Neue Auslandschance für die Telekom
Die Gerüchte über eine Fusion zwischen KPN und Bell South heizen Spekulationen über eine mögliche Akquisition der Deutschen Telekom in Übersee wieder an.
Die Gerüchte über eine Fusion zwischen dem niederländischen Telekommunikationsunternehmen KPN und der US-Telefongesellschaft Bell South heizen die Spekulationen über eine mögliche Akquisition der Deutschen Telekom in Übersee wieder an.
Die Deutsche Telekom stand allem Anschein nach bereits Anfang März in Übernahmeverhandlungen mit dem US-amerikanischen Telekommunikations-Anbieter Qwest. Allerdings verliefen diese Verhandlungen im Sand: Qwest fusioniert gerade mit der regionalen US-amerikanischen Telefongesellschaft US West und weihte das Management von US West nicht in seine Gespräche mit der "bedeutenden Telekommunikations-Firma" ein, hinter der sich vermutlich die Deutsche Telekom verbarg. US West droht Qwest mit Schadensersatzklagen in Millionenhöhe für den Fall des Scheiterns der Fusion.
Eine fusionierende Gesellschaft Qwest/US West wollte die Telekom auch nicht übernehmen: Einerseits hätte sie zusätzlich zu den etwa 60 Milliarden US-Dollar, die als Kaufpreis für Qwest im Gespräch gewesen sein sollen, noch einmal über 40 Milliarden für US West aufbringen müssen, andererseits hätte sie die laufende Fusion von Qwest und US West eventuell in Auseinandersetzungen mit der US-amerikanischen Regulierungsbehörden Federal Commuication Commission (FCC) verwickelt – US West ist, genauso wie übrigens auch Bell South, eine der "Baby-Bells", die nach der Zerschlagung des Monopolisten AT&T als regionale Gesellschaften gegründet wurden und unter besonders aufmerksamer Beobachtung der amerikanischen Kartellwächter stehen. Von Anfang an bedeutete auch das von KPN und Qwest gemeinsam geführte Kabel-Unternehmen KPNQwest ein Problem für eine mögliche Akquisition von Qwest durch die Deutsche Telekom: KPN ist in Europa direkter Konkurrent der Deutschen Telekom.
Vielleicht löst sich jetzt der Knoten zugunsten des rosa Telekommunikations-Anbieters. Zwar lehnt KPN bislang jegliche Stellungnahme zu eventuellen Fusionsplänen mit Bell South ab, aber unwahrscheinlich wäre ein solcher Zusammenschluß nicht. KPN und Bell South verbindet sowieso schon eine Überkreuzbeteiligung. Qwest sagt man nach, sein Interesse an dem Joint-Venture mit KPN verloren zu haben. KPN könnte Qwest aus dem Joint-Venture auslösen. Für Bell South, das wie alle Baby-Bells innerhalb seiner Region keine Ferngesprächsdienste anbieten darf, wenn es nicht seine Leitungen für Mitbewerber öffnet, wäre gerade das Kabelnetz von KPNQwest von Interesse.
Das Ende der Zusammenarbeit von KPN und Qwest würde wiederum ein potentielles Problem für einen Kauf von Qwest durch die Deutsche Telekom vermeiden. Und da die FCC dem Zusammengehen von Qwest und US West mittlerweile zugestimmt hat, würde die Telekom bei einer Übernahme des fusionierten Unternehmens auch nicht Gefahr laufen, in Rechtsstreitigkeiten verwickelt zu werden. Ein Problem bleibt aber: Die Telekom ist vor allem an Qwest und seinem Glasfasernetz interessiert. US West hat für sie keinen spezifischen Wert, würde sie aber viel kosten. Die Frage, was der deutsche Exmonopolist mit einem regional operierenden Bruchteil des amerikanischen Exmonopolisten anfangen soll, wird die Gerüchteküche sicher noch einige Zeit beschäftigen. (chr)