Grossisten unter Druck: Absatz im B-to-C stockt

Die Nachfrage stockt, klagt ein Teil der Distributoren. Andere Grossisten sind mehr oder weniger zufrieden. Einigkeit herrscht beim Absatz im B-t-C-Bereich. Da sieht es ziemlich düster aus. Besser läuft das B-t-B-Geschäft. Für einige sogar sehr gut.

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Von
  • Wolfgang KĂĽhn
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„Rechne mit einem verhaltenen Absatzmarkt für die nächsten Monate“, Michael Dressen, Regional Managing Director Deutschland und Österreich, Tech Data

(Bild: Wolfgang Kühn)

Vier Monate April. Die Distribution wird hin und her gewedelt. Mal steigt die Nachfrage, dann knickt sie wieder ein. Dabei können sich Grossisten ohnehin nur selten über ein lang anhaltendes Nachfragehoch freuen. Aber in diesem Jahr schlägt das Auftragsbarometer besonders häufig um. Vor allem die Konsumentennachfrage bereitet wenig Freude. „Das was wir jetzt erleben, bereitet uns einiges Kopfzerbrechen,“ klagt ein Distributor, der seinen Lagerbestand „einfach nicht an den Mann“ bringt. Jörg Hasselbach kann das durchaus nachfühlen. Der Vertriebsleiter bei Tarox in Lünen hat ähnliche Erfahrungen vor allem im April gemacht. „Der Monat ist schlecht gelaufen,“ lautet sein Resümee. Und ein anderer Vertriebler berichtet von „massiven Problemen mit dem Postengeschäft“. Die Händler würden ihre Bestellungen immer weiter raus schieben oder nur noch auf Kommission ordern wollen. Betroffen ist davon vor allem der Absatz im Konsumentengeschäft.

Speziell für diesen Absatzmarkt erwartet Marcus Adä, Vice President Sales bei Ingram Micro, „für das vierte Quartal Wachstumsimpulse, insbesondere auch im Bereich PCs, Notebooks und Tablets durch die Einführung von Windows 8“. Ähnlich äußert sich auch Michael Dressen. Der Regional Managing Director von Tech Data, baut für die kommenden Monaten ebenfalls auf die Sogwirkung durch Windows 8. Ansonsten prognostiziert er den Absatzmarkt mit „weiter verhalten“.

„Besonders im Hardwarebereich ist die Nachfrage verschoben“, Roonak Emami, Gesamtvertriebsleiterin B.Com

(Bild: b.com)

Diese Situation konkretisiert beispielsweise Hans-Jürgen Schneider mit der Mahnung: „Wir alle müssen die Märkte genau beobachten. Da die frei verfügbaren Einkommen zurzeit nicht unendlich wachsen, stagnieren die Konsumausgaben im B-to-C-Segment eher.“ Deshalb sei, so der Vertriebsleiter bei DexxIT in Würzburg, Skepsis und schnelle Reaktion in Form von aktualisierten Sortimenten nötig. Wie wichtig dieses feine Empfinden für jede noch so kleine Bewegung am Absatzmarkt ist, unterstreicht die Gesamtvertriebsleiterin bei B.Com in Köln, Roonak Emami. Für sie ist eine Prognose über die kommenden Monate schwierig. „Das zweite Quartal ist generell im IT-Handel ein eher zurückhaltendes – das ist keine neue Erkenntnis.“ Gleichwohl bleibe der Markt „herausfordernd und spannend“.

Das sieht auch Katja Förster so. Nur hegt die Unternehmenssprecherin der Komsa AG weniger Befürchtungen für die kommenden Monate: „Wir erwarten eine deutliche Absatzsteigerung", gibt sie sich hoffnungsvoll. Dabei beurteilt der TK-Distributor aus Hartmannsdorf die ersten vier Monate des laufenden Jahres als durchaus normal. „Die Auftragslage beziehungsweise Nachfrage entspricht aus unserer Sicht der üblichen saisonalen Entwicklung.“ Wie das zu interpretieren ist, bleibt offen. Allerdings kann angenommen werden, dass beim umsatzstärksten TK-Distributor zwar Nachfrage vorhanden ist, diese aber besser sein könnte. Wobei dies vor allem das Konsumentengeschäft betrifft.

Roonak Emami fasst die derzeitige Situation am Markt treffend zusammen: „Nach großen Umsatzsteigerungen in den Vorjahren ist für uns das laufende Geschäftsjahr mit dem Motto 'Konsolidieren, Prozesse überarbeiten und neue Strukturen schaffen' überschrieben. Interessanterweise haben wir festgestellt, dass wir hier nicht die einzigen sind“. Damit hat die B.Com-Managerin den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Distribution sucht nach neuen Wegen, um auch in Zukunft profitabel, vielleicht sogar profitabler zu werden. Björn Siewert, Geschäftsführer Siewert & Kau in Bergheim, mahnt bereits wiederholt mehr Marge für die Distribution an, um die konjunkturellen Schwankungen besser ausgleichen zu können. Wichtig sei es, so Siewert, dass in den kommenden Monate eine bessere Verfügbarkeit gegeben sei, vor allem im Bereich Storage und Komponenten. „Dann werden unsere Erwartungen an das Jahr erfüllt. Denn entgegen allen Unkenrufen können wir für unser Unternehmen feststellen, dass die ersten vier Monate in diesem Jahr zufriedenstellend verlaufen sind“. Bei Druckern, deren Fernost-Hersteller unter den Naturkatastrophen des vergangenen Jahres litten, könne er von einer Entwarnung bei der Verfügbarkeit sprechen: „Canon zum Beispiel kann wieder halbwegs normal liefern.“

„Das Behördengeschäft läuft zäh aber gleichmäßig“, Siegbert Wortmann, Vorstandsvorsitzender Wortmann AG

(Bild: Wortmann)

Völlig entspannt gibt sich beim Gespräch mit heise resale auch Siegbert Wortmann. Der Vorstandsvorsitzende der Wortmann AG in Hüllhorst zum Zeitraum Januar bis April: „Der Verlauf war okay. Wir haben in dieser Zeit etwa zehn Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugelegt, also von rund 152 Millionen Euro auf etwa 167 Millionen“. Schwerpunkt bei Wortmann ist ebenfalls das B-to-B Geschäft. Allein die öffentlichen Auftraggeber würden sich nur „zäh, aber gleichmäßig“ bewegen. Auch für die weiteren acht Monate erwartet er ein „durchweg gutes Geschäft“, rechnet mit einem Wachstum „von fünf bis zehn Prozent“. Damit könnte der Hersteller und Distributor das Umsatzvolumen von rund 470 Millionen Euro auf etwa eine halbe Milliarde steigern.

Über mehr Wachstum spricht auch DexxIT-Manager Schneider: „Unsere Erfahrungen waren im ersten Quartal 2012 durchweg positiv. Die Nachfrage liegt auf einem hohen Niveau“. Was sich vor allem bei den Bereichen Consumer Electronics sowie Drucker-Supplies und SSD-Festplatten festmachen ließe. Auf jeden Fall könne Schneider von einem „knapp zweistelligen Umsatzplus“ in den ersten vier Monaten sprechen.

Während Tech Data-Chef Dressen die vergangenen Monate mit „insgesamt kein Wachstum aber auch kein Rückgang“ beschreibt, freut sich Marcus Adä von Ingram Micro darüber, dass der Broadliner „entgegen des Markttrends eine solides Wachstum, vor allem im B-to-B-Geschäft und bei Lösungsthemen wie UCC, Virtualisierung und Consumerization“ verzeichnen konnte. Folglich würden ihm die kommenden Monate keine all zu großen Sorgen bereiten. Man gehe davon aus, „dass sich der Markt auf einem ähnlichen Niveau wie heute bewegen wird“. Da kann Dressen für den Absatz im Geschäftskundenumfeld durchaus zustimmen, gibt aber zu bedenken, dass sich das „Consumer Business eher verhalten“ entwickeln werde. Realistisch erkennt B.Com-Managerin Emami die allgemeine Lage der Distribution: „Ja, die Auftragslage ist leicht rückläufig. In erster Linie hat sich die Nachfrage innerhalb der Produktgruppen verschoben. Beispielsweise bei PCs. Hier ist die Nachfrage deutlich zurückgegangen, während mobile Endgeräte deutlich stärker abgesetzt werden“.

Branchenkenner Wolfgang KĂĽhn kommentiert

Aprilwetter begleitet Grossisten durchs ganze Jahr

Was bleibt? Tatsächlich hat es – einmal mehr – Verschiebung im Absatzmarkt für die Distribution gegeben. Im Grunde nichts Neues. Nur: Die Kaufzurückhaltung der privaten Endverbraucher, von der die Händler längst betroffen sind, spüren jetzt die Grossisten noch stärker als im vergangenen Jahr. Setzten PCs, Drucker, Monitore und Zubehör – oder gar ganze Paletten für die Flächenmärkte – in den Lagern der Distributoren Staub an, dann sieht es mit der Wachstumskurve flau aus. Denn das Jahresendgeschäft – und da ist es noch lange hin – wird allenfalls punktuell die Verluste ausgleichen. So bleibt als Retter nur der Absatzmarkt Business-to-Business mit dem anspruchsvolleren Lösungsgeschäft. Hier gibt es sicherlich noch eine Menge Potenzial. Aber nicht unendlich.

Wer da gewinnen will, muss schnell sein, Ware verfügbar haben, hohe Lösungskompetenz besitzen. Und der Preis? Da müssen die Grossisten aufpassen, dass sie endlich erreichen, wonach sie schon lang trachten: Bessere Margen. Ob es den Herstellern gefällt oder nicht, nur gesunde Distributoren sind leistungsfähig. Das richtige Mittel dazu ist eine vernünftige Handelsspanne; natürlich auch für die nächste Stufe, den Handel. Noch befindet sich die Distribution nicht inmitten eines Orkans, wohl aber in launigem, zwölf Monate währenden Aprilwetter. (map)