Maschinenbauer patentieren aus Angst vor China weniger

Bei deutschen Maschinenbauern wird wieder verstärkt auf den Geheimnisschutz rund um Forschung und Entwicklung gesetzt, um chinesischen Produktkopierern das Handwerk zu erschweren.

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Bei deutschen Maschinenbauern wird wieder verstärkt auf den Geheimnisschutz rund um Forschung und Entwicklung gesetzt. Gleichzeitig kommt der alternative Patentschutz von Erfindungen in diesem Industriebereich laut einem Bericht der Financial Times Deutschland aus der Mode. Ziel dieses Trends ist es demnach, den im Westen gefürchteten chinesischen Produktkopierern das Handwerk zu erschweren. "Wir raten unseren Mitgliedern inzwischen, Patente nur noch anzumelden, wenn die Produkte ein sehr komplexes technisches Know-how voraussetzen", erläutert der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Hannes Hesse.

Nach einer Studie des VDMA sind vier Fünftel der Unternehmen der Investitionsgüterindustrie bereits Opfer so genannter Produktpiraterie geworden. Die Schäden durch Plagiate würden weltweit auf bis zu 660 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Auf dem Rechtsweg gebe es gerade in China aber kaum Chancen, sich gegen den Ideenklau zur Wehr zu setzen, erklärt Hesse. "Viele Unternehmen lauern deshalb darauf, bis die Plagiate in Ländern auftauchen, in denen das Rechtssystem besser funktioniert. Erst dann gehen sie gegen die Produktpiraten vor."

Tatsächlich sind viele Maschinenbauer vorsichtig geworden. Man stelle nur noch wenige Patentanträge, heißt es beim weltgrößten Stahlwerksbauer SMS Group. Chinesische Konkurrenten würden regelmäßig Patentschriften studieren, um die Produkte dann zu kopieren. "Wir versuchen, die Chinesen so lange wie möglich auf Abstand zu halten", lautet auch die Parole von Harald Joos, Chef des Kranherstellers Demag. Der Weltmarktführer bei mobilen Lastenhebern in Häfen, der insgesamt über rund 1500 Patente verfügt, hat schlechte Erfahrungen gemacht. Zwei frühere Kran-Generationen seien von den Chinesen nachgebaut worden. Die neuesten Geräte seien wegen des größeren und schwieriger zu kopierenden Softwareanteils dagegen noch nicht betroffen.

Den Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA), Jürgen Schade, besorgt die Entwicklung. "Patente nicht anzumelden, bedeutet, weltweit keinen Schutz zu haben." Dann könnten Produkte, die etwa auf Messen ausgestellt werden, von jedem kopiert werden. Die Chancen, bei Patentverletzungen in China recht zu bekommen, stünden gerade bei hochwertigen Produkten nicht so schlecht. Auch das Bundeswirtschaftsministerium hat im November einen Patentserver ins Netz gestellt, um Firmen für die rasche Beantragung gewerblicher Schutzrechte zu sensibilisieren. Zuvor meldete das Europäische Patentamt im Juli einen neuen Rekord bei Patentanmeldungen. Unter den größten Antragstellern habe Deutschland den zweiten Platz hinter den USA eingenommen.

Schade räumte zugleich aber ein, dass Offenlegungsschriften 18 Monate nach einem Patentantrag einsehbar seien und die darin umschriebenen Techniken "ein Fachmann ohne Probleme verstehen kann". Das dafür notwendige technisch-naturwissenschaftliche Vorwissen sei in China vorhanden. Der DPMA-Chef riet den Unternehmen jedoch, das Thema Plagiate nicht überzubewerten. "Die Industrieländer sollten sich eher darauf konzentrieren, im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich die Nase vorn zu behalten." Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte Anfang vergangenen Jahres angekündigt, China bei der Umsetzung seiner "internationalen Verpflichtungen zum Schutz des geistigen Eigentums in die Praxis" helfen zu wollen. Zuvor hatte es aus dem EU-Parlament aber auch Befürchtungen gegeben, Peking würde eine "aggressive Patentkultur" vorantreiben. Pseudo-Erfinder könnten so westliche Entwicklungen mit eigenen Schutzansprüchen überziehen und den Markt blockieren. (Stefan Krempl) / (jk)