Formel 1: Bereut Hamilton schon seinen Wechsel zu Mercedes?

Lewis Hamilton wechselt in der nächsten Formel-1-Saison von McLaren zu Mercedes. Die Gründe dafür liegen nicht unbedingt auf der Hand, denn McLaren war in der jüngeren Vergangenheit fast immer schneller als das Mercedes-Team

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Von
  • Martin Franz

McLaren-Pilot Lewis Hamilton wechselt in der kommenden Formel-1-Saison zum Mercedes-Team. Der Wechsel des Weltmeisters von 2008 hat für reichlich Aufsehen gesorgt, nicht nur weil Michael Schumacher dafür gehen musste. Nach wie vor wird über die Motivation von Hamilton spekuliert, was nicht verwunderlich ist, denn im Gegensatz zu McLaren ist es dem Mercedes-Team in den vergangenen Jahren nicht gelungen, ein Auto zu bauen, das konstant um Siege oder gar Weltmeistertitel mitfahren konnte.

Im nächsten Jahr fährt Lewis Hamilton für Mercedes.

(Bild: Mercedes AMG Petronas)

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh vermutet, dass Hamilton seinen Wechsel noch bereuen wird. „Ja, ich denke, bei mancher Gelegenheit schon. Ich glaube, er wäre bei uns besser aufgehoben. Wir sind das bessere Team“, sagte er kurz vor dem vorletzten Grand Prix am Sonntag in den USA. Eine Behauptung, die Hamilton in Austin kalt erwischte. „Ich war überrascht, das zu hören“, entgegnete er und versicherte: „Ich bin sehr glücklich, dass ich eine neue Herausforderung vor mir habe und lernen muss, neue Beziehungen einzugehen. Das tut doch jeder irgendwann mal im Leben.“ Hamilton fährt seit 2007 in der Formel 1. Gleich in seinem ersten Jahr lieferte er sich ein packendes Duell mit Fernando Alonso, der als amtierender Weltmeister ebenfalls neu im Team war. Am Ende verloren beide, denn im letzten Rennen der Saison 2007 holte sich Kimi Räikkönen den Titel. Alonso verließ das Team, Hamilton blieb und gewann 2008 die Fahrer-WM. Seit dem hat es für ihn zwar nicht mehr für einen weiteren Titel gereicht, doch man konnte zusammen zahlreiche Grand Prix gewinnen. „Es ist sehr emotional für mich. Ich habe so viel Liebe für dieses Team“, bekannte der britische Formel-1-Pilot vor seiner letzten Arbeitswoche bei McLaren.

Seit der Saisonmitte 2012 ging es bei Hamiltons künftigem Arbeitgeber Mercedes steil bergab. Seit nunmehr vier Rennen sind Michael Schumacher und Nico Rosberg ohne Punkte, dem Werksteam droht der Absturz auf Platz 6 der Konstrukteurswertung. Da an jedem Platz in dieser Wertung zusätzliche Millionen Dollar an Zuschüssen zum Beispiel für den Transport hängen, ist die Konstrukteurs-WM für die Teams enorm wichtig. „Es geht jetzt nur mehr darum, für das nächste Jahr zu lernen“, sagte Hamiltons neuer Teamgefährte Rosberg. Der hatte beim Großen Preis von China in Shanghai im April den bisher einzigen Sieg für Mercedes einfahren können.

In diesem Jahr hatte Mercedes mit dem Doppel-DRS einen einzigartigen Ansatz, der aber Abstimmung und Weiterentwicklung in der Aerodynamik komplizierter gemacht hat. Beim Doppel-DRS wird ein Teil der Luft, die auf den Heckflügel trifft, durch Kanäle unter dem Auto nach vorn geführt und auf den Frontflügel geblasen. In der Theorie führt das zu mehr Abtrieb auf der Vorderachse und somit weniger Verschleiß an den vorderen Reifen. Doppel-DRS sei ein gutes Konzept gewesen, in anderen Bereichen hätte es das Auto aber langsamer gemacht, so Mercedes-Teamchef Ross Brawn in einem Interview mit Autosprint – zumal die Entwicklungszeit, die in das Doppel-DRS investiert wurde, vertan ist: Die FIA hat das System für die nächste Saison verboten.

„Lewis ist eine Schlüsselzutat. Er ist einer der schnellsten Fahrer, daran haben auch unsere Ingenieure keinen Zweifel“, sagte Mercedes-Teamchef Ross Brawn. Damit erhöht er nicht nur den Druck auf seinen neuen Fahrer, sondern vor allem den auf sein Team. Fährt Mercedes auch im nächsten Jahr hinterher, wird es noch schwerer, den Vorstand für ein weiteres Engagement in der Königsklasse zu gewinnen. Denn trotz aller langfristigen Bekenntnisse zur Formel 1 dürfte klar sein, dass Mercedes nicht nur antritt, um das Fahrerfeld aufzufüllen. Vor drei Jahren war der WM-Titel das erklärte Ziel. Dass man das nicht erreicht hat, dürfte nur zu einem geringen Teil an den Fahrern gelegen haben. Vielmehr war Mercedes nicht in der Lage, dem hohen Entwicklungstempo von McLaren, Red Bull und Ferrari zu folgen. Mit Lewis Hamilton hat Mercedes endgültig keine Ausrede mehr. Bei Schumacher wurde in den vergangenen Jahren oft vorgeworfen, er habe seinen Zenit hinter sich. Hamilton ist dagegen, was seine fahrerischen Leistungen anbelangt, unter Experten nahezu unumstritten.

Der Hauptgrund für den Wechsel von Hamilton dürfte in einer gewissen Frustration in den letzten Monaten liegen. Trotz der bislang insgesamt drei Siege war die zweite Hälfte der Saison durch Ausfälle und technische Defekte gekennzeichnet.

(mit Material der dpa) (mfz)