Zehn-Dollar-Handy bleibt vorerst Zukunftsmusik

Durch Hochintegration der Chips und Software-Optimierung können bis 2007 die Zahl der Komponenten für ein "Ultra-Low-Cost-Handy" auf 50 Stück und die Herstellungskosten auf 16 US-Dollar sinken, schätzt man bei Infineon.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Auf absehbare Zeit wird es nicht möglich sein, ein "Zehn-Dollar-Handy" zu fertigen. Diese These vertrat Horst Pratsch, Markting-Leiter bei Infineon für so genannte Entry Phones, auf dem heute zu Ende gehenden Brüsseler Kongress mit dem Titel Ultra Low Cost Handsets. Dem Segment der in der Branche UCLH abgekürzten Endgeräte werden hohe Zuwachsraten vorhergesagt. Ein Wachstumstreiber ist der Bedarf nach simplen, preiswerten Handys in sich entwickelnden Märkten. So treibt der Verband der GSM-Hersteller und -Netzbetreiber GSMA die Hersteller zur weiteren Kostenreduzierung.

Derzeit kratzen die Hersteller von Mobiltelefonen beziehungsweise Handy-Komponenten an der Marke von 20 US-Dollar. Philips hatte Mitte des Jahres Hardware angekündigt, die einen Herstellerpreis unter dieser Schwelle ermöglichen soll. Kurze Zeit später folgte Infineon mit einer ULC-Plattform für Dualband-GSM-Handys. Die GSM-Plattform, die aus weniger als 100 Bauteilen besteht, hatte Infineon Mitte Juli als derzeit höchstintegrierte Plattform bezeichnet, während ein einfaches GSM-Mobiltelefon mit SMS-Funktion bislang auf 150 bis 200 einzelne elektronische Bauteile besitze.

In der Höchstintegration von Bauteilen sieht Infineon-Mann Pratsch einen entscheidenden Faktor, um die Fertigungskosten weiter zu drücken. Ein weiterer wirksamer Hebel sei die Software-Optimierung, die zur Reduzierung der Komplexität der eingesetzten Hardware beiträgt. Die Kosten für den höheren Aufwand in der Programmierung und Fertigung der Komponenten stünden dabei der beabsichtigten Einsparung nicht im Wege. Pratsch zufolge müssen GSM-Entwickler dafür nicht bei Null anfangen, vielmehr könnten sie sich bei ihren Kollegen, die sich mit WLAN oder Bluetooth beschäftigen, Lösungsabsätze abschauen, die bei jenen Funktechniken bereits verwirklicht sind.

Um die in der Branche kursierenden UCLH-Preise vergleichbar zu halten, erscheint es sinnvoll, diese in US-Dollar anzugeben, der – auch in der Halbleiterbranche – die Rolle einer Leitwährung besitzt. Infineon unterscheidet bei Kostenangaben zusätzlich zwischen der "bill of material", entsprechend den Kosten, die beim Endgerätehersteller für das komplette Endgerät – inklusive Gehäuse – anfallen, sowie der "electric bill", die die elektronischen Komponenten wie Leiterplatte sowie das Display umfasst.

Im Jahr 2006 wird es laut Infineon möglich sein, die Zahl der elektrischen Komponenten eines GSM-Handys auf 100 zu reduzieren. Für 2007 erwartet das Unternehmen die Reduktion auf 50 Komponenten bei einer "bill of material" von etwa 16 US-Dollar. Manager Pratsch vertrat in Brüssel die These, dass die Nutzer dabei kaum Abstriche bei der Qualität von Mobiltelefonen hinnehmen werden, vielmehr verlangten sie einfach zu bedienende Handys "in überzeugendem Design" mit SMS-Funktion. Auch sei der wachsende Bedarf an Einfachhandys keineswegs auf sich entwickelnde Märkte beschränkt: Parallel zur Discount-Welle bei Handytarifen wachse auch hierzulande die Nachfrage nach "simplen Handys zu günstigen Preisen". (ssu)