US-Berufungsgericht weist Klage gegen NSA-Bespitzelungen zurück

Richter in Cincinnati haben die Beschwerde der US-Bürgerrechtsorganisation ACLU gegen die Abhörmaßnahmen der National Security Agency wegen mangelnder persönlicher Betroffenheit zurückgewiesen

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Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU (American Civil Liberties Union) hat in ihrem juristischen Kampf gegen umstrittene Abhörmaßnahmen der National Security Agency (NSA) eine Niederlage erlitten. Ein US-Berufungsgericht, der 6th Circuit Court of Appeals in Cincinnati, hat die im Namen vieler Einzelbürger eingereichte Beschwerde der zivilgesellschaftlichen Institution gegen die Bespitzelung von US-Bürgern durch ein Anti-Terror-Programm der US-Regierung am gestrigen Freitag zurückgewiesen und die anders lautende Entscheidung einer niederen Instanz aus formellen Gründen kassiert.

Vor knapp einem Jahr hatte ein Gericht in Detroit die von US-Präsident George W. Bush ohne richterlichen Beschluss angeordneten Beschnüffelungsaktionen für verfassungswidrig erklärt. Die Überwachung von Telefongesprächen ohne richterliche Genehmigung verstoße gegen das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf freie Rede, hatte die damals zuständige Bundesrichterin Anna Diggs Taylor befunden. Das Berufungsgericht beschäftigte sich nun gar nicht mit den inhaltlichen Gründen der ersten Entscheidung. Vielmehr fand es nicht ausreichend dargelegt, dass die unter dem Dach der ACLU vereinten Kläger in Form von Journalisten, Forschern, Anwälten und amerikanischen Muslimen "persönlich" von den Überwachungsmaßnahmen betroffen gewesen seien.

Wie die besorgten Bürger angesichts des Verschwiegenheitsprivilegs der US-Regierung in Sicherheitsfragen einen solchen konkreten Nachweis hätten erbringen sollen, ließ das Berufungsgericht offen. Da entsprechende Belege nicht erbracht werden könnten, sei die Klage abzuweisen, hielt eine der von US-Präsident Ronald Reagan ernannten Richterinnen fest. Der Fall geht nun zunächst zurück an die erste Instanz ­ allerdings mit dem klaren Hinweis, die Sache einzustellen. Die Entscheidung erfolgte nicht einstimmig. Der von US-Präsident Bill Clinton ernannte Richter Ronald Lee Gilman stellte sich hinter den Beschluss der Bundesrichterin Taylor.

Das US-Justizministerin begrüßte rasch, dass Klagenden in diesem Fall die Aufdeckung "sensitiver Details über das geheime und wichtige Terroristen-Überwachungsprogramm" verwehrt bleibe. Der Justiziar der ACLU, Steven Shapiro, bedauerte dagegen, dass die Bush-Regierung vorerst mit ihren Bespitzelungen unter Verletzung des geltenden Rechts fortfahren könne. Er betonte aber, dass das Gericht über die Rechtmäßigkeit der Überwachungsaktivitäten selbst nicht entschieden habe und die Auseinandersetzung daher weitergehe.

Günstiger im Sinne der Bürgerrechtler könnten die Zeichen dagegen derzeit in einem weiteren Verfahren gegen die US-Regierung und den Telekommunikationskonzern AT&T unter der Führung der Electronic Frontier Foundation (EFF) stehen. Der 9th Circuit Court of Appeals hat die Berufung der beiden Beklagten gegen ein Urteil des Richters Vaughn Walker von einem kalifornischen Bezirksgericht zwar zugelassen. Dieser hatte einen Antrag von AT&T und der US-Regierung auf Abweisung der Klage wegen der möglichen Offenbarung von Staatsgeheimnissen abgelehnt. Für die weitere, für August angesetzte Verhandlung des Falls am kalifornischen Berufungsgericht erwartet die EFF aber keine Auswirkungen durch den Beschluss aus Cincinnati. (Stefan Krempl) (je)