Neue Regeln für Telemedien in Kraft

Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist das neue Telemediengesetz jetzt gültig. Es schafft erweiterte Impressumspflichten, einen Bußgeldtatbestand für Spammer sowie Auskunftsregelungen zu Bestandsdaten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 122 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.

Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist das umstrittene neue Telemediengesetz (TMG) am heutigen Donnerstag in Kraft getreten. Der Gesetzgeber will mit dem Vorstoß im Rahmen des Elektronischen Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetzes (ElGVG, PDF-Datei) das Medienrecht neu ordnen und entschlacken. Das TMG soll dabei direkt mit dem neuen, ebenfalls von heute an gültigen Rundfunkstaatsvertrag in der Fassung der neunten Änderung der Ländervereinbarung zusammenspielen.

"Durch den Wegfall der komplizierten Abgrenzung von Tele- und Mediendiensten wird der bestehende Rechtsrahmen vereinfacht", warben Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) gemeinsam für die Novelle. Zudem werde ein einheitlicheres Datenschutzkonzept für Rundfunk und Telemedien geschaffen. Die Länder würden mit der Reform ferner erste Schritte für die Vereinfachung der Aufsichtsstrukturen an streben.

Glos ist beim TMG besonders wichtig, "dass die Verbraucher einen verbesserten Schutz vor irreführenden Angaben bei unerwünschter E-Mail-Werbung erhalten." Der neue Bußgeldtatbestand im Telemediengesetz erleichtere auch die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Spam. Mit dem TMG wird die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von bis zu 50.000 Euro möglich, wenn E-Mail-Werber bestimmte Informationspflichten verletzen. Dies ist etwa der Fall, wenn sie ihre Aussendungen nicht als Spam kenntlich machen oder den Absender "verschleiern".

Im Rahmen des gesetzlichen Doppelschlags gelten auch neue Vorgaben für die etwa von Webseitenbetreibern zu leistenden Pflichtangaben, die schwieriger zu durchblicken sind als bisher. So können rein private Sites weiterhin anonym betrieben werden. Für "geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien" müssen Namen, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse bekannt gegeben werden. Laut der Gesetzesbegründung unterliegen damit Websites, die ohne den Hintergrund einer Wirtschaftstätigkeit bereitgehalten werden, künftig nicht mehr den Impressumspflichten. Redaktionell betreute und journalistisch betriebene Telemedien müssen zudem einen Verantwortlichen im Sinne des Presserechts mit Name und Anschrift benennen. Die komplizierte Rechtslage in diesem Bereich könnte findigen Anwälten Futter für Abmahnungen geben.

Vom TMG erfasst werden prinzipiell alle Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht ausschließlich dem Telekommunikations- oder Rundfunkbereich zuzuordnen sind. Dabei kann es sich etwa um Online-Angebote von Waren und Dienstleistungen mit sofortiger Bestellmöglichkeit, zeitversetztes Video on Demand, Weblogs, Online-Dienste wie Internet-Suchmaschinen oder die kommerzielle Verbreitung von Informationen über Waren und Dienstleistungen per E-Mail handeln.

Besonders umstritten ist neben den Impressumsvorgaben eine Passage des Entwurfs, wonach die unter das TMG fallenden Diensteanbieter künftig auf Anraten des Bundesrates Informationen wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen auch zu Präventionszwecken herausrücken sollen. Auf Anordnung der zuständigen Stellen, heißt es in Paragraph 14, "darf" der Provider im Einzelfall Auskunft über Bestandsdaten erteilen, "soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die Polizeibehörden der Länder, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist". Gegen diese weit gefasste Bestimmung haben Bürgerrechtler eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt.

Andererseits dürfen Betreiber von Internetdiensten keine personenbezogenen Daten auf Vorrat speichern. Dazu gehört insbesondere die Aufzeichnung des Nutzungsverhaltens mitsamt IP-Adresse oder Login-Namen. Abweichende Einwilligungsklauseln sind nach Ansicht des Juristen Patrick Breyer unwirksam gemäß Paragraph 307  BGB. Auch wer seine Website andernorts hosten lasse, bleibe trotzdem Anbieter und müsse sicherstellen, dass der von ihm beauftragte Anbieter keine Nutzerdaten auf Vorrat lagere. Bei der Registrierung für einen Dienst dürften zudem keine personenbezogenen Daten abgefragt werden, die nicht zur Bereitstellung des Dienstes erforderlich sind. Datenschutzverstöße könnten Geldbußen und Unterlassungsklagen, bei gewerblichen Angeboten auch Abmahnungen nach sich ziehen.

Vertreter der großen Koalition hatten bei der Verabschiedung des TMG im Bundestag bereits verkündet, dass eine baldige Überarbeitung des Gesetzes erforderlich sei. Als Grund für das Durchschleusen der neuen Regelungen auf Bundesebene nannten sie, dass ein Gleichziehen mit den überarbeiteten Bestimmungen in den Ländern verabredet worden sei. Die Internetwirtschaft beklagt seit langem, dass Gerichte vielen Betreibern von Foren, Internet-Auktionen und Suchmaschinen immer weitergehende Pflichten zur Prüfung der Inhalte von Dritten und zur vorsorglichen Überwachung ihrer Nutzer auferlegen. Eine Klarstellung bei den Haftungsregelungen im TMG wird daher auch von Schwarz-Rot als vordringlich angesehen.

Details zu den Bestimmungen im neuen Telemediengesetz und ihre Auswirkungen auf Websitebetreiber, Nutzer, Unternehmen und Provider bringt ein Artikel in der kommenden Ausgabe von c't (ab Montag, den 5. März im Handel):

  • Verschlimmbesserung, Das neue Telemediengesetz soll im Internet für rechtliche Klarheit sorgen, c't 6/07, S. 86

Zum Telemediengesetz siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)