Industrie- und Handelskammern gegen die Einführung von Rundfunkgebühren für internetfähige PCs ausgesprochen haben, meldet sich nun erneut der Dachverband, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zu Wort. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) äußert der DIHK scharfe Kritik an den Plänen. Die Wirtschaftsverbände fordern Korrekturen am neuen Staatsvertrag, den die Ministerpräsidenten der Länder Ende 2004 verabschiedet hatten. "Die ab Januar 2007 geltende Gebührenpflicht für internetfähige Rechner muss ausgesetzt werden", sagte DIHK- Bereichsleiter August Ortmeyer laut dpa. Mittelfristig sei ein Systemwechsel notwendig.

Computer seien in den Unternehmen ein unverzichtbares Arbeitsmittel. Nach den Ergebnissen einer Studie , bei der von den Industrie- und Handelskammern im Juni fast 20.000 Unternehmen befragt wurden, würden Rechner allerdings nicht zum Rundfunkempfang benutzt. "Mit der neuen Regelung entstehen für viele Unternehmen Mehrfachbelastungen. Besonders betroffen sind kleinere Unternehmen und Selbstständige. Sie zahlen künftig gleich dreifach: als Private, für den Geschäftswagen und für den Rechner im Büro", sagte Ortmeyer. Da niemand mehrere Geräte gleichzeitig nutzen könne, gebe es keinen Grund, Unternehmer doppelt zur Kasse zu bitten. DIHK und ZDH betonten gleichzeitig, dass sie mit ihrer Kritik an dem derzeitigen Gebührenansatz keineswegs den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Frage stellen wollen. Vielmehr gehe es darum, die Belastungen für Unternehmen und die absurden Konsequenzen deutlich zu machen und an Lösungsvorschlägen konstruktiv mitzuwirken.

Mittelfristig schlagen die Wirtschaftsverbände eine Umstellung auf eine geräteunabhängige Gebühr vor. Ähnliche Forderungen hatte bereits der IT-Branchenverband Bitkom im vergangenen Jahr erhoben: Statt einer Geräteabgabe sollten Haushalte und Betriebe eine niedrige, pauschale Gebühr zahlen. Damit würde jeder Haushalt und jeder Betrieb pauschal seinen Beitrag zur Rundfunkfinanzierung leisten. Teilweise war aus der Unionsfraktion für diesen Vorschlag damals Unterstützung zu vernehmen. So unterstützte die Internetbeauftragte der CDU/CSU, Martina Krogmann, die Kritik des Bitkom; und die Junge Union Hessen begrüßte den Vorstoß des Verbands: Eine Gebühr für alle Haushalte und Unternehmen sei gesamtwirtschaftlich gerecht und viel günstiger in der Abwicklung als das derzeitige System. Neben dem Meldeverfahren könne auch das Netz der "GEZ-Fahnder" komplett eingespart werden. Auch die FDP in Nordrhein-Westfalen hatte bereits 2001 vergleichbare Pläne vorgestellt; die Grünen hatten zuletzt Anfang dieses Jahres eine allgemeine Mediengebühr statt einer gerätegebundenen Rundfunkgebühr propagiert.

[Update]:
Auch für den Einzelhandel forderten inzwischen sein Hauptverband (HDE) und sein Bundesverband Technik (BVT) die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf, die Einführung der Gebühr zu stoppen. Die Forderung richteten sie besonders an den rheinland-pfälzischen Regierungschef Kurt Beck (SPD) als Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder.

Becks Staatskanzlei wies das Ansinnen als "nicht gerechtfertigt" zurück. Die neue Regelung trete schließlich nur dann in Kraft, wenn es weder ein Fernsehgerät noch ein Radio in dem Betrieb gebe, sagte Staatskanzleichef Martin Stadelmaier am Mittwoch der dpa. Ein Unternehmen müsse dann an einer Betriebsstätte auch jeweils nur ein Gerät anmelden. «Dies ist absolut zumutbar.» Schließlich würden rund 90 Prozent der gesamten GEZ-Gebühren von Privathaushalten aufgebracht.

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