Britische Schulbehörde rät von Migration auf Microsofts Vista ab

Nach Ansicht der British Educational Communications and Technology Agency bringen die Kosten für einen Umstieg auf Microsofts neues Betriebssystem oder Office-Paket keinen adäquaten Mehrwert. Die Schulen sollten stärker auf Open Source setzen.

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Die British Educational Communications and Technology Agency hat Schulen von einer überstürzten Migration auf Microsofts Vista oder das Bürosoftware-Paket Office 2007 abgeraten. In einem jetzt veröffentlichten Report (PDF-Datei) der nationalen Schulbehörde heißt es, dass die neuen Funktionen im aktuellen PC-Betriebssystem der Redmonder im Vergleich zu den Kosten einer Umrüstung keine "bedeutenden Vorteile" mit sich brächten. Generell könnten nur 22 Prozent der vorhandenen Schulrechner Vista effizient nutzen. Auf 66 Prozent der Hardware würde das System eingeschränkt laufen. Noch nicht berücksichtigt sei dabei eine Unterstützung der Aero-Grafikoberfläche in Vista. Diese hält die Schulbehörde generell nicht für nötig, da sie keine relevanten Vorteile für Bildungsstätten hätte.

Für eine komplette Vista-Migration müssten die Bildungseinrichtungen in England und Wales laut der Studie rund 350 Millionen US-Dollar ausgeben. Davon würde ein Drittel an Lizenzkosten nach Redmond gehen. Vista sei nur empfehlenswert, wenn in einer Schule die Erneuerung der gesamten IT-Landschaft auf dem Plan stünden, konstatiert die Becta daher. Gemischte Umgebungen mit XP oder älteren Windows-Systemen seien zu vermeiden.

Der 40-seitige Bericht kommt weiter zu dem Schluss, dass eine Umrüstung auf Office 2007 gravierende Interoperabilitätsprobleme mit sich bringen dürfte. Grund sei die Schaffung des Microsoft-Dokumentenformats Open Office XML (OOXML), das mit anderen Applikationen kaum kompatibel sei. Der ISO-Standard ODF (Open Document Format) werde dagegen nicht ernsthaft unterstützt, obwohl er von Produkten der Konkurrenz verstärkt eingesetzt werde. Eine effiziente Interoperabilität von Dokumenten reduziere aber Kosten, verbessere die Produktivität und verhindere die Fesselung der Nutzer an ein Produkt, hält die Becta dem entgegen. Der Versuch einer eigenwilligen Standardisierung könne dagegen den Wettbewerb und die Auswahl behindern sowie letztlich die Kosten nach oben treiben. Die Behörde spricht sich daher auch gegen die Bemühungen Microsofts aus, OOXML als zweiten internationalen Dokumentenstandard bei der ISO durchzubringen. Dies würde nur Verwirrung stiften und die Komplexität erhöhen.

Gleichzeitig empfiehlt die Becta, dass Schulen stärker auf Open-Source-Alternativen setzen sollten. Zulieferer müssten angehalten werden, dass die angebotene Bürosoftware ODF-Dateien problemlos öffnen und speichern könne. Sollte eine Konvertierung nötig sein, dürfe diese nicht beschwerlich sein. Die Schulbehörde legt den IT-Verantwortlichen in den Ausbildungseinrichtungen daher unter anderem StarOffice oder OpenOffice ans Herz. Microsoft selbst sollte rasch eine effiziente Unterstützung für ODF bieten, da es sonst zu einer "digitalen Spaltung" bei den Dokumentenformaten käme. Zugleich bedauert die Organisation, dass die Redmonder ihrer Bitte nicht nachgekommen seien, einen ernsthaften Grund für den Wechsel auf Office 2007 zu nennen.

Die Schulbehörde liegt mit Microsoft seit längerem im Clinch. Die jetzt veröffentlichte Einschätzung der neuen Software-Schlachtschiffe Microsofts zeichnete sich so bereits in einem Zwischenreport vor einem Jahr ab. Im Herbst legte die Becta zudem eine offizielle Beschwerde beim britischen Office of Fair Trading (OFT) wegen angeblich wettbewerbswidriger Lizenzierungspraktiken der Redmonder ein. Die Handelsaufsicht soll vor allem die restriktiven Abonnementmodelle Microsofts für Schulen überprüfen. Generell haben Marktbeobachter immer wieder bemerkt, dass die neuen Microsoft-Produkte mit Zurückhaltung aufgenommen werden. Die Redmonder sehen dagegen keine Absatzprobleme. (Stefan Krempl) (cm)