Defekte Elektrolyt-Kondensatoren auch in Dell-Optiplex-PCs

Ein altbekanntes Schaltungstechnik-Problem trifft nun auch Dell und ist mit ein Grund für eine Senkung der Geschäftsprognosen: Defekte Elektrolyt-Kondensatoren legen einige ältere Optiplex-Rechner lahm.

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In den letzten Jahren sind bei zahlreichen PC-Mainboard-Typen gehäufte Ausfälle wegen defekter Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren (kurz Elkos) aufgetreten. Das hat in den USA schon zu mehreren Sammelklagen geführt, die erfolgreich in Vergleichen endeten. Nun ist auch der weltgrößte PC-Hersteller Dell betroffen und gibt dies als einen der Gründe an, seine Prognosen für das dritte Quartal zu reduzieren: Bei einigen älteren Modellen aus der Optiplex-Baureihe für den professionellen Büro-Einsatz (GX270, SX270) laufen die Elkos aus. Als Folge davon treten Abstürze, Boot-Schwierigkeiten oder Totalsausfälle auf.

Laut Support-Forum der US-amerikanischen Dell-Webseite sollen nur solche Geräte betroffen sein, die vor März 2004 ausgeliefert wurden. Eine Dell-Sprecherin erklärte US-Medien, dass nur ein kleiner Teil der ausgelieferten Computer betroffen sei und man deshalb keine Rückruf-Aktion plane.

Der Ausfall von Elkos betrifft nicht nur PC-Mainboards; vielmehr handelt es sich um ein seit Jahrzehnten bekanntes Problem der Elektronik. Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren kommen in vielen elektronischen Schaltungen zum Einsatz, vor allem auch in Spannungswandlern: Als Energiespeicher glätten und puffern sie die Ausgangsspannung, damit die angeschlossenen Komponenten auch bei stark wechselnder Stromstärke stets eine stabile und präzise geregelte Spannung erhalten. Auf modernen PC-Mainboards findet sich mehr als ein Dutzend Spannungswandler, weitere stecken im Netzteil und vielen Komponenten. In Computern am stärksten belastet ist typischerweise der Spannungswandler für den Hauptprozessor, der bei sehr geringen Spannungen (unter 1,5 Volt) Ströme von mehr als 100 Ampere liefern muss. Gleichzeitig verlangen aktuelle x86-Prozessoren auch bei extrem schnellen Lastwechseln hohe Regelungs-Präzision, die Spannung muss auf wenige hundertstel Volt genau stehen. Unter solchen Bedingungen müssen die Spannungswandler (Voltage Regulator Module, VRM) sehr genau dimensioniert und aus Bauelementen hoher Qualität aufgebaut werden: Als Elkos eignen sich nur spezielle Modelle mit sehr geringem Innenwiderstand (Low ESR: Equivalent Series Resistance).

Die Lebensdauer aller Aluminium-Elektrolyt-Kondensatoren ist begrenzt; für Prozessor-Kernspannungswandler verwendet man typischerweise Low-ESR-Typen, die bei 105 Grad Celsius Temperatur und unter voller zulässiger Spannungs- und Rippelstrombelastung statistisch 4000 oder 8000 Stunden überleben. Man dimensioniert diese Elkos, die Schaltung und die Systemkühlung aber selbstverständlich so, dass Strombelastung und Temperatur in niedrigeren Bereichen liegen: Dann halten die Elkos auch mehr als zehn oder fünfzehn Jahre durch. Die Lebensdauer-Erwartung lässt sich mit komplizierten Formeln berechnen, die je nach Hersteller und Kondensator-Typ variieren. Grundsätzlich gilt, dass kontinuierlicher Betrieb des Rechners bei hohen Innentemperaturen oder unter hoher CPU-Last (Server, Distributed Computing, Prozessoren mit hoher Ruheleistung) die Lebenserwartung der Elkos verkürzen. Wegen der schnellen Lastwechsel moderner Prozessoren müssen die Elkos dummerweise auch noch nahe am heißen Prozessor angeordnet sein, sodass sie wenigstens im Luftstrom des Ventilators auf dem CPU-Kühler stehen sollten.

Elkos "sterben" für gewöhnlich daran, dass ihre flüssige Elektrolyt-Füllung langsam verdampft (durch die Gummidichtung hindurch); als Folge davon sinkt die Kapazität. Hohe Temperaturen im Elko beschleunigen diesen Vorgang; bei extremen Belastungen erfolgt der Ausfall spektakulär, schlimmstenfalls mit einem Knall und Rauchentwicklung. Der leitfähige und ätzende Elektrolyt kann beim Auslaufen weitere Schäden verursachen. Aber auch äußerlich völlig intakte Elkos können durch allmähliche Austrocknung längst defekt sein.

Gehäufte Ausfälle von Elkos können zahlreiche Ursachen haben. Die Mainboard-Firmen, deren Produkte aus den Jahren 2000 und 2001 häufiger ausfielen, machten vor allem Qualitätsmängel der Kondensatoren selbst verantwortlich. Es gibt aber auch Mainboards, bei denen Ausfälle hochwertiger Kondensatoren auftraten – dann sind wohl eher Fehler in der Schaltung oder beim Board-Layout (Wärme-Eintrag durch benachbarte Komponenten) verantwortlich. Aber auch mangelhafte Kühlung (lüfterlose Rechner, Notebooks), Überspannungen (Blitzschlag) oder zu hohe Strombelastung (höhere CPU-Kernspannung zwecks Übertakten) können auf Dauer die Elkos schädigen.

Unter Verweis auf die zahlreichen möglichen Ausfall-Ursachen lehnen einige Hersteller Reklamationen ab, zumindest wenn diese nach der Gewährleistungs- und Garantiefrist eintreffen. Im Einzelfall lässt sich der konkrete Grund für den Ausfall von Elektrolytkondensatoren auf PC-Mainboards nur durch eine Experten-Analyse nachweisen. Von typischen PC-Komponenten sind außer Mainboards auch Netzteile und Grafikkarten häufiger betroffen. Allein zu Mainboards erreichten die c't-Redaktion seit einem Artikel im Jahre 2003 etwa 200 Leser-Zuschriften.

Siehe dazu auch: (ciw)