Schweizer Musikindustrie verschärft Kampf gegen Filesharer

Eidgenössische Provider erhalten momentan Post von der IFPI Schweiz, in der sie zur Herausgabe von Nutzerdaten beziehungsweise zum Versand von Unterlassungserklärungen an Tauschbörsen-Nutzer angehalten werden.

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Eidgenössische Provider erhalten momentan Post von der IFPI Schweiz, in der sie zur Herausgabe der persönlichen Daten auffällig gewordener Tauschbörsen-Nutzer beziehungsweise zum Versand von Unterlassungserklärungen an Rechte verletzende Filesharer angehalten werden. Die Schweizer Landesgruppe der Musikindustrie sieht die Zugangsanbieter zum Handeln verpflichtet, weil diese gleichzeitig über die Urheberrechtsverletzungen aufgeklärt und somit für die Handlungen von Kunden haften würden. "Wir fordern Sie daher auf, unverzüglich wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um diese rechtswidrigen Zustände zu beenden und die unautorisierte Vervielfältigung und Verbreitung zu stoppen", heißt es in dem heise online vorliegenden Schreiben. Ferner rät der Phonoverband "dringend" an, "zu Beweiszwecken sofort entsprechende Sicherungen" über den Datenverkehr vorzunehmen, der über ins Visier genommene IP-Adressen laufe.

Die Schweizer Musikindustrie fährt bereits seit längerem eine lautstarke Kampagne gegen illegales Filesharing. Seit November versendet sie per Instant Messaging "letzte Warnungen" an Tauschbörsen-Nutzer, die ihrer Ansicht nach "geschützte Musikfiles ohne Zustimmung der Rechteinhaber" anbieten. Kurz darauf kündigte die IFPI Schweiz ein Ende der juristischen Schonzeit unter dem Motto "Game over" für Filesharer an. Mitte Dezember gab die Vereinigung bekannt, über 50 Verfahren wegen illegaler Verbreitung von Songs im Internet eröffnet zu haben. Der Abschreckungseffekt der Aktion soll nun anscheinend über die Inanspruchnahme der Provider noch vergrößert werden, obwohl sich die IFPI damit auf rechtlich unsicheres Terrain begibt.

"Uns ist bewusst, dass die in Rede stehenden Soundfiles nicht von Ihnen, sondern von Dritten vervielfältigt und verbreitet werden, die sich dafür der von Ihnen zur Verfügung gestellten technischen Infrastruktur bedienen", räumt der Verband in dem Brief ein. Die Mitwirkung an derlei Urheberrechtsverletzungen sei aber "als Gehilfenschaft ebenfalls strafbar und schadenersatzpflichtig, sobald Sie trotz Kenntnis von der Rechtsverletzung beziehungsweise des entsprechenden Verdachtes diese weiterhin durch die fortgesetzte Zurverfügungstellung Ihrer technischen Infrastruktur ermöglichen".

Die IFPI-Landesgruppe will daher entgegen der Regelungen zum Fernmeldegeheimnis Auskunft über die "vollständigen Angaben über Name und Wohnort der Personen", die mit aufgezeichneten IP-Adressen die an sich geschützten Dateien illegal angeboten haben sollen. Sollten die Provider "aus irgendwelchen Gründen" nicht dazu bereit sein, bittet der Verband um die Zusendung einer Unterlassungserklärung und eines Vergleichs an die entsprechenden Nutzer, damit diese sich bei der IFPI "freiwillig" melden können. Nur mit der Weiterleitung der Briefe, die "aus datenschutzrechtlichen Gründen" in der Form von Blanko-Erklärungen ohne konkrete zu zahlende Summen gehalten sind, könnten die Provider ihre Kunden vor einer Strafanzeige retten, heißt es weiter in dem Schreiben. Eine Anzeige müsste der Phonoverband dann freilich zunächst gegen unbekannt stellen.

Die Summen, welche die Musikindustrie in der Schweiz bei vorherigen Vergleichsangeboten ins Spiel gebracht hat, bewegen sich laut Medienberichten zwischen 1000 und 9000 Schweizer Franken. Anderweitig geltend zu machende Schadensersatzansprüche beziffert die IFPI auf Beträge zwischen 3000 und 10.000 Franken. Zu Prozessen gegen Tauschbörsen-Nutzer ist es in der Schweiz bislang noch nicht gekommen.

Die Inanspruchnahme von Providern bei der Klärung potenzieller Urheberrechtsverletzungen steht auch hierzulande im Mittelpunkt einer heftigen Auseinandersetzung. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries kündigte vergangene Woche an, einen Auskunftsanspruch gegen die Zugangsanbieter gesetzlich verankern zu wollen. Dagegen wehren sich die betroffenen Unternehmen, während die Unterhaltungsindustrie die vorgeschlagenen Regelungen noch nicht für ausreichend hält. (Stefan Krempl) / (jk)