CFP: Bürgerrechtler fordern Reform des US-Antiterrorgesetzes Patriot Act

Vor allem die Geheimhaltungspflicht von Durchsuchungs-, Beschlagnahmungs- und Abhörbestimmungen soll aufgehoben werden, um die Arbeit der Sicherheitsbehörden besser kontrollierbar zu machen.

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Das weit reichende Anti-Terrorgesetz der USA, der momentan auf dem Prüfstand stehende Patriot Act, bedarf aus Sicht von Bürgerrechtlern zahlreicher Modifikationen. Datenschützer machten sich auf der Konferenz Computers, Freedom & Privacy (CFP) in Seattle vor allem dafür stark, dass die Geheimhaltungspflicht von Durchsuchungs-, Beschlagnahmungs- und Abhörbestimmungen aufgehoben wird. Gegenwärtig sei die Nutzung der umfangreichen Befugnisse für Geheimdienste und Strafverfolger kaum zu überprüfen. "Momentan erfährt man nie, ob man belauscht wird", sorgte sich Peter Swire, Rechtsprofessor an der Ohio State University. Man könne sich gerichtlich nicht gegen die Überwachung zur Wehr setzen, sodass mit dem Patriot Act "eine große gesonderte Schicht an Geheimhaltung" aufgetragen werde.

Im Zentrum der Kritik steht vor allem die Klausel 215 des Gesetzes. Sie erlaubt es den Sicherheitsbehörden, in "jeder autorisierten Untersuchung jegliche greifbaren Aufzeichnungen" zu beschlagnahmen. Das können Bücher, Papiere oder Festplatten genauso sein wie Logfiles von Internetprovidern. Eine Verbindung zwischen der verdächtigten Person und einer konkreten Ermittlung müssen die Behörden nicht nachweisen. Eine deutlich engere Bestimmung hatte es zuvor im US-amerikanischen Recht zwar bereits gegeben. Damals hatten sich die Befugnisse aber nur auf "ausländische Mächte oder deren Agenten" bezogen. Auch diese Bedingung muss mit dem Patriot Act nicht mehr gegeben sein. Ein Richter muss die Maßnahme zwar absegnen. Von den bislang rund 15.000 Beantragungen wurden laut dem Washingtoner Anwalt Ron Lee jedoch bislang "nur ein paar" nicht genehmigt. Wer eine entsprechende Anordnung erhält, muss gegenüber den Betroffenen Stillschweigen wahren.

Ähnlich gestrickt wie die Klausel 215 ist die mit dem Patriot Act einhergehende Möglichkeit für das FBI, mit Hilfe eines so genannten National Security Letter (NSL) von der Privatwirtschaft Daten abzufragen. Allerdings braucht die Bundespolizei dafür nicht einmal einen Gerichtsbeschluss. Einen Teil dieser Befugnisse, in dem es um die Herausgabe von Verbindungsdaten von Netzprovidern geht, hat ein Bundesrichter 2004 bereits für verfassungswidrig erklärt. Er monierte insbesondere, dass die Geheimhaltungspflicht gegen das im ersten Verfassungszusatz garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung verstößt.

Die den Bürgerrechtlern schwer im Magen liegenden Verschwiegenheitsklauseln unterliegen laut Swire einer gänzlich falschen Logik. Denn während es beim Telefonabhören selbstverständlich sei, dass man den Belauschten vor oder während der Durchführung der Maßnahme nicht darüber informieren dürfe, würden die gewünschten Dokumente bei einer Anordnung gemäß einem NSL oder Klausel 215 sofort in die Hände der Polizei wandern. Genauso, wie man offenbaren dürfe, dass ein Haus zu einer bestimmten Zeit durchsucht wurde, müsste man daher auch über die Beschlagnahmung der Daten und Akten bei den betroffenen Firmen rasch informiert werden. "Das ist praktizierte freie Rede", erklärte Swire. Ansonsten entziehe sich die Polizei jeglicher Überprüfbarkeit. Es sei daher erforderlich, für alle derlei Geheimhaltungsvorkehrungen baldmöglichst eine Lösung zu finden.

Der US-Senat und das Abgeordnetenhaus haben sich bereits an diese Aufgabe gemacht und zwei getrennte Entwürfe für den so genannten Security and Freedom Ensured Act (Safe) eingebracht. Demnach sollen die Anordnungen gemäß Klauseln wie 213, 215 und 216 nur noch 21 Tage lang gelten dürfen und nicht gegen Bibliotheken in Stellung gebracht werden. Die Geheimhaltungspflicht wollen die Volksvertreter auf 180 Tage beschränken. Zudem sollen die Sicherheitsbehörden wieder darlegen, dass sie gegen ausländische Agenten ermitteln. Das sei "für den Anfang nicht schlecht, aber wir müssen noch besser werden", beurteilte Kevin Bankston von der Electronic Frontier Foundation (EFF) die Bemühungen zur Einschränkung der Befugnisse. Es dürfe nicht sein, dass der Patriot Act "zur neuen Normalität" werde.

Bankston kritisierte zudem scharf, dass bei den Telefonüberwachungen die Geheimdienste mit über 1700 Anordnungen im Jahr 2003 bereits die Strafverfolger mit rund 1400 Anordnungen im gleichen Zeitraum überholt hätten. Die "kleinen" Lauschangriffe auf Verdächtige in den USA haben seit dem 11. September rasant zugenommen und erreichen -- genauso wie in Deutschland -- jedes Jahr zur Besorgnis von Datenschützern neue Höchststände.

Zur Konferenz Computers, Freedom & Privacy siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)