Urheberrecht: SPD lehnt Kulturflatrate ab

Die SPD-Bundestagsfraktion hat 12 Thesen für ein "faires und zeitgemäßes Urheberrecht" vorgestellt, mit denen sie die Debatte zum Urheberrecht in der digitalen Welt voranbringen will.

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Die SPD-Bundestagsfraktion hat 12 Thesen für ein "faires und zeitgemäßes Urheberrecht" vorgestellt. Ziel sei es, jenseits aller Schlagworte und "vermeintlich einfacher Lösungen" in einen "sachlichen Dialog mit allen Akteuren" von den Urhebern und Verwertern bis hin zu den Nutzern und der Netz-Community einzutreten, führte der rechtspolitische Sprecher der Parlamentsgruppe, Burkhard Lischka, am Montag in Berlin aus. Ausgangspunkt für die Sozialdemokraten sei die These, dass "Urheberrecht und geistiges Eigentum nicht obsolet geworden sind durch das Internet". Das Netz biete andererseits eine "Riesenchance", um künstlerische Werke zu verbreiten.

Die SPD distanziert mit dem dreiseitigen Papier klar von Vorstößen der anderen Oppositionsparteien, eine Kulturflatrate zur völligen Legalisierung von Filesharing mit urhebrrechtlich geschützten Werken im privaten Bereich einzuführen. "So einfach geht es nicht", betonte die frühere Justizministerin Brigitte Zypries. Dahinter verberge sich eine "pauschale Abgabe ähnlich wie die GEZ-Gebühr", erläuterte die Fraktionsjustiziarin. Somit müssten die Nutzer erst "eine erhebliche Summe" zahlen, "um Zugang zu freien Informationsquellen zu erhalten". Viele könnten sich das finanziell nicht leisten. Zudem würden Urheber quasi enteignet. Es gäbe zwar eine Entschädigung über Verwertungsgesellschaften. Die Schöpfer könnten aber nicht mehr bestimmen, wie ihre Werke verwertet werden. Zudem sei ein solches Modell international schwer durchzusetzen.

Für bestimmte Teile des Marktes kann sich die SPD-Politikerin aber spezielle Flatrates vorstellen. So gebe es schon rund 70 verschiedene Modelle im Musikbereich, dank derer man sich "für relativ günstiges Geld die Sachen anhören kann". Vergleichbare Angebote seien etwa auch für Verlage vorstellbar. Lischka ergänzte, dass er ein Nachdenken über Ansätze wie die Kulturflatrate für vernünftig halte. Das Urheberrecht dürfe aber nicht auf einen reinen Vergütungsanspruch reduziert werden, da dabei Aspekte des Persönlichkeitsrechts außen vor blieben.

Rechtsverletzungen im Internet möchte die SPD dem Rechtsexperten zufolge vor allem "direkt an der Quelle bekämpfen" und parallel im Einklang mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) die Abmahngebühren in einfachen ersten Fällen effizienter deckeln. Plattformen wie kino.to oder Megaupload hätten sehr viel Geld verdient durch Werbeeinnahmen. Es müsse daher darum gehen, sie von solchen Einkunftsmöglichkeiten abzuschneiden, erklärte Lischka.

Allgemein betonte der netzpolitische Fraktionssprecher, Lars Klingbeil, dass "wir unverhältnismäßige Durchsetzungsmaßnahmen wie Three Strikes [Warnhinweise und Internet-Sperren bei angeblichen Urheberrechtsverletzungen] ausschließen". Dies beziehe sich auch auf Warnhinweise, die auf einer flächendeckenden Erfassung des Internetverkehrs beruhten. Die Parole müsse lauten: "Vergüten statt verbieten."

Dem von der schwarz-gelben Koalition geplanten Leistungsschutzrecht erteilen die Sozialdemokraten eine Absage. Überschriften oder kleine Textauszüge in Form von Snippets zu schützen, könne nicht im Interesse einer Informations- und Wissensgesellschaft liegen, meinte Lischka. Dringenden Handlungsbedarf sieht die Fraktion bei einer Regelung zum Umgang mit "verwaisten oder vergriffenen Werken", um die Digitalisierung des Kulturguts und den Aufbau von Online-Bibliotheken zu erleichtern. Schnell kommen müsste laut der SPD auch ein wissenschafts- und bildungsfreundlicheres Urheberrecht. Man dränge bereits seit Längerem für ein Zweitverwertungsrecht für Fachautoren, die ihre Beiträge jenseits einer Verlagspublikation etwa auf den Seiten ihrer Hochschule gemäß dem "Open Access"-Prinzip frei zugänglich machen wollten. Ferner sei die umstrittene "Intranet-Klausel" im Urheberrechtsgesetz zumindest erneut zu verlängern, da sie gut funktioniere.

Korrekturen halten die Sozialdemokraten beim zehn Jahre alten Urhebervertragsrecht für nötig, um Kreativen angemessene Entlohnungen zu garantieren. Dieses sei geschaffen worden, um analog zu Tarifverhandlungen Einigungen zwischen Autoren und Verwertern zu vereinfachen, unterstrich Lischka. Bisher sei es aber erst zwei Mal zu entsprechenden Abschlüssen gekommen. Das Verfahren sei verbindlicher und effektiver zu gestalten, um Kontroll- und Sanktionsmechanismen auszuweiten. Bei der Ausschüttung von Pauschalvergütungen durch Verwertungsgesellschaften ist der SPD zufolge mehr "Verteilungsgerechtigkeit" erforderlich, machte Siegmund Ehrmann, Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien, deutlich. Er wolle sich zwar nicht "am GEMA-Bashing beteiligen", aber Transparenz sei zentral. Die "Mentalität einer Gebühreneinzugszentrale" müsse bei Verwertungsfragen verhindert werden.

Ähnlich wie die SPD veröffentlichte auch die Piratenpartei im Vorfeld einer Anhörung im Bundestags-Unterausschuss Neue Medien zu "Vermarktung und Schutz kreativer Inhalte im Internet" einen Katalog der "zehn wichtigsten Punkte einer Urheberrechtsreform". Die Piraten rufen zu einer offenen Diskussion über das Urheberrecht in Deutschland auf; Kulturschaffende, Rechteinhaber und Nutzer sollten sich an diesem "produktiven Dialog" beteiligen.

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(jk)