Streit um Kulturflatrate in Frankreich

Auf der Musikmesse Midem streiten sich französische Kulturverbände und Verwertungsgesellschaften um das richtige Modell einer Kulturflatrate.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert
  • Mattias Hermannstorfer

Verschiedene französische Verbände liefern sich auf der Musikmesse Midem einen heftigen Kampf um die Einführung einer Kulturflatrate. Die Verwertungsgesellschaften Adami und Spedidam erläuterten anlässlich einer Pressekonferenz gestern ihre Forderung nach einer französischen Version einer Flatrate für private Kopien im Internet.

Nur kurze Zeit später wetterten die Union National des Auteurs et Compositeurs, die Société National des Auteurs et Compositeurs Dramatiques sowie eine Reihe weiterer Organisationen auf einer Gegenpressekonferenz gegen die Kulturflatrate. Die auf Drängen des Parlaments in den neuen Urheberrechtsentwurf aufgenomme Freigabe der Privatkopie im Internet habe dafür den Weg bereitet. Die Befürworter der Kulturflatrate trugen bei ihrer Pressekonferenz kugelsichere Westen – man wolle damit die unfairen Angriffe symbolisch zurückweisen.

Internetnutzer sollen 6,66 Euro pro Monat für das Recht auf private Kopien bezahlen, so der umstrittene Vorschlag, der als Generallizenz betitelt wird. Damit würden monatlich Einnahmen von 26,6 Millionen Euro zusammenkommen, die von den Verwertungsgesellschaften an Autoren und Künstler ausgeschüttet werden könnten. Für Adami und Spedidam ist die Kulturflatrate die logische Konsequenz einer technologischen Revolution. "Wir können Kopien im Internet nicht verhindern," sagte Bruno Ory-Lavollée von der Adami. "Wir haben eben diese Revolution des Kopierens und wir müssen nun die Konsequenzen dieser Revolution organisieren."

Dies ermögliche einen unbeschränkten öffentlichen Zugang, der aus Sicht von Adami und Spedidam der Idee vorzuziehen sei, alles per DRM zu schützen und dessen Umgehung zu bestrafen. Dies sieht das in Arbeit befindliche französische Urheberrecht ebenfalls vor. "Wir sind schon etwas empört, dass im aktuellen Gesetzesentwurf überhaupt nicht auf unseren Vorschlag reagiert wurde," kritisiert Ory-Lavollée.

Die Gegner warnen lauthals vor einem französischen Sonderweg. Das Geld könne nicht gerecht verteilt werden: Einerseits sei die Verfolgung von Sündern schwierig, andererseits müssten aber auch die zahlen, die gar nichts herunterladen. Die Verbände haben gleich eine ganze Reihe von Künstlern aufgeboten, die sich massiv gegen eine solche Flatrate ausgesprochen haben. Sie würden damit die Verwertung ihrer Rechte im Netz aufgeben. Die Folgen eines französischen Sonderweges könnten nur als "desaströs" bezeichnet werden. Denn ausländische Nutzer würden sich mit dieser Lizenz nur zu gerne an französischen Inhalten bedienen, ohne zu bezahlen. Der einzige Gewinner dabei sei die Industrie. Gemeint ist damit allerdings wohl eher die Telekommunikationsindustrie, deren Tauschbörsennutzer dann weniger belangt werden könnten. Ein Vertreter des internationalen Verbands der Musikindustrie IFPI kritierte bei der Pressekonferenz von Adami und Spedidam, eine Kulturflatrate schwäche den Kampf gegen die Piraten.

"Sie kritisieren immer nur die globale Lizenz", kontert Adami-Präsident Phillippe Ogouz. "Aber ich habe noch nie einen Gegenvorschlag gehört. Das müssen Sie dann schon machen." Ob es überhaupt Chancen auf die Kulturflatrate gibt, ist nicht klar. Der franzöische Minister für Kultur und Kommunikation, Renaud Donnedieu de Vabres, gab sich während seiner Pressekonferenz am Montag zurückhaltend. Der Gesetzgebungsprozess geht im März weiter, sagte de Vabres.

Zu den Diskussionen und juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Monika Ermert) / (mhe)