Akltuelle Infotainment-Bedienkonzepte im Auto

Finger weg, Augen geradeaus

Hightech-Autos sind zu Unter­haltungs­zentralen geworden, die trefflich vom Fahren ablenken können. Wir schauen uns Lösungen an, die das alles mit der Fahr­auf­gabe auf einen unfallfreien Nenner bringen sollen

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Aktuelle Hightech-Autos können auf der Mittelkonsole nicht nur navigieren, sondern beherrschen auch E-Mail und Facebook und verwalten eine mehrere tausend Titel umfassende Song-Auswahl. Web-Apps und Smartphone-Schnittstelle machen die Ablenkung komplett. Wir schauen uns Lösungen an, die das alles mit der „primären Fahraufgabe“ auf einen unfallfreien Nenner bringen sollen.

Hannover, 26. Juli 2012 – Das Straßenverkehrs-Paradoxon: Autos können heute theoretisch schneller denn je fahren, praktisch fahren sie jedoch immer langsamer. Denn es werden zwar immer mehr Autos gebaut, aber immer weniger Straßen. Der Stau ist nicht mehr Ausnahme, sondern alltäglicher Lebensraum.

In Japan verlangen Autokäufer deshalb, dass die Mittelkonsole Fernsehen und DVDs anzeigt. Im Land des ewigen Staus China dominieren Infotainment-Gimmicks die Wunschliste der Käufer – bei Schrittgeschwindigkeit sind Motor- oder Fahrwerksqualitäten irrelevant. Die US-Kundschaft will mittlerweile nicht nur im Auto frühstücken, sondern auch den Büro-Tag schon beim Pendeln beginnen. Und selbst in Deutschland entwickelt sich Infotainment von der Wahrnehmung als nette Garnitur zu einem wichtigen Kaufkriterium.

Zwar gibt es auch in Deutschland reichlich Staus, doch das Geschwindigkeitsspektrum reicht andererseits bis zu den 415 km/h eines Bugatti Veyron Super Sport. Schon bei weitaus geringeren Geschwindigkeiten droht ein Unfall, wenn der Fahrer seinen Blick zu lange von der Straße nimmt.

Stets im Blick

Dabei lenkt nicht jedes Display den Blick des Fahrers ab. Head-up-Displays (HuDs) projizieren wie in Kampfjets Informationen auf die Frontscheibe oder eine kleine Zwischenscheibe über dem Armaturenbrett. Sie liefern damit einen bedeutenden Beitrag zur aktiven Fahrsicherheit. Denn mit dem HuD schweift der Blick nur noch 10 Prozent der sonst üblichen Zeit von der Straße aufs Kombiinstrument, ergaben Eye-Tracking-Studien. Es ist also weitaus sinnvoller, als die Tachoeinheit um Anzeigen zu erweitern.

General Motors fing mit HuDs schon Ende der Achtziger an, Toyota und Nissan folgten in den Neunzigern. Die kleinen projizierten Tachos galten lange Zeit als nette Spielerei – bis BMW ab 2003 anfing, alle wichtigen Daten vorne ins Sichtfeld zu überlagern, was die Projektoren von „nett“ zu „Ich brauche das!“ beförderte.

Das je nach Fahrzeugmodell bis zu rund 1300 Euro teure BMW-System zeigt farbig Geschwindigkeit, Geschwindigkeitsbegrenzungen (aus Navi und automatischer Schildererkennung), die Daten des Abstands tempomaten inklusive Auffahrwarnungen, Roadbook-Anweisungen aus der Routenführung und Daten des Spurhalteassistenten an.

Die Terminator-ähnliche Personenumrisserkennung des Nachtsichtgeräts gibt ihre Warnungen dort aus und natürlich erscheinen alle wichtigen Warnungen wie Erreichen der Tank-Reserve oder Fehlersymbole auch auf der Scheibe. Welche Informationen projiziert werden, ist einstellbar. Wer das einmal gesehen hat, will nicht mehr ohne: Die Wiederkaufsrate des aufpreispflichtigen HuD liegt laut BMW bei fast 100 Prozent.

Fast genauso wie bei BMW funktionieren auch die HuDs in den großen Audis, minus ein kleines, aber je nach Fahrer elementares Feature: Das BMW-HuD klappt kurz die Track-Liste zum Überspringen von Musiktiteln aus und kann dasselbe für die Telefonliste der Freisprechanlage.