Bundesregierung begrüßt EU-Vorschlag zur Fluggastdatensammlung

Das Bundesinnenministerium sieht die Nutzung von Passenger Name Records (PNR) als "wichtiges Instrument zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus", während die Überwachung von Seereisenden weiter umstritten ist.

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Das Bundesinnenministerium sieht die Nutzung von Flugpassagierdaten als "wichtiges Instrument zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und anderer schwerer Straftaten wie der organisierten Kriminalität". Die Bundesregierung begrüße daher, dass die EU-Kommission einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über den Aufbau eines eigenen europäischen Systems zur Auswertung von Passenger Name Records (PNR) auf Bitten des EU-Rates vorgelegt hat. Eine EU-weite Regelung ermögliche, dass die einzelnen mitgliedstaatlichen Behörden sich einander die Fluggastdatensätze im Bedarfsfall zur Verfügung stellen könnten.

Die heftig umstrittene Auswertung der PNR kann nach Einschätzung der Bundesregierung insbesondere durch die Analyse des Reiseverhaltens Verdächtiger auch zur Klärung von Tatvorbereitungen, tatrelevanten Kontakten sowie Netzwerkstrukturen beitragen, schreibt das Bundesinnenministerium in einer Antwort (PDF-Datei) auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag. Dass Fluggesellschaften bereits auf Basis einer bestehenden EU-Richtlinie sowie deren Umsetzung im Rahmen der jüngsten Novelle des Bundespolizeigesetzes verpflichtet sind, den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten grundlegende Passagierdaten wie Namen, Geburtsdatum, Nationalität, Passnummer, Geschlecht sowie biometrische Daten in Form der Advanced Passenger Information (API) zu übermitteln, reicht laut dem Schreiben nicht aus.

PNR, die über die API hinaus auch unter anderem Kreditkarteninformationen, besondere Essenswünsche, Buchungen für Hotels oder Mietwagen sowie E-Mail-Adressen und Telefonnummern enthalten (zu den mit den USA vereinbarten Datenfeldern in den PNR siehe Heikle Hilfestellung zur Weitergabe von Fluggastdaten), sind laut Innenministerium umfassender, unterliegen anderen Speicherfristen und könnten "mit geringeren Belastungen für die Betroffenen und die Fluggesellschaften zu weiteren Flugstrecken erhoben werden". Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass die begehrten persönlichen Daten 13 Jahre lang aufbewahrt werden.

Die scharfe Kritik der EU-Datenschützer der Mitgliedsstaaten und des EU-Datenschutzbeauftragten hat die Bundesregierung "zur Kenntnis genommen", heißt es weiter. Sie bleibe aber bei ihrer Auffassung. Fachausschüsse des Bundesrats hatten dem Plan zuvor gravierende Bedenken entgegengehalten.

Weiter fortgeschritten ist derweil der Plan der Bundesregierung, auch Seereisen stärker zu kontrollieren. Ende Januar stimmte der Bundestag mit der Mehrheit der großen Koalition dem entsprechenden Entwurf zur Änderung des Seerechts zu. Teil des Vorhabens ist die Einfügung einer Klausel in das Seeaufgabengesetz, wonach die zuständigen Behörden neben Identifikationsmerkmalen von Schiffen oder deren Eigentümern unter anderem zahlreiche persönliche Daten der an Bord befindlichen Reisenden erfassen sollen. Dazu kommen sollen Informationen etwa über den letzten Auslauf und den nächsten Anlaufhafen sowie weitere statistische Daten der Reise.

"Mit diesem Gesetz geht wieder ein Stück Freiheit verloren", monieren Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Die Liberalen haben den Entwurf als einzige im Parlament abgelehnt. Die USA würden bereits Angaben aller Flugpassagiere speichern, in der EU werde Ähnliches diskutiert und bei den Autofahrern scanne die Polizei die Nummernschilder, moniert der FDP-Verkehrspolitiker Patrick Döring. Wenn das so weitergehe, könnten die Behörden bald lückenlos verfolgen, wo sich jemand befindet und von welchem Ort er dort wie hingekommen ist. Durch "Täuschung und billige Tricks" habe die Regierung auch eine öffentliche Debatte des Entwurfs im Parlament verhindert.

Die Innenexpertin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, empört vor allem, dass es "die Regierung nicht einmal für notwendig erachtet, im Gesetz die Speicherdauer und die Art der Datenerhebung zu regeln". Das Vorgehen von Schwarz-Rot widerspreche eklatant dem Wesentlichkeitsgrundsatz, nach dem Eingriffe in die Grundrechte eines Parlamentsgesetzes bedürfen. Generell bezeichnete die Liberale den Entwurf, dem der Bundesrat voraussichtlich Mitte Februar zustimmen wird, als "weiteren Mosaikstein im Bild, das der Bundesregierung vorschwebt: Stück für Stück werden anlass- und verdachtsunabhängig die Daten der Menschen eingesammelt".

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)