Microsoft: Internet über TV-Frequenzen funktioniert doch

Nach harscher Kritik der US-Regulierungsbehörde FCC an Prototypen für den Internetzugang über TV-Frequenzen räumt Microsoft ein defektes Gerät ein, beharrt aber auf der Zuverlässigkeit der Technik. Dabei geht es noch um viel mehr als zwei neue Geräte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 72 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Microsoft will einem Bericht der Washington Post zufolge heute einer Bewertung der US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) widersprechen, die zwei Prototypen für Internetzugang über freie TV-Frequenzen hatte durchfallen lassen. Microsoft ist zusammen mit anderen Branchengrößen wie Intel, Google oder Dell in der White Spaces Coalition an der Entwicklung der Zugangstechnik beteiligt, mit der Breitband-Internetzugänge über ungenutzte TV-Frequenzen – den so genannten White Space – realisiert werden.

Die FCC hatte den zwei frühen, zu einer ersten Begutachtung eingereichten Prototypen in der vergangenen Woche ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt. So hätten die Geräte genutzte und freie TV-Frequenzen nicht ausreichend voneinander unterscheiden können und zudem Störungen bei benachbarten Fernsehsignalen verursacht. Zudem habe die Technik die Übertragung von kabellosen Mikrofonen – etwa bei Großveranstaltungen oder Fernsehübertragungen – gestört.

Die fraglichen Prototypen wurden dem Bericht der Washington Post zufolge bei Microsoft entwickelt und hergestellt. Redmond habe eine schriftliche Stellungnahme vorbereitet, die am heutigen Montag bei der FCC eingereicht werden solle, heißt es in dem Bericht. Das Unternehmen betone darin, die Prototypen würden "belegte Fernsehkanäle zuverlässig erkennen", schreibt die Zeitung. Microsoft räumt ein, dass einer der Prototypen defekt gewesen sei und deshalb nicht wie geplant funktioniert habe. Ein anderes Modell habe in einer Demonstration bei der FCC dagegen einwandfrei gearbeitet. Die Regulierungsbehörde will am morgigen Dienstag über Testverfahren für die neuen Geräte beraten.

Die White Spaces Coalition will die Zugangstechnik bis zum Februar 2009 zur Marktreife entwickeln. Dann beginnt für US-Fernsehzuschauer das digitale Zeitalter auch über Antenne. Wie von der US-Regierung gewünscht, wird die terrestrische Ausstrahlung auf ein digitales Sendeverfahren umgestellt. Die damit frei werdenden Frequenzen oberhalb 700 MHz sollen künftig für Mobilfunkdienste zur Verfügung stehen und werden von der Behörde im kommenden Jahr versteigert. Der digitalen Verbreitung des Fernsehsignals bleibt der Bereich zwischen 54 und 698 MHz. Diese Frequenzen werden aber nicht flächendeckend belegt sein. Die White Spaces Coalition möchte diese Sendelücken nutzen, um eine kostengünstige und auch in ländlichen Gegenden leichter zugängliche Internetanbindung anzubieten.

Damit bringt die Koalition eine mächtige Lobby gegen sich auf, denn eine kostengünstige Zugangstechnik könnte das Preisgefüge gehörig unter Druck setzen und für grundsätzliche Verwerfungen auf dem US-Zugangsmarkt sorgen. Den teilen sich noch die klassischen Telekommunikationsanbieter mit den Kabelnetzbetreibern, die wiederum enge Verbindungen zu den TV-Sendern unterhalten. Die Gegner führen technische Argumente ins Feld: Die Technik könne die Ausstrahlung der Fernsehprogramme stören, oder Telefongespräche und sogar den reibungslosen Betrieb großer Sportveranstaltungen. Die Kritiker, allen voran die Fernsehbranche, warnen daher schon lautstark vor den möglichen Folgen. Wie viel für das ganze Land auf dem Spiel stehe, erklärte ein Sprecher des US-Verbandes der Sender gegenüber der Washington Post: Microsofts "eigennützige" Initiative bedrohe "Amerikas Zugang zu einem störungsfreien Fernsehempfang".

Die FCC muss diese unterschiedlichen Interessen nun abwägen, hatte zuvor aber schon grundsätzliches Wohlwollen gegenüber neuen Zugangstechniken signalisiert und folgt damit auch dem erklärten politischen Willen von Teilen Washingtons. Nach dem offiziellen Zeitplan (PDF-Datei) will die Regulierungsbehörde im Oktober den endgültigen Anforderungskatalog für die neuen Geräte vorlegen; ab Dezember sollen Hersteller erste Zulassungsanträge für Geräte stellen können. (vbr)