BSA: Obamas Engagement bei Technikthemen "ein gutes Zeichen"

"Die digitale Wirtschaft ist einer der Treiber für Wirtschaftswachstum und mehr Jobs." Also müsse das US-Parlament Innovatoren helfen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, kommentiert ein Vertreter des Softwareindustrie-Verbands BSA die US-Wahl. Obama sei bei Technikthemen stark engagiert. "Das ist ein gutes Zeichen."

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Barack Obama ist als US-Präsident wiedergewählt – und nicht nur wegen seiner intensiven Nutzung sozialer Netze im Wahlkampf und zur Bürgerinformation wird ihm hohe Affinität zur Hightech- und Medienbranche nachgesagt. Wie aber stellt sich die Lage aus Sicht der großen Software-Hersteller darf? Zu dieser Diskussion traf heise online in Washington, DC, Matt Reid von der Business Software Alliance (offiziell "BSA The Software Alliance"). Die Organisation zählt etwa Adobe, Apple, Autodesk, Dell, Intel und Microsoft zu ihren Mitgliedern und ist vor allem für ihren Einsatz gegen lizenzwidrige Verwendung kommerzieller Software bekannt. Sie widmet sich aber auch anderen Themen.

"Im Wahlkampf waren die Leute sehr um die Wirtschaft und Arbeitsplätze besorgt", eröffnete Reid das Gespräch mit einer Bilanz, "Die digitale Wirtschaft ist einer der Treiber für Wirtschaftswachstum und mehr Jobs." Also müsse das US-Parlament (Congress) Innovatoren helfen, um dadurch das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Auf Nachfrage äußerte sich Reid auch zu Obama: "Er ist sehr stark in Themen mit Technologiebezug engagiert. Das ist ein gutes Zeichen."

Es sei vernünftig, Technik einzusetzen, um Behördenleistungen besser und effizienter erbringen zu können. "Unter Obama gab es den ersten Chief Technology Officer (CTO) auf Bundesebene und den ersten Koordinator für die Durchsetzung von Urheberrechten", hob der BSA-Sprecher außerdem positiv hervor. "Er versteht Technologie. Das ist positiv."

Größere Freude dürfte die BSA aber mit anderen Politikern gehabt haben. Reid erwähnt im Verlauf des Gesprächs die Senatoren Jay Rockefeller (Demokrat aus einer Dynastie von Republikanern), Jim DeMint (Republikaner, "Tea Party"), Max Baucus (konservativer Demokrat) sowie die nun wiedergewählten Mitglieder des Repräsentantenhauses Dave Camp (Republikaner), Lamar Smith (Republikaner, "Tea Party") und Bob Goodlatte (Repubilkaner). Die letzten Beiden seien "starke Unterstützer der Technologieindustrie". (Laut opensecrets.org erfreuten sich ihre Wahlkampfbudgets großzügiger Zuwendungen insbesondere der Urheberrechts-Industrie sowie der IT-Branche.)

Smith und Goodlatte haben den zunächst von der BSA unterstützen Antrag auf das umstrittene Stop Online Piracy Gesetz (SOPA) eingebracht. Smith hat kommenden März in Kraft tretende Reform des US-Patentsystems initiiert und hat zudem versucht, Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Letzteres unter dem Titel des Kampfes gegen Kinderpornographie, aber ohne entsprechende Einschränkung der Nutzung der Daten. Smith muss aufgrund einer Amtszeitbeschränkung den Vorsitz des einflussreichen Justizausschusses räumen, wo ihm Goodlatte nachfolgen könnte. Smith übernimmt vielleicht den Vorsitz des Wissenschafts-, Weltraum-, und Technologieausschusses – was durchaus im Sinne der BSA sein dürfte.

Rockefeller, der Vorsitzender des Senatsausschusses für Wirtschaft, Wissenschaft und Verkehr ist, hat sich aus Sicht der BSA mit seinen Einsatz im Bereich Cybersecurity verdient gemacht. In diesem Metier gibt es seit Jahren allerlei Gesetzesanträge. Die BSA unterstützt etwa die Lieberman-Collins-Bill und den besonders umstrittenen Antrag auf einen Cyber Intelligence Sharing and Protection Act (CISPA). Auch mehr Geld für Forschung und Entwicklung in dem Bereich sowie eine Reform des Gesetzes über behördliche Informationssicherheit (FISMA) wäre ganz im Sinne der Organisation.

Von Baucus (Vorsitzender des Finanzausschusses), DeMint (Vorsitzender des Steuerausschusses) und Camp erhofft sich die BSA anhaltende Unterstützung für eine Steuerreform, die eher nicht im Sinne Obamas ausfallen soll. Nach dem Standpunkt der BSA zu Netzneutralität gefragt sagt Reid: "Das Internet muss eine offene und neutrale Plattform sein."

Die drei wichtigsten BSA-Themen

In den nächsten Jahren möchte sich die BSA vor allem drei Themen widmen: Der internationalen Durchsetzung von "Geistigem Eigentum", dem Abbau von Handelshemmnisse für Software und der Schaffung eines "wirklich globalen Marktes für Cloud Computing".

"Geistiges Eigentum ist wesentlich für Innovation. Wir müssen sicherstellen, dass dieser Schutz bei unseren Handelspartnern gegeben ist", wiederholt Reid einen bekannten Standpunkt seiner Organisation. Dabei geht der BSA weniger um den privaten Bereich als vielmehr um rechtswidrige Softwarekopien durch Unternehmen: "Da sind Firmen die in Fabriken und Ausrüstung investieren und auf dem Weltmarkt in den Wettbewerb (mit Firmen aus Industrienationen) treten. Aber sie haben (aufgrund ersparter Lizenzgebühren) eine ganz andere Kostenstruktur."

Handelshemmnisse würden westlichen Software-Anbietern zu häufig den Zugang zu besonders stark wachsenden Märkten verwehren. Gleichzeitig seien einige dieser Zielmärkte von hoher Verbreitung unlizenzierter Software geprägt. Handelshemmnisse teilt die BSA in fünf Klassen (PDF) ein: Einschränkungen für staatliche und staatsnahe Einrichtungen bei der Auswahl ihrer Lieferanten; Zölle; Manipulation technischer Standards zum Vorteil heimischer Anbieter; Sicherheitsvorschriften die die Lieferung ausländischer Software an ganze Branchen untersagen oder untunliche Auflagen machen; und schließlich regulatorische Hindernisse für Cloud Computing.

"Ein globaler Markt für Cloud Computing steigert die Effizienz enorm. Er muss wachsen und darf nicht durch nationalstaatliche Grenzen behindert werden", fordert Reid. "Die Länder sollten nicht verlangen, dass Dienste auf ihrem Territorium erbracht werden." Für sicherheitskritische Anwendungen würde die BSA aber Ausnahmen zulassen. "Privatsphäre, der PATRIOT-Act – diese Argumente werden eher für Marketingzwecke bemüht als für echte Sicherheitsbedenken", sagte der BSA-Sprecher. "Wirklich sensible Daten sind vielleicht für die Cloud nicht geeignet." Das Problem sei, dass nicht-sensible kommerzielle Daten genauso behandelt würden. Die Datenschutzrichtlinie der EU unterscheidet allerdings durchaus zwischen sensiblen personenbezogenen und anderen Daten.

Insbesondere für europäische Datenschutzbestimmungen hat die BSA wenig Verständnis. Deutschland schneidet in der von der Organisation erstellten "Global Cloud Computing Scorecard" trotzdem sehr gut ab. Die BSA scheint im EU-Datenschutz vor allem eine protektionistische Maßnahme zu erkennen. "Den Markt zum Vorteil der lokalen Anbieter abzuschotten ist falsch. Langfristig sind jene Märkte, in denen europäische Firmen eine Chance auf Wachstum haben, die Entwicklungsländer. Daher tut man mit einer Abschottung der lokalen Industrie dieser gar keinen Gefallen", führt Reid aus. Entsprechend wünscht sich die Organisation freien Datenfluss über alle Grenzen hinweg. "Die Transpazifische strategische wirtschaftliche Partnerschaft (TPP) ist ein tolles Beispiel für einen neuen Rahmen", freut sich der BSA-Vertreter. In Sachen Freihandel hat er in Obama durchaus einen Mitstreiter.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie zur Lage nach der US-Präsidentschaftswahl. Heise online trifft dazu in der US-Hauptstadt Washington, DC, Experten mit unterschiedlichen Einstellungen und Arbeitsgebieten. Bislang erschienen:

(jk)