Kommentar: Ein Internet-Ausschuss für den Bundestag?

Einen netzpolitischen Ausschuss soll es geben – das fordert die Bundestagsenquete "Internet und Digitale Gesellschaft". Das klingt erst einmal gut so. Doch es ist eher ein Symbol für die Lücken in der deutschen Netzpolitik, nicht für ihre Bedeutung.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Falk Lüke

Netzpolitik ist ein Zukunftsthema. Netzpolitik ist wichtig. Netzpolitik ist ein Querschnittsthema. Drei Schlussfolgerungen, die die jeweils 17 Sachverständigen und Bundestagsabgeordneten in der Bundestags-Enquete "Internet und Digitale Gesellschaft" zu einem Schluss bewogen haben: Es benötige einen echten, ständigen Ausschuss für Internetfragen im Deutschen Bundestag. Das klingt erst einmal sinnvoll. Wäre es nicht gut, wenn es einen Ort gäbe, an dem alle Internetpolitik Deutschlands zentral verhandelt würde?

Tatsächlich gibt es bereits heute einen Unterausschuss für Neue Medien, angesiedelt beim Kulturausschuss. Dieser behandelt alle möglichen Internetfragen. Aber er ist klein – und unwichtig. Denn es gibt keinen Gegenpart in der Regierung, sein Gegenpart ist – wie unpassend! – der Beauftragte des Bundes für Kultur und Medien im Range eines Staatsministers im Kanzleramt: Bernd Neumann (CDU). Dessen Internetkompetenz ist Gegenstand offenen Spotts, sein "Reich" überschaubar und seine Reichweite erst recht.

Nun hoffen die Enquete-Mitglieder, dass man nach der nächsten Bundestagswahl – und vorher wird mit Sicherheit auch nichts mehr passieren – ein ständiger Ausschuss installiert würde. Und dass eine entsprechende Position auch in der Bundesregierung definiert würde, besetzt mit einer Person, mit der man sich unterhalten kann. Wenn nicht, droht das Schicksal des Europa-Ausschusses. Der ist zwar ein regulärer Ausschuss. Doch es gibt für ihn keinen regulären Minister, kein Ministerium – mit etwas Glück kommt, wenn eingeladen, dort der eine oder andere Staatssekretär vorbei. Die Zuständigkeit ist unklar.

Oder, um es im Beschlussempfehlungsdeutsch der Enquete-Kommission zu sagen: "Gleichzeitig empfiehlt die Enquete-Kommission der Bundesregierung, dass das Thema Internet und digitale Gesellschaft auch im Bereich der Exekutive einen höheren Stellenwert bekommt und dass die Bundesregierung auch in ihrem Verantwortungsbereich eine entsprechende Spiegelung der Ausschussstruktur vornimmt, die eine bessere Koordinierung im Bereich des Querschnittsthemas der Netzpolitik möglich macht."

Es ist die vorsichtige Forderung nach einer Koordinierungsstelle, nicht nach einem Internetminister. Nicht einmal auf einen Staatsminister hat man sich in Papierform einigen können. Nur ein Koordinator, das würde einen Ausschuss in der Luft hängen lassen. Und er würde das Problem, dass – vergleichbar dem Verbraucherschutz – netzpolitische Fragestellungen in fast jedem Ressort zuhause sind, nur um ein weiteres Gremium ergänzen.

Grundsätzlich aber erscheint die Idee eines Internet-Ausschusses, sofern es auf Regierungsseite ein entsprechendes Gegenstück geben sollte, zumindest unter einem Gesichtspunkt sinnvoll: Dass kurzfristig die Zahl der netzkompetenten Abgeordneten so sprunghaft ansteigt, dass man guten Gewissens sagen könnte, dass in allen zuständigen Ausschüssen ausreichend Sachverstand vorhanden ist, erscheint dann doch etwas zu utopisch. Insofern ist ein Internet-Ausschuss eher ein Symbol für die Lücken in der deutschen Netzpolitik, und nicht für die Bedeutung, die ihr zugemessen wird.

Siehe dazu:

(jk)