Kartellverfahren gegen Qualcomm geht weiter

Ein Berufungsgericht gibt zwei von acht zunächst abgewiesenen Anklagepunkten zurück an die erste Instanz. Die muss sich nun erneut mit der Frage beschäftigen, ob Qualcomm mit seinem Verhalten in Standardisierungsverfahren gegen Kartellrecht verstoßen hat.

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Ein US-Berufungsgericht in New Jersey hat der von Chiphersteller Broadcom gegen den Konkurrenten Qualcomm erhobenen Klage wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht wieder etwas Leben eingehaucht, nachdem die Beschwerde in der ersten Instanz abgewiesen worden war. In zwei wesentlichen Punkten gab das Berufungsgericht dem Einspruch Broadcoms statt und verwies diese zu Klärung wieder an die Vorinstanz. Die hatte die insgesamt acht Anklagepunkte gegen Qualcomm, in denen es um Mobilfunkstandards, Lizenzpraxis und Monopolbildung geht, vor genau einem Jahr abgewiesen.

Broadcom ging in vier Anklagepunkten in die Berufung, der nun zur Hälfte stattgegeben wurde. Das Berufungsgericht stellte fest, dass Qualcomm seine Monopolstellung bewusst erarbeitet und verteidigt habe. Der Fall, so die Meinung der Richter, werfe unter anderem die wichtige Frage auf, ob die Täuschungsversuche eines Patentinhabers in einem Standardisierungsverfahren nach dem Kartellrecht geahndet werden können. Nun muss sich das Bezirksgericht in New Jersey erneut mit dieser Frage beschäftigen.

Dem Chiphersteller wird unter anderem vorgeworfen, bei der Standardisierung von WCDMA (UMTS) eigene Technik eingebracht zu haben, ohne danach Lizenzen wie versprochen zu fairen, vernĂĽnftigen und keinen Lizenznehmer benachteiligenden (fair, reasonable and non-discriminatory, "FRAND") Konditionen zu vergeben. Stattdessen habe Qualcomm unterschiedlich hohe LizenzgebĂĽhren verlangt, die einzelne Firmen benachteiligen und weitgehende Vereinbarungen ĂĽber wechselseitige Lizenzen gefordert, um seine fĂĽhrende Stellung in dem Segment abzusichern.

Beide Parteien feiern die Entscheidung der Berufungsrichter als Fortschritt. Qualcomm sei erfreut, dass das Berufungsgericht mit der Abweisung von Broadcoms Vorwürfen durch das Bezirksgericht in bestimmten Punkten übereinstimme, teilte das Unternehmen mit. Qualcomm betont, dass nun insgesamt sechs Vorwürfe Broadcoms endgültig abgewiesen seien und weist darauf hin, die Berufungsrichter hätten keine inhaltliche Entscheidung getroffen, sondern aus verfahrenstechnischen Gründen annehmen müssen, die Vorwürfe seien inhaltlich richtig. Qualcomm erwarte jedoch, dass die Vorinstanz auch die verbliebenen zwei Punkte erneut abweisen werde.

Auch Broadcom sieht sich als Sieger. "Wir sind erfreut, dass wir unseren Auftritt vor Gericht bekommen und die Gelegenheit erhalten, aufzuzeigen wie Qualcomm die Kartellgesetze unseres Landes bricht", kommentiert Broadcoms Chefanwalt David Dull. Schon einmal sei Qualcomm wegen Missbrauchs von Standardisierungsverfahren vor Gericht unterlegen, Broadcom sei optimistisch, sich auch in New Jersey durchzusetzen.

Damit spielt Dull auf eines der zahllosen Verfahren an, in denen sich die beiden Chiphersteller vor Gericht um Techniken, Chipsätze und Patente bekriegen. In San Diego hatte ein Bezirksgericht befunden, dass Qualcomm im Standardisierungsverfahren für H.264 zwei Patente für Videokompression bewusst zurückgehalten habe, um konkurrierende Anwender anschließend zu verklagen. Besonders peinlich: In dem Verfahren kam zudem ans Tageslicht, dass Qualcomm auch das Gericht zu täuschen versucht hatte. Das aufsehenerregende Urteil war Höhepunkt einer Reihe von Rückschlägen, die Qualcomm in jüngster Vergangenheit hinnehmen musste. Der Chiphersteller, der glänzende Bilanzen vorweisen kann, liegt auch mit anderen Branchengrößen im Clinch und liefert sich mit Handyhersteller Nokia eine an Intensität zunehmende Patentfehde. (vbr)