Bakterien gegen den Klimawandel

US-Forscher wollen CO2 mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen unter der Erde binden.

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US-Forscher wollen CO2 mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen unter der Erde binden.

Die Idee, klimaschädliche Gase wie CO2 in unterirdische Lager zu pumpen, ist nicht neu, aber umstritten: Bei der sogenannten Sequestrierung besteht die Gefahr, dass es zu Leckagen kommt. "Wenn man CO2 in großen Massen unter hohem Druck in der Erde verpresst, können zwei ganz kritische Punkte auftreten", sagte Professor Rolf Kreibich, Direktor des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, bereits vor anderthalb Jahren in einem Technology-Review-Streitgespräch. "Das eine wäre eine Spontanexplosion. Dabei würde sehr viel CO2 in kürzester Zeit austreten und sich bodennah sammeln, weil es schwerer ist als Luft. Menschen können sich nicht in einer konzentrierten CO2-Atmosphäre aufhalten, da sterben sie nach kurzer Zeit." Zudem könne die Speicherung nur sinnvoll sein, wenn die Speicher wirkliche einige 1000 Jahre halten. "Aber CO2 ist ein chemisch gesehen sehr aggressives, saures Gas. Wir wissen gar nicht, welche chemischen Prozesse sich damit in diesen Tiefen mittel- und langfristig abspielen."

Sequestrierungsanlage: Nach wie vor bleibt die Technik umstritten.

(Bild: Vattenfall)

Forscher am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien haben in Reaktion auf solche Kritik nun eine Idee entwickelt, wie sich CO2 auch in Lagerstätten aus porösem, salzwasserhaltigem Gestein sicher speichern lassen soll – in dem aus dem Gas ein Feststoff wird. Erst nach vielen Tausend Jahren kristallisiert in Salzgestein normalerweise das CO2 in Kombination mit Metall-Ionen zu Calciumcarbonat und anderen mineralischen Carbonaten und wird damit unschädlich. Doch dieser Prozess lässt sich beschleunigen: Die Biochemikerin Jenny Cappuccio will die Verfestigung mit Hilfe genetisch veränderter Bakterien optimieren. Das Team hat bereits mehrfach nachgewiesen, dass sich Calciumcarbonat im Vergleich zu sterilen Umgebungen schneller bildet, wenn eine Mischung häufig vorkommender Mikroorganismen präsent ist. Dabei bilden sich Kristalle aus weißem Calcit statt der üblicherweise vorkommenden, amorphen schwarzen Klümpchen. Offenbar verstärkt die Oberfläche der Bakterien die Bindung zwischen CO2 und Calcium-Ionen.

Calciumcarbonat in steriler Umgebung: Amorph und schwarz.

(Bild: Jenny Cappuccio/Lawrence Berkeley National Laboratory)

Um diesen Effekt auszunutzen, veränderten Cappuccio und ihre Kollegen das Bakterium Caulobacter vibrioides so, dass die Oberfläche Calcium-Ionen anzieht – über neu hinzugefügte Aminosäuren, die negativ geladen sind. Unter Laborbedingungen in einer Calciumchlorid-Lösung zeigte sich, dass das Prinzip funktioniert: Die Kristallisation wurde beschleunigt. Der Effekt trat sogar ein, wenn die Bakterien nicht wuchsen oder sich vermehrten – es reichte ihre Anwesenheit.

Noch ist allerdings unklar, ob das Verfahren auch unter großem Druck und großer Hitze funktioniert, die unter der Erde in entsprechenden Lagerstätten herrschen. Dazu verändern die Forscher zunächst die Bedingungen, unter denen der Prozess im Labor abläuft: Temperatur und Druckverhältnisse werden erhöht, gleichzeitig der pH-Wert der Lösung abgesenkt.

Bakterien sorgen dafür, dass sich Kristalle aus Calcit bilden.

(Bild: Jenny Cappuccio/Lawrence Berkeley National Laboratory)

Vermutlich muss zudem für die praktische Nutzung ein Bakterium gefunden werden, das sich in dieser Umgebung wirklich wohlfühlt – C. vibrioides ist dafür in seiner Eignung beschränkt. Cappuccio und Kollegen suchen derzeit deshalb parallel nach Mikroorganismen, die schon natürlich in den für die CO2-Speicherung attraktiven Erdschichten leben, um sie dann gentechnisch so zu optimieren, dass sie die Calciumcarbonat-Bildung beschleunigen. Ob sich Umweltgefahren durch die manipulierten Bakterien ergeben könnten, muss ebenfalls noch genau überprüft werden.

Robin Gerlach, Bioingenieur an der Montana State University in Bozeman, bewertete Cappuccios Arbeit gegenüber der Zeitschrift "Science" positiv. Die Studie sei "sehr fundamental". Neben der CO2-Verpressung glaubt er auch an andere, breite Anwendungsmöglichkeiten von der Stabilisierung von Erdflächen in Flutgebieten über die Isolierung von radioaktiven Isotopen bis hin zur Altersbestimmung von Fossilien über die Carbonatmineralisation. (bsc)