MSN nimmt chinesisches Weblog vom Netz

Microsofts Online-Dienst hat die Einträge des chinesischen Webloggers Zhao Jing unzugänglich gemacht.

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Microsofts Online-Dienst MSN hat die Einträge des in seiner Heimatregion bekannten chinesischen Webloggers Zhao Jing vom Netz genommen. Das berichtet die New York Times, die Zhao zu ihren freien Mitarbeitern zählt. MSN sei eingeschritten, nachdem der unter dem Online-Pseudonym "Michael Anti" bloggende Chinese über einen Streik bei der chinesischen Tageszeitung The Beijing News berichtet hatte. Etwa 100 Mitarbeiter der Zeitung waren Ende vorigen Jahres in den Ausstand getreten, um gegen die Entlassung ihres Chefredakteurs und seiner beiden Stellvertreter zu protestieren.

MSN war im Juni vorigen Jahres in die Kritik geraten, nachdem bekannt wurde, dass der Dienst in China Internet-Tagebücher zensiert, indem Überschriften von Blog-Einträgen im kostenlosen Dienst MSN Spaces, die Begriffe wie "Freiheit", "Demokratie", "Menschenrechte" und "Taiwans Unabhängigkeit" und "Demonstration" enthalten, gefiltert werden. Die New York Times zitiert nun die MSN-Managerin Brooke Richardson, die meint, dies sei ein komplexes und schwieriges Thema. Es sei besser, in China vertreten zu sein.

Ähnlich argumentierte voriges Jahr auch Yahoo-Chef Terry Semel, der nach massiver Kritik von Menschenrechtlern das Engagement seiner Firma in China verteidigte. Yahoo hatte chinesischen Ermittlern bei der Suche nach einem missliebigen Journalisten geholfen. Semel meint, ein Unternehmen müsse sich an die Gesetze in China halten, auch wenn es nicht mit ihnen einverstanden sei, oder sich zurückziehen. Ein Rückzug, also eine Verringerung des "westlichen Einflusses", sei aber nicht der richtige Weg, um die Gesetze zu verändern. Der chinesische Dissident Liu Xiaobo zum Beispiel meint hingegen, große ausländische Firmen würden der chinesischen Regierung dabei helfen, die Redefreiheit im Internet zu beschränken.

Zhao schreibt laut dem chinesischen Ableger der Nachrichtenagentur Interfax, sein Blog sei offline genommen worden, nachdem Microsoft von chinesischen Behörden aufgefordert wurde. Einige von Zhaos Einträgen, die täglich 15.000 Besucher angelockt haben sollen, sind noch über den Google-Cache einsehbar. Der Chinese veröffentlicht seine Einträge weiter über den Dienst Blog-City, der vermutlich für chinesische Webnutzer blockiert wird. Zhao gehörte vergangenes Jahr der Jury der Deutschen Welle für die Vergabe der Weblog-Awards an. (anw)