Geteilte Meinungen über US-Kartellauflagen für Microsoft

Zwischen dem US-Justizministerium und einigen Bundesstaaten herrscht Uneinigkeit darüber, ob die 2002 verhängten Kartellauflagen erfolgreich gegriffen haben.

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Das US-amerikanische Justizministerium sieht die über Microsoft verhängten Kartellauflagen als erfolgreich an. Es habe einige Entwicklungen bei Middleware und PC-Betriebssystemen gegeben, die darauf schließen ließen, dass die 2002 verhängten Auflagen ihr Ziel erreicht haben, heißt es in einer Mitteilung über eine Eingabe bei der zuständigen Richterin Colleen Kollar-Kotelly, die sich zur nächsten Statuskonferenz am 11. September damit befasst. Allerdings konnten sich einige Bundesstaaten nicht der Meinung der US-Regierung anschließen.

Microsoft wurde 2002 in der außergerichtlichen Einigung im Kartellverfahren mit der US-Regierung und Bundesstaaten dazu verpflichtet, technische Dokumentationen vorzulegen, die es unabhängigen Software-Anbietern ermöglichen, Produkte zu entwickeln, die mit Microsoft-Programmen interoperieren. Als Beispiele dafür, dass das Ziel erreicht wurde, nennt das Ministerium die zunehmende Verbreitung der Internet-Explorer-Konkurrenten Firefox, Opera und Safari, die zunehmende Popularität von Apples iTunes und Adobes Flash, die Verbreitung von Web-basierten Internetdiensten wie E-Mail und die Entscheidung von Dell und Lenovo, Computer mit vorinstalliertem Linux anzubieten.

Die Auflagen über Microsoft waren verhängt worden, nicht um die Marktanteile des Konzerns wesentlich zu senken, schreibt das Ministerium. Vielmehr sollten bessere Bedingungen für den Wettbewerb hergestellt werden, dem Microsoft durch sein Verhalten geschadet habe. Indem dies nun geschehen sei, hätten die Verbraucher von der florierenden Konkurrenz profitiert. Die Kartellaufsicht sollte ursprünglich im November 2007 enden. Kollar-Kotelly stimmte voriges Jahr einer von der Regierung und Microsoft beantragten Verlängerung von Teilen der Auflagen bis November 2009 zu. Außerdem hat die Regierung das Recht, die Frist bis November 2012 verlängern zu lassen.

Die Eingabe des Justizministeriums wird von den US-Bundesstaaten New York, Louisiana, Maryland, Ohio und Wisconsin mitgetragen. Kalifornien, Connecticut, Iowa, Kansas, Minnesota, Massachusetts und der District of Columbia mochten sich ihr nicht anschließen. Der kalifornische Justizminister Edmund G. Brown erläutert in einer Mitteilung, die Auflagen würden nicht ausreichend greifen, um den Wettbewerb zu stärken. In einem eigenen Bericht an Kollar-Kotelly heißt es beispielsweise, Microsofts Anteil auf dem Markt für Intel-kompatible Betriebssysteme sei lediglich von 93 Prozent im Jahr 1991 auf 92 Prozent im Jahr 2006 zurückgegangen.

Das bisher von Microsoft gezeigte Entgegenkommen sei freiwillig. Es sei unklar, ob es substanziell sei oder ob es sich lediglich um PR-Versprechungen handelt, heißt es weiter in dem Bericht. Anhand der Desktop-Suche in Windows Vista habe sich gezeigt, dass Microsoft weiterhin gegen Auflagen verstößt. Eine Ende der Kartellaufsicht über Microsoft würde ein Ende der Beschränkungen für den Konzern bedeuten. Die bisher gesetzte Frist für die Kartellauflagen reiche nicht aus, um die Auswirkungen von Windows Vista auf den Markt zu beobachten. Google hat sich dieses Jahr beschwert, Microsofts Suchfunktion würde die Software des Suchmaschinenherstellers benachteiligen. Microsoft reagiert darauf und modifiziert Vista in dem für kommendes Jahr angekündigten Service Pack 1.

Microsoft selbst widerspricht in seiner Eingabe an Kollar-Kotelly der Gruppe der US-Bundesstaaten um Kalifornien. Sie hätten nicht beachtet, dass sich die IT-Industrie seit Erteilung der Kartellauflagen grundlegend gewandelt habe. PC-Hersteller böten Geräte ohne Microsoft-Produkte an, serverbasierte Dienste könnten über Web-Browser von unterschiedlichen Betriebssystemen aus erreicht werden. Das Gericht habe 2002 nicht festgestellt, dass Microsoft seine Marktdominanz mit unlauteren Mitteln erlangt habe, nur habe das Unternehmen seine Dominanz mitunter wettbewerbswidrig behauptet. An diesem Punkt hätten die Auflagen erfolgreich gegriffen, meint Microsoft. (anw)