Klare Knöpfe
Ein neues Gesetz soll Verbraucher im Internet vor Abofallen und versteckten Kosten schützen. Shopbetreiber, die die Vorschrift nicht umsetzen, handeln sich ungültige Verträge ein und es drohen Abmahnungen.
Viele Shops im Internet sind redlich und verdienen sauber ihr Geld. Es gibt aber auch schwarze Schafe, die Verbraucher in Abofallen locken mit Webseiten, auf denen die Kosten und Vertragslaufzeiten für das Ansehen von Kochrezepten oder Auskünften zum Familienstammbaum tief in den AGB im Kleingedruckten versteckt sind. Lange hat die Politik beraten und sich auf eine Lösung geeinigt, die Abzockmaschen durch bessere Information verhindern soll. Verbrauchern soll bewusst werden, wie viel Geld sie für welche Leistung bezahlen. Sind die Vorgaben nicht umgesetzt, sind die Verträge ungültig und anfechtbar. Zum 1. August 2012 tritt der neue Paragraf 312g BGB in Kraft.
Schutz vor Betrug
Der Schaden von Abofallen ist groß. "Die Verbraucherzentralen schätzen die Zahl der bundesweit bei ihnen eingehenden Beschwerden auf rund 22 000 pro Monat", sagt Jutta Gurkmann, Specherin des Verbandes der Verbraucherzentralen. Sie zitiert eine Studie des Sozialforschungsunternehmens Infas vom Sommer letzten Jahres: Elf Prozent aller deutschen Internetnutzer, also 5,4 Millionen Menschen, sind bereits in Abofallen geraten.
An diesem Formular ist weder am Button noch am Text in der unmittelbaren Nähe erkennbar, dass es sich um ein langfristiges und kostenpflichtiges Abo handelt. So geht es nach dem 1. August 2012 nicht mehr.
Abhilfe schaffen soll ein Button mit einer eindeutigen Aufschrift. "Zahlungspflichtig bestellen" oder "Kaufen" soll etwa darauf stehen. Vage Beschriftungen wie "Bestellen" sind nicht mehr zulässig. Die Beschriftungen müssen eindeutig sein, und ihre Botschaft darf nicht durch grafische Tricks oder Wortwahl verfälscht werden. Über dem Button sollen Preis und Eigenschaften der Ware oder Gegenleistung und Dauer eines Vertrags eindeutig dem Kaufvorgang zuzuordnen sein. Diese Informationen sollen in unmittelbarer Nähe bei gängiger Bildschirmauflösung ohne Scrollen oder Suchen klar erkennbar sein. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) hat ein Whitepaper herausgegeben, das sich mit den Feinheiten der Vorschriften befasst.
Diese Formulierungen sind ab dem 1. August 2012 erlaubt. Nicht mehr erlaubt sind simple Formulierungen wie "Bestellen", "Weiter" oder "Anmelden".
Shopbetreiber und andere, die im Internet Waren und Dienstleistungen anbieten, sollten überprüfen, ob Sie diese Voraussetzungen erfüllen. Denn nach dem Stichtag am 1. August könnten Kaufverträge, die Kunden bei ihnen abschließen, sonst ungültig sein.
Bedenken der Geschäftsleute
Nicht gerade begeistert von der Gesetzesänderung sind Shopbetreiber. Sie fürchten negative Auswirkungen beim Umsatz. In einem Selbstversuch hat Hitmeister.de, ein Shopping-Portal, das zwischen Händlern und Käufern mittelt, ausprobiert, wie sich die Konversionszahlen entwickeln würden, wenn die Button-Lösung eingeführt wird. In dem Experiment nahm die Konversion, also die Umwandlung des Besuchs einer Seite in einen erwünschten Vorgang wie das Kaufen, zunächst ab. Und das ist das, was die Händler befürchten – dass weniger Menschen ihre Ware kaufen. "Wir haben Bedenken, dass ein Teil der Nachfrage offline wandern könnte, also die Konversionsrate abnimmt", sagt Hitmeister-Gründer Gerald Schönbucher.
Das sei allerdings wahrscheinlich nur ein vorübergehender Effekt, solange noch nicht alle Shops den "Kaufen"-Button umgesetzt und die Kunden sich noch nicht daran gewöhnt haben, sagt Schönbucher. Denn eine Umstellung bedeutet es allemal, und die kostet Geld. Für manche mehr, für manche weniger – je nachdem, welches Shopsystem sie einsetzen. Für xt:Commerce 4.0.14 gibt es für die Umsetzung des Button-Textes laut Helpdesk-Mitarbeiter Alexander Scherbaum einen Patch, in Version 4.0.15 sind die Vorgaben umgesetzt. Das Update-Skript stehe in Kürze bereit, so Scherbaum. Die etwa 4000 Nutzer von oxid eShops werden in der Hauptsache von Agenturen beraten, die wiederum das Software-Update einspielen können, so Oxid-Vorstand Roland Fesenmayr. Shopware-Anwendern steht laut Shopware-Pressesprecher Wiljo Krechting ein Plug-in für die Software zur Verfügung, mit dem sie ohne Programmierkenntnisse in der Administrationsoberfläche ihren Shop gesetzeskonform anpassen können. Daniel Schnadt von Gambio bestätigte c’t gegenüber, dass ein Servicepack für Shopbetreiber bereitstünde. 1&1-Pressesprecherin Anja Kolm: "Die Freischaltung des neuen Buttons auf unseren deutschen Verkaufswebseiten wie auch in den 1&1-E-Shops wird zum 1. 8. erfolgen." Für Shopbetreiber, die ohnehin Verträge mit Agenturen haben oder die ihre Shops selbst verwalten können, dürften die Kosten also überschaubar sein.
Für einen großen Shopbetreiber wie die Deutsche Telekom wird die Umstellung teurer als vom Gesetzgeber geschätzt, so Phillip Blank, Pressesprecher des Unternehmens. "Die Anpassungen kosten die Telekom mehr als 600 000 Euro." Die Telekom begrüße jedoch die Rechtssicherheit, die das Gesetz bringe. Auch eBay kündigt die Umsetzung für alle gebührenpflichtigen Verkaufsvorgänge zum Stichtag an. "Die Änderungen sind für eBay mit nicht unerheblichem Aufwand und Kosten verbunden. Wir gehen nicht davon aus, dass die Änderungen zu Umsatzeinbußen führen, allerdings hätten wir uns vom Gesetzgeber an einigen Stellen klarere Anforderungen gewünscht", sagt eBay-Pressesprecherin Maike Fuest. Eine Alternative haben Shopbetreiber ohnehin nicht: Wenn sie die Vorgaben nicht umsetzen, drohen ihnen Abmahnungen wegen unlauterem Wettbewerb.
Jutta Gurkmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband glaubt nicht, dass das Gesetz alle Probleme aus der Welt schafft: "Das Problem der Verbraucher mit den Abofallen besteht vor allem in der teilweise sogar von Juristen und erst recht von Laien nicht leistbaren Beurteilung, ob bei den typischen Abofallen ein Vertrag zustande gekommen ist oder nicht." In der Tat sei noch nicht sicher, ob die Button-Lösung allen möglichen windigen Geschäftsgebaren Abhilfe schaffe. Das Gesetz müsse sich erst bewähren. (rzl)