100-Dollar-Laptop kommt später und wird teurer

Die Organisation "One Laptop per Child" kann die Produktion ihres als 100-Dollar-Laptop bekannt gewordenen tragbaren Rechners für Schulkinder in Entwicklungsländern nicht wie geplant im Oktober starten.

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Von
  • Nico Jurran

Die Organisation "One Laptop per Child" (OLPC) kann die Produktion ihres als "100-Dollar-Laptop" bekannt gewordenen tragbaren Rechners für Schulkinder in Entwicklungsländern einem Eintrag eines unabhängigen OLPC-Blogs zufolge nicht wie geplant im Oktober starten. So sollen von dem Gerät mit der Modellbezeichnung XO nun erst ab November die ersten 40.000 Exemplare gefertigt werden. Im Dezember ist dann noch einmal die Herstellung von 80.000 Stück geplant. Laut Nicholas Negroponte vom MIT Media Lab seien letzte Arbeiten an der Software die Ursache für die Verspätung.

Zudem verteuert sich das Gerät auch noch einmal: Mit einem offiziellen Preis zwischen 188 US-Dollar ist der XO mittlerweile weit von der Zielmarke entfernt, die Negroponte bei der Vorstellung des OLPC-Projekts auf dem zweiten UN-Weltgipfel der Informationsgesellschaft in Tunis im Herbst 2005 genannte hatte. Projekt-Sprecher George Snell machte verschiedene Faktoren hierfür verantwortlich, darunter Währungsfluktuationen und steigende Kosten für Nickel und Silizium. Laut Snell setze die Organisation nun jedoch alles daran, dass der Preis die 190-Dollar-Marke nicht übersteige. Nach Angaben des Blogs Proyecto Ceibal kostet der XO in Uruguay allerdings bereits 205 US-Dollar.

Nach Ansicht von Kritikern sind aber weder Software-Probleme noch steigende Produktionskosten der wahre Grund für die Verzögerungen und die Preiserhöhung. Sie werfen dem OLPC-Projekt vielmehr vor, sich gründlich verkalkuliert zu haben: So sei Nicholas Negroponte zunächst davon ausgegangen, dass man fünf Entwicklungsländer gewinnen könne, die jeweils 1 Million Laptops bestellen sollten. Notfalls sollten kleinere Länder zusammenarbeiten, um gemeinsam diese Grenze zu überschreiten. Auf dieser Grundlage habe Negroponte Anfang des Jahres verkündet, im ersten Jahr nach Markteinführung bereits 10 Millionen Geräte absetzen zu können. Ende April sei auf einem OLPC-Analystentreffen dann allerdings nur noch von einer Mindestorder von 250.000 Stück je Staat die Rede gewesen. Zudem sollte die Produktion beim taiwanischen Auftragsfertiger Quanta Computer nach dem Eingang von 3 Millionen Vorbestellungen starten. Im bereits angesprochenen Blog vertritt Kritiker Wayan Vota die Meinung, dass selbst diese Marke nicht erreicht werden konnte, weshalb Quanta nun an der Preisschraube drehe, um das Geschäft rentabel zu halten. Vota hatte Negroponte zuvor bereits aufgefordert, seinen Plan aufzugeben, den XO lediglich an Regierungen zu verkaufen.

Kurz nach seiner Vorstellung hatte Intel-Chef Craig Barrett seinerzeit den zu Ausbildungszwecken in Entwicklungsländern entwickelten OLPC-Laptop als "Gadget" bezeichnet. Der Prozessorhersteller kam mit einem konkurrierenden Gerät namens Classmate PC auf den Markt, das umgerechnet 350 Euro kosten soll. Negroponte warf Intel daraufhin vor, mit seinem Classmate PC der OLPC-Idee zu schaden. Mittlerweile haben sich die Wogen jedoch geglättet, Intel und OLPC erklärten Mitte Juli ihre Zusammenarbeit. (nij)