EFF warnt vor "Providern im Polizeieinsatz"

Die US-Netzbürgerrechtsorganisation hat die Internet-Anbieter davor gewarnt, sich im Sinne der Medienkonzerne zu "Copyright-Cops" machen zu lassen. Sie kritisiert Pläne für netzinterne Piraterie-Filter scharf.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 73 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Die US-Netzbürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) hat die Internet-Anbieter davor gewarnt, sich im Sinne der Medienkonzerne zu "Copyright-Cops" machen zu lassen. Fred von Lohmann, EFF-Chefjustiziar im Bereich Urheberrechte, sagte gegenüber der Online-Ausgabe des Technologie-Magazins Technology Review, solche Handlungen führten schnell aufs Glatteis: "Jeder mit etwas technischem Wissen wird Ihnen bestätigen, dass es eigentlich unmöglich ist, den Tausch von Dateien zu verhindern – wer Urheberrechte verletzen will, entwickelt einfach eine noch schlauere Methode, sich vor Entdeckung zu schützen." In der Zwischenzeit würden die Provider in einen nicht enden wollenden Teufelskreis aus immer schärferen Überwachungsmaßnahmen hineingezogen – und zwar bei der gesamten Kommunikation aller Nutzer. "Das ist schlecht für den Schutz der Privatsphäre und wird außerdem technische Innovationen verhindern, weil darin enorme Ressourcen investiert werden müssen", betonte von Lohmann.

Anlass der EFF-Kritik sind Bestrebungen des großen US-Internet-Providers AT&T, künftig freiwillig tiefgreifende netzinterne Filter gegen die Online-Piraterie einzusetzen – entgegen bisheriger Praxis der Zugangsdienstleister-Industrie. Das Unternehmen hatte sich dabei auf den Interessensschutz Hollywoods und der Medienkonzerne berufen – nur mit deren Inhalten sei das zukünftige Internet vorstellbar. EFF-Mann von Lohmann sagte, es gebe Spekulationen, nach denen AT&T durch sein Entgegenkommen Hollywood beim Aufbau seines eigenen Videodienstes umwerben wolle.

Zu den von der Filmindustrie genannten Verlustzahlen aufgrund von Online-Piraterie, die bei mehr als zwei Milliarden Dollar im Jahr liegen sollen, sagte von Lohmann, solche Werte solle man kritisch sehen: "Die Filmkonzerne leiden keineswegs so sehr, wie etwa ihre Brüder aus der Musikindustrie." Häufig würden solche Zahlen mit kommerzieller DVD-Piraterie vermischt: "Hollywood erlebt im Gegensatz dazu zusammengenommen gerade die bislang besten Jahre seiner Geschichte – sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn."

An die Provider gerichtet sagte von Lohmann, sie sollten sich bewusst werden, "wer ihre Rechnungen zahlt": Das seien die Kunden "und nicht Hollywood". Die Maßnahmen, die den Medienkonzernen bei der Piraterieverfolgung zur Verfügung stünden, seien ausreichend. "Tausende von Einzelpersonen wurden bereits verklagt, weil sie Filme heruntergeladen haben. Es ist schwer zu verstehen, warum die Provider nun die Strafverfolger spielen sollen", sagte von Lohmann.

Das ganze Interview mit EFF-Justiziar von Lohmann in Technology Review online:

(bsc)