Informationssystem Schengen II verzögert sich

Das umfangreiche Datenbanksystem und das Visa-Informationssystem sollten ursprünglich im Juni 2007 an den Start gehen. Kern ist die Weiterentwicklung der drei zentralen europäischen Datenbanken im Bereich der computergestützten Grenzkontrollen.

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Von
  • Detlef Borchers

Das Schengener Informationssystem II (SIS II) verzögert sich. Dies wurde am Rande des EU-Minister-Treffens für Justiz und Inneres in Brüssel bekannt. Das umfangreiche Datenbanksystem SIS II und das komplementäre Visa-Informationssystem VIS sollten ursprünglich im Juni 2007 an den Start gehen. Nun wurde bekannt, dass auch die zusätzlich eingeräumten 17 Wochen nicht ausreichen werden, das System zu starten. "Das Projekt befindet sich in einer Phase des Stotterns, wir müssen alles tun, damit es nicht zum Stillstand kommt", erklärte der bayrische Innenminister Beckstein in Brüssel. In jedem Fall sei das Ziel, die neuen EU-Staaten noch im Jahre 2007 in das SIS aufzunehmen, nicht mehr realistisch. Nun müsse geklärt werden, wie die Arbeiten an SIS II beschleunigt werden könnten oder ob SIS II "etappenweise" in Betrieb genommen werden könne.

Als Gründe für die Verzögerungen wurden in Brüssel technische und juristische Probleme genannt. Zu den technischen Problemen gehört offenbar, dass der von Steria Mummert Consulting und HP Belgien begonnene und nun von Unisys und Microsoft unterstützte Aufbau des SIS-II-Datenbanksystems in Straßburg noch nicht abgeschlossen ist. Dieses Datenbanksystem soll alle (Ein-)Reisedaten der EU-Staaten speichern. Zu den juristischen Problemen gehört der Widerstand verschiedener europäischer Datenschützer, die SIS II abnehmen müssen. Sie bemängeln, dass sie keine ausreichenden Informationen bekommen haben, wie der Datenbestand zu Fahndungszwecken genutzt wird. Ungeklärt ist beispielsweise, wie Fahnder Zugriff auf biometrische Daten haben, die mit den neuen elektronischen Reisepässen anfallen.

Die Verzögerung beim Aufbau von SIS II wirkt sich zunächst nur an den Grenzen zu den neuen EU-Ländern aus, wo 2007 nach wie vor der Pass vorgelegt werden muss. Langfristig gibt es Auswirkungen, etwa bei der Planung zur Fußball-Europameisterschaft 2008, weil die Schweiz zu den Ländern gehört, die sich 2007 an SIS II anschließen wollten. Ähnlich wie in Deutschland zur WM wollten dann Österreich und die Schweiz vorübergehend das Schengen-Abkommen aufheben und wieder eigene Grenzkontrollen einführen und dafür die SIS-II-Bestände nutzen. In Brüssel warnte der Schweizer EU-Botschafter Bernhard Marfurt vor Umsetzungsplänen, SIS II in Etappen freizuschalten. Das System gerate in Gefahr, technisch zu veralten. "SIS II muss vor allem mit der technischen Entwicklung Schritt halten", erklärte Marfurt vor der Presse.

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(Detlef Borchers) / (jk)