US-Senatoren legen Gesetzesentwurf zur Patentreform vor

Nach einem Vorstoß im US-Repräsentantenhaus gibt es nun auch im US-Senat konkrete Bestrebungen zur Umgestaltung des Patentsystems, mit denen vor allem Entschädigungskosten bei Streitigkeiten reduziert werden sollen.

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Nach einem Vorstoß im US-Repräsentantenhaus gibt es nun auch im US-Senat konkrete Bestrebungen zur Umgestaltung des Patentsystems der Vereinigten Staaten. Der republikanische Senator Orrin Hatch und sein Kollege von den Demokraten, Patrick Leahy, haben dazu gemeinsam Ende vergangener Woche kurz vor der parlamentarischen Sommerpause den Patent Reform Act of 2006 vorgelegt. Das 45-seitige Papier orientiert sich teilweise an dem umstrittenen "Vorjahresmodell" aus dem Repräsentantenhaus, insbesondere bei Vorschlägen zur Harmonisierung des US-Patentwesens mit dem von Europa und Japan maßgeblich geprägten internationalen System. Darüber hinaus wollen die beiden Senatoren aber vor allem die Entschädigungskosten bei juristischen Patentstreitigkeiten noch deutlicher reduzieren und so den im US-Kongress viel beschworenen "Patent-Trollen" das Leben schwerer machen.

Für die Erteilung eines gewerblichen Rechtsschutzes soll dem Gesetzesentwurf zufolge künftig der Zeitpunkt entscheidend sein, zu dem ein Antrag beim Patentamt eingeht ("First to File"-Prinzip). Bisher gilt in den USA – im Unterschied zum Großteil der restlichen Welt – die "First to Invent"-Regel. Sie stellt auf den Moment der Erfindung ab. Nachweise auf "Prior Art", also Belege für bereits erfolgte industrielle Entwicklungen, könnten auch mit der Änderung noch für offizielle Eingaben gegen Monopolansprüche genutzt werden. Daraus würde aber kein Recht für die Erteilung eines eigenen Patents erwachsen. Die im Repräsentantenhaus vorgeschlagene neunmonatige Beschwerdefrist gegen frische Patente wollen die zwei Senatoren zudem auf ein Jahr ausdehnen. Sollte von einem Antrag auf ein Monopolrecht "signifikanter wirtschaftlicher Schaden" ausgehen können, soll die Frist noch weiter verlängerbar sein.

Die vorgeschlagenen Regelungen zu Schadenersatzforderungen bei Patentstreitigkeiten sehen vor, dass die Gerichte die Zahlungen allein am ökonomischen Wert der "neuen und nicht offensichtlichen Funktionen" eines verletzten Schutzanspruchs festmachen. Bisher legen Richter hier den Preis eines vollständigen patentgeschützten Produkts als Richtschnur an. Patentverletzer haben demnach mit bis zu dreifachen Schadensersatzforderungen zu rechnen, was auch der Entwurf aus dem Repräsentantenhaus verhindern will.

Technologiefirmen und ihre Verbände setzen sich seit Längerem für entsprechende moderate Reformen ein, bei denen nicht an materiellen Grundsätzen wie dem in den USA möglichen Patentschutz für Software oder Geschäftsmethoden gerüttelt wird. Insbesondere drängen sie auf eine Kappung der Kosten, welche die zunehmende Zahl der gerichtlich ausgefochtenen Patentfehden ihnen beschert. Sie verweisen darauf, dass etwa bei einem Computerprogramm anders als bei einem physischen Produkt hunderte oder tausende Bestandteile von Patenten betroffen sein können und die Schadenersatzforderungen daher neu bemessen werden müssten. Die erst vor kurzem gegründete Lobby-Vereinigung Coalition for Patent Fairness, der Organisationen wie der Unternehmensverband Business Software Alliance (BSA), Apple, HP, Intel, Microsoft oder Time Warner angehören, begrüßte daher rasch den Senatsansatz. Sie erhofft sich von dem Gesetz insbesondere eine Verbesserung der Patentqualität und ein Signal gegen den Missbrauch der Gerichte mit Verfahren rund um Schutzansprüche durch Patent-Trolle.

Die Professional Inventors Alliance USA kritisiert den neuen Vorstoß dagegen mit ähnlichen Argumenten wie den vorherigen "Deformationsentwurf" aus dem Repräsentantenhaus scharf. Laut dem Präsident der Vereinigung unabhängiger Erfinder, Ron Riley, erfüllt der Gesetzesvorschlag die Wünsche "gescheiterter Technologiefirmen" mit allgemeinen Vorbehalten gegenüber dem Patentsystem. Das Gesetz käme allein Konzernen zugute, deren Rechtsabteilungen am laufenden Band Patentanmeldungen generieren. Sie bezeichnet Riley als die eigentlichen "Patent-Piraten", die sich angemessenen Entschädigungsansprüchen der eigentlichen Erfinder zu entziehen suchen würden. Angesichts der heftigen Reaktionen könnte dem neuen Entwurf ein ähnliches Schicksal beschieden sein wie seinem Vorgängermodell, das im Gesetzgebungsverfahren bislang nicht wirklich vorankam.

Zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente unter anderem in Europa und um die die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "Computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (hos)