Webradios sollen DRM einführen oder höhere Abgaben zahlen

Der Konflikt um höhere Urheberrechtsabgaben für US-Webradios geht in eine neue Runde. Nun steht ein Vorschlag des Rechteverwerters SoundExchange im Raum, die Webradios sollten das "Streamripping" mittels Digital Rights Management verhindern.

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Der Konflikt um höhere Urheberrechtsabgaben für US-Webradios geht in eine neue Runde. Nach einer Entscheidung des Copyright Royalty Boards sollen sich die Urheberrechtsabgaben vervielfachen. Viele Internet-Radiostationen können die neuen Gebühren nach eigenen Angaben nicht erwirtschaften. Kurz vor Inkrafttreten hatte der Rechteverwerter SoundExchange kleinen sowie nichtkommerziellen Netzsendern neue Verhandlungen über die Höhe der Gebühren angeboten. Die größeren Stationen, die einzelnen Hörern personalisierte Streams anbieten, sind durch eine Mindestgebühr von 500 Dollar pro Stream und Jahr belastet. SoundExchange fordert von ihnen die Einführung von DRM (Digital Rights Management), wenn sie von einer Deckelung der Mindestgebühr bei 100 Streams pro Anbieter (50.000 Dollar) profitieren wollen.

In einer Mitteilung von SoundExchange heißt es: "Unter dem neuen Vorschlag (...) hat SoundExchange eine Deckelung der 500 Dollar Mindestgebühr pro Kanal bei 50.000 Dollar pro Jahr angeboten für Webcaster, die detailliertere Meldungen über die Musik, die sie spielen, zustimmen und die daran arbeiten, User vom 'Streamripping' abzuhalten." Gemeint ist damit die Einführung von DRM. Das würde aber auch die legalen Aufnahmen gesamter Sendungen für späteres Anhören (Time-Shift) erschweren.

Zum Kreis der betroffenen Webradio-Anbieter gehören primär Unternehmen wie AOL, Pandora, Live365 und Yahoo, die sehr viele Streams anbieten. Sie werden von der DiMA (Digital Media Association) vertreten, die die Summe der ungedeckelten Mindestgebühren auf eine Milliarde Dollar pro Jahr schätzt. Die Internet-Radiosender haben selbst kein Interesse daran, dass einzelne User die Streams mitschneiden und Musikstücke automatisiert in einzelne Dateien kopieren (das von SoundExchange angesprochene "Streamripping"). Denn die Sender finanzieren die Datenübertragung, um Hörer zu gewinnen, und nicht, um die Musiksammlungen einzelner User zu füllen.

Trotzdem möchten sich die Anbieter nicht dazu zwingen lassen, DRM einzusetzen. Denn damit sind nicht nur erhebliche Kosten und technischer Aufwand verbunden, sondern DRM würde auch zu weniger Hörern führen. Einerseits wäre nur noch bestimmte Software mit den DRM-Streams kompatibel, andererseits würden die legalen Aufnahmemöglichkeiten, etwa für späteres Anhören auf tragbaren MP3-Playern, beschnitten. Außerdem glauben die Webradios nicht, dass tatsächlich eine erhebliche Anzahl von Usern Streamripping in großem Umfang betreibt. Die DiMA hat sich bereit erklärt, das Auftreten von Streamripping zu "erforschen, identifizieren, untersuchen und evaluieren".

Die DiMA wirft SoundExchange vor, ihren Standpunkt gegenüber dem vor einem Ausschuss des US-Kongresses gemachten Angebot geändert zu haben. Dort sei von DRM keine Rede gewesen. "Das ist eine enttäuschende Wende nach einem runden Tisch, den wir für sehr produktiv gehalten hatten", heißt es in einer Mitteilung. "DiMA und ihre Mitglieder kooperieren gerne im Bereich gemeinsamer Interessen, selbst wenn sie außerhalb des Bereichs der Entscheidung des Copyright Royalty Boards liegen. Aber SoundExchange hat technische Maßnahmen verlangt, die unvernünftig, undurchführbar und bei weitem themenfremd sind. Sie versuchen diese absurde Gebühr einzusetzen, um solche Maßnahmen aufzuzwingen, bei denen sie das schon anderweitig ohne Erfolg probiert haben."

SoundExchange stößt diese Darstellung sauer auf. DiMA habe die in der nichtöffentlichen Sitzung gemachten Äußerungen von SoundExchange falsch dargestellt. Die Organisation habe ihren Standpunkt nicht geändert.

Was im Capitol auch immer gesagt worden sein mag: SoundExchange sitzt derzeit am längeren Hebel. Denn die Entscheidung des Copyright Royalty Boards erlaubt es, pro Webradiokanal eine Mindestgebühr von 500 Dollar einzuheben, auch wenn sich nur ein einzelner Hörer ein einziges Mal einklinkt. Nur ein spezielles Gesetz (Internet Radio Equality Act) könnte diese Situation grundlegend verändern. Es soll die Urheberrechtsabgaben auf das Niveau der Satellitenradiosender, nämlich 7,5 Prozent des Umsatzes, limitieren. Ob es verabschiedet wird, ist jedoch offen.

Siehe dazu auch:

(Daniel AJ Sokolov) / (jk)