Die erste 800er der Z-Reihe gibt sich aggressiv – kann für Fahranfänger aber auch ganz zahm

Auf Wunsch zahm – die neue Kawasaki Z800

Mit der neuen Z800 fährt Kawasaki zweigleisig. Einerseits soll sie aggressiver auftreten, andererseits aber auch alltagstauglicher werden. Für Fahranfänger mit dem neuen Führerscheins A2 gibt es sogar eine eigene, preisgünstigere Version

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Von
  • Gernot Goppelt

Friedrichsdorf, 29. Oktober 2012 – Als "unbestrittenen Anführer" ihrer Klasse bezeichnete Kawasaki die Z750, was irgendwie auch stimmt, denn viele unmittelbare Konkurrenten gibt es nicht – wir reden von nackten Sportmaschinen mit Reihenvierzylinder und einem dreiviertel Liter Hubraum. Mittlerweile hält Suzuki mit der GSR 750 dagegen, doch gegen die ikonenhafte Buchstaben-Zahlen-Kombination Z750 muss man erstmal ankommen.

Erstmals 800

Und was macht Kawasaki? Die Japaner verabschieden sich von der 750er und bringen für 2013 die Z800 auf den Markt. "40 Jahre nach der ersten Z wird das Z-Design mit der Z800 in eine neue Richtung geführt heißt" es. Noch mehr als bisher mimt die Mittelklasse-Kawa den Zorro unter den so genannten "Naked Bikes". Oder so: Der Anblick der Z800 "weckt Assoziationen an eine Raubkatze mit Beute im Maul", beschreibt Kawasaki die neue Optik, womit wir es bewenden lassen wollen mit der Designlyrik, denn jeder kann selbst sehen, wie sie aussieht. Eines bleibt auf jeden Fall bestehen: Eine Z muss irgendwie aggressiv oder zumindest drahtig sein, was in der 40-jährigen Historie meistens auch gelungen ist.

Die wichtigste Neuerung der Z800 ist der Motor. Er hat nun genau 806 cm3, das Bohrung-Hub-Verhältnis beträgt dank vergrößerter Bohrung nun 71,0 x 50,9 Millimeter. Kawasaki hat verspricht ein zu niedrigeren Drehzahlen verschobenes Spitzendrehmoment und eine alltagstauglichere Motorcharakteristik. Interessant ist die neue Auslegung der Ansaugtrichter: 1 und 4 sind kürzer als 2 und 3. Statt bisher in Kokillenguss mit Stahlauskleidungen ist die Zylinderbank nun einem Stück aus Aluminium-Guss gefertigt. Zudem ist es eine Open-Deck- statt bisher Closed-Deck-Konstruktion. Das soll etwa 1 kg Gewicht einsparen. Aufgrund der größeren Bohrung haben die Kolben einen größeren Durchmesser, sind aber andererseits von 47,2 auf 40,2 mm verkürzt worden. Sie sind 10 Prozent leichter als bisher und reduzieren somit die bewegte Masse. Der Durchmesser der Öldüsen ist von 0,8 auf 1.2 mm vergrößert worden, was der Kolbenkühlung und somit der Haltbarkeit zugute kommen soll.

Auch die Abgasanlage soll einen Beitrag zu "besserem Durchzug" leisten. Die Krümmer wurden dazu möglichst lang ausgeführt. Ausgleichsrohre verbinden die Krümmer 1 und 4 sowie 2 und 3. Hinter dem Schalldämpfereingang soll ein "modulares Abgasregelsystem" zur Abstimmung der Abgasgegendruckwellen beitragen – das soll zu einem besseren Ansprechverhalten aus unteren und mittleren Drehzahlen führen.

Für Anfänger und Profis

Beim Fahrwerk legt Kawasaki Wert auf eine noch leichtere Beherrschbarkeit. Der Rahmen wurde weitgehend von der Z750 übernommen. Die Motoraufhängung soll steifer als bisher sein, dennoch sollen weniger Schwingungen beim Fahrer ankommen. Zwar wird die Z800 nach wie vor als "extrem sportliches Motorrad" positioniert, soll aber durch eine bedienfreundliche Charakteristik auch für Anfänger geeignet sein. Die Sitzposition fällt dazu etwas entspannter aus als bei der Z750, aufrecht genug, um in der Stadt genügend Übersicht zu haben und komfortabel auf langen Strecken.

Das klingt vernünftig, denn die Z800 wird für Fahranfänger attraktiver als noch die Z750 – was nicht allein ihr Verdienst ist. Der Grund liegt in den neuen Regelungen für den Stufenführerschein, die am 19. Januar 2013 in Kraft treten. Demnach darf man als Fahranfänger mit dem Führerschein der Klasse A2 ein Motorrad mit 35 kW (48 PS) Leistung fahren, bisher waren es 25 kW. Das macht Motorräder für Anfänger wieder attraktiver, lässt es aber auch sinnvoll erscheinen, dass diese alltagstauglich und leicht beherrschbar ausgelegt werden. Etwas merkwürdig ist die EU-Anforderung, dass das Leistungsgewicht mindestens 0,2 kW/kg betragen muss, ein Motorrad mit 48 PS also mindestens 175 kg wiegen muss. Mit rund 230 Kilogramm verfehlt die Z800 diese Marke aber ohnehin deutlich.

Ungedrosselt leistet die Z800 96 kW (131 PS) und kostet 9495 Euro. Zudem gibt es die Variante Z800e mit 70 kW (95 PS) und etwas einfacheren Federelementen für 8595 Euro. Kawasaki bietet diese Variante an, weil nach der neuen Führerscheinregelung ein Motorrad nur auf maximal die Hälfte der Originalleistung gedrosselt werden dürfe. Das günstigere Angebot könnte bewirken, was die Erdenker des Führerscheins A2 im Hinterkopf gehabt haben sollen: Manch einer wird es beim Entdrosseln auf 95 PS belassen, wenn er nach zwei Jahren den "richtigen" Führerschein A macht, wozu übrigens eine abermalige Prüfung erforderlich ist. Denn für manchen Hobbypiloten ist es in der Tat egal, ob er 95 oder 131 PS bändigen darf. (ggo)