Medientage: Ciao, Mr. Bond?

Produktplatzierungen sollen nach Ansicht von Medienpolitikern in der EU-Fernsehrichtlinie restriktiv gehandhabt werden. EU-Parlament und nun auch nationale Politiker plädieren zudem gegen die Aufnahme von Social-Networking-Sites in den Regulierungsrahmen.

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Von
  • Monika Ermert

Würde sich ein striktes Verbot von Produktplatzierung fürs Fernsehen in Europa durchsetzen, dann bedürfte James Bond nach Einschätzung von Medienexperten einer Ausnahmegenehmigung fürs deutsche Fernsehen. Keine erfolgreiche Hollywood-Produktion verzichtet auf Produktplatzierungen, aber genau die hätte die Medienpolitik in der geplanten neuen EU-Fernsehrichtlinie gerne restriktiv gehandhabt. Um die mehr oder weniger versteckte Schleichwerbung gab es einen heftigen Streit bei einer Diskussion von Fachleuten, zu der das Institut für Europäisches Medienrecht bei den Münchner Medientagen geladen hatte.

Die EU-Kommission hatte bei ihrem Vorschlag, in der EU-Fernsehrichtlinie Produktplatzierungen für den fiktionalen Bereich liberal zu gestalten, vor allem die uneinheitliche Rechtslage im Blick, sagte eine Vertreterin der EU-Kommission. Bei Filmen aus den USA, aber auch aus einzelnen EU-Ländern sei die Produktplatzierung gar nicht geregelt. Beim Richtlinienvorschlag habe man sich daher im Sinne von Verbraucherschutz und redaktioneller Unabhängigkeit für Mindestanforderungen entschieden, die die Produktplatzierungen für Nachrichtensendungen, Dokumentationen und Kindersendungen ausschließen. Für den fiktionalen Bereich würden Produktplatzierungen aber erlaubt, wenn der Zuschauer im Vorspann, Abspann oder sogar während des Films darauf hingewiesen werde.

Dem Vorsitzenden der Gemeinsamen Stelle der Landesmedienanstalten für Programm, Werbung und Medienkompetenz, Norbert Schneider, geht das nicht weit genug: "Warum muss die Einheitlichkeit der Gesetze immer durch ein Absenken des Niveaus und nicht durch ein Anheben passieren?" Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte in der Eröffnungsrede eine liberale Regelung ebenfalls abgelehnt und der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien sich kürzlich mit der dringenden Bitte an die Abgeordneten des EU-Parlaments gewandt, sich gegen die Erlaubnis für Produktplatzierungen in der Richtlinie auszusprechen.

In Deutschland ist Produktplatzierung bislang verboten, allerdings gibt es mit der so genannten Produktbeistellung ein Hintertürchen, über das beispielsweise die unentgeltliche Nutzung der MS Deutschland der Reederei Deilman als "Traumschiff" durch das ZDF erlaubt wird. "Produktplatzierung ist ein Eingriff in die redaktionelle Unahbhängigkeit. Es wäre ein großer Verlust für die Glaubwürdigkeit der Medien, würde man den Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm aufgeben", sagte Verena Wiedemann, Generalsekretärin der ARD. Wiedemann warf den anwesenden Vertretern des Privatfunks vor, deren Manager hätten die Maßstäbe des Trennungsgebots offenbar aufgegeben. Die Kreativen und Redaktionen auch der Privatsender seien damit aber keinesfalls einverstanden. "Wenn die Manager keine Maßstäbe haben, muss eben die Politik sie setzen." Tobias Schmid, Bereichsleiter Medienpolitik bei RTL, meinte, sein Unternehmen sei in der Tat bereits von einer Medienanstalt aufgefordert worden, mit den Hollywood-Studios über bereinigte "deutsche" Versionen von Filmen zu verhandeln. "Die haben gezittert", sagte Schmid ironisch.

In Brüssel sind es allen voran die Briten, die vor den Effekten eines strikten Verbots warnen, erklärte die Kommissionsvertreterin; dies geschehe gerade unter Verweis auf Produktionen aus Drittländern. Auch bei der Streitfrage, wie weit sich die Fernsehrichtlinie auf Abrufangebote im Netz erstellen soll, trommelten die Briten für Unterstützung eines weitgehenden Ausschlusses der so genannten nicht-linearen Dienste. Bei einer Anhörung des Oberhauses Anfang der Woche kritisierten alle Experten die EU-Richtlinie in der vorliegenden Form. Medienminister Shaun Woodward sagte gegenüber britischen Medien, er sei gegen eine Regulierung von YouTube und MySpace. Da ist sich der Minister allerdings auch mit vielen EU-Abgeordneten einig, die diese Forderung an eine Überarbeitung der EU-Richtlinie bereits seit einiger Zeit erheben – auch wenn sich etwa YouTubes Beurteilung angesichts der Übernahme durch Google ändern könnte.

Zu den Münchner Medientagen siehe auch:

Zu den Diskussionen um die neue Fernsehrichtlinie der EU siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)